Man ist nie fertig: Bei Familie Ernst klingt das nicht nach Binsenweisheit, vielmehr nach Lebensaufgabe – mindestens für eine Generation. Vor zwölf Jahren bezog die Familie aus Kirchhellen mit dem historischen Herrensitz Haus Brabeck das wohl älteste noch erhaltene und bewohnte Haus im Stadtgebiet. An dessen Instandsetzung und Renovierung hatte die Familie bereits seit dem Erwerb 1996 gearbeitet.
Da stand Brabeck bereits fünf Jahre auf der Denkmalliste. Für viele Besitzer ein rotes Tuch, denn der Status bedeutet immer auch einen Eingriff in die Freiheit des Umgangs mit dem Eigentum. Für Tanja und Harald Ernst kein Problem: „Denkmalschützer und Stadt waren eher hilfreich, ein gegenseitiges Geben und Nehmen und so kommt von uns jedenfalls ein dickes Lob.“
Und sicherlich waren Stadt wie Denkmalschützer auch froh, den historischen Komplex, der über Jahrzehnte von einem umgesiedelten Bauern bewohnt worden war und später leer stand, in Händen engagierter Privatleute zu sehen.
Gute Grundsubstanz
Der größte Brocken bei der Instandsetzung seien sicherlich die riesigen Dächer gewesen, sagt Harald Ernst. Und natürlich der Rückbau der Bausünden vergangener Jahrzehnte. Abgehängte Decken, Zwischenwände, unsägliche Böden. „Wir stellten eher den ursprünglichen Zustand wieder her, wollen die alte Raumstruktur belassen.“ Aber die Grundsubstanz sei gut, keine unüberwindlichen Probleme beim Mauerwerk oder mit der Feuchtigkeit, trotz der Gräfte, die Haus Brabeck teilweise umgibt.
Allerdings: Das Anwesen, vor allem der bedeutsame Turm, senkt sich seit einiger Zeit nach einer Seite ab. Bergschäden? Die Untersuchungen laufen. Dem Turm jedenfalls - der momentan durch eine Art Holzkorsett vor möglichem Einsturz bewahrt wird - gilt derzeit das besondere Interesse der Denkmalschützer. Michael Huyer vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Münster: „Bei der Sicherung und den ersten Untersuchungen haben wir festgestellt, dass der Turm von Brabeck auf Grund seiner Erhaltung und des Zustandes über die engere Region hinaus von großer Bedeutung ist.“ Es gebe nur noch wenige Türme dieser Art und aus der Zeit - die man inzwischen auf das späte 16. und frühe 17. Jahrhundert eingrenzte - in diesem guten Überlieferungszustand, so der Leiter der Abteilung Inventarisierung und Bauforschung beim LWL.
Wegen der vorhandenen Kamine könnte es sich um einen Wohnturm gehandelt haben, anderes weise jedoch auf die Funktion eines Speicherturms hin. Zurzeit wird das Mauerwerk im Detail untersucht. Welche Steinformate, welche Mörtel, Holzarten und -konstruktionen wurden verwendet?
Noch ist der Weg das Ziel. Mit anderen Worten: Die Forschung läuft auf Hochtouren, aber es gibt noch kein endgültiges Ergebnis. Fazit: Es bleibt spannend auf Brabeck, das regionalgeschichtlich bedeutender zu sein scheint, als bislang vermutet. Und das Fernziel für Familie Ernst? „Den Turm eines Tages zu nutzen, vielleicht als Wohnturm, wie einst.“
Erwähnt wurde Brabeck zuerst um 900 und später als Lehen der Abtei Werden (auf heutigem Essener Stadtgebiet). Ältester noch vorhandener Teil ist der alte Wohn- oder Speicherturm, der nach neueren Forschungen um 1600 entstand. 1617 wurde das Ökonomiegebäude (mit dem Brabeck-Wappen) errichtet.
Das Haupthaus entstand um 1700, birgt aber noch ältere Teile. Mit Scheunen und Stallungen wichtiges Beispiel eines Gräftehofes der Renaissance, so die Begründung beim Eintrag in die Denkmalliste der Stadt 1991.