Bottrop. Verdi-Chef Frank Werneke beriet in Bottrops Lohnhalle mit Personalräten über die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst. Was die Gewerkschaft fordert.
Bundesvorsitzender Frank Werneke hat Verdi-Personalräte aus dem mittleren Ruhrgebiet auf harte Tarifauseinandersetzungen im Öffentlichen Dienst eingestimmt. „Das wird knüppelhart“, sagte Werneke in der historischen Lohnhalle der früheren Bottroper Zeche Arenberg-Fortsetzung vor etwa 100 Personalvertreterinnen und Personalvertretern. Die sogenannte Tarifrunde der Länder beginnt am kommenden Freitag. Dabei geht es zum Beispiel auch um die Bezahlung der Feuerwehrleute und anderer Beamte der Stadt oder auch Lehrer und Finanzbeamte.
Ziel der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft sei es, Reallohneinbußen für die Beschäftigten auf jeden Fall zu verhindern. Der Verdi-Vorsitzende rechnet in diesem Jahr mit einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate von drei Prozent, zurzeit ist sie mit mehr als vier Prozent noch etwas höher.
„Wenn ich zur Zapfsäule fahre oder zum Einkaufen gehe, bekomme ich das zu spüren, egal ob ich 2500 Euro oder 4500 Euro verdiene“, sagte Werneke. Fünf Prozent mehr Gehalt fordert Verdi daher. Der Einkommenszuwachs müsse für alle Einkommensgruppen aber mindestens 150 Euro monatlich ausmachen, für Beschäftigte im Gesundheitswesen doppelt so viel.
Verdi will bei Gehältern möglichst viel herausholen
Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst hätten mit dazu beigetragen, dass die Bevölkerung in Deutschland die Corona-Pandemie bisher gut durchgestanden habe. „Dafür hat es viel Respekt, Anerkennung und Applaus gegeben, aber Applaus allein reicht nicht“, sagte Werneke. Auch Lutz Küster, der Personalratsvorsitzende der Bottroper Stadtverwaltung, wies mit Blick auf den Fachkräftemangel darauf hin, dass der Öffentliche Dienst ein attraktiver Arbeitgeber bleiben müsse und in Konkurrenz zur freien Wirtschaft stehe: „Hier müssen die Arbeitgeber der öffentlichen Hand mehr tun, um qualifizierte Beschäftigte langfristig an sich zu binden.“
Wie die Gewerkschaftler hob auch Bottrops Bürgermeister Klaus Strehl zu Beginn der Personalräte-Versammlung hervor, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auf einen starken Öffentlichen Dienst verlassen könnten. Die sei enorm wichtig. Zeiten des Wandels und des Aufbruchs seien nicht alleine durch Regularien und Gesetze, sondern nur gemeinsam zu stemmen, sagte Strehl.
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Dafür sei ein stabiler und durch Mitbestimmung geprägter Öffentlicher Dienst ein Garant. Der Bürgermeister hofft daher, dass die kommende Tarifrunde einen zufriedenstellenden Verlauf nimmt und schnell zu einem Abschluss führen wird. Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi ist das nur mit einem kräftigen Plus bei den Gehältern möglich. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, möglichst viel herauszuholen“, sagte Vorsitzender Frank Werneke auch schon mit Blick auf die Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst, in der es zum Beispiel um die Bezahlung von Erzieherinnen in Kindergärten oder von Sozialarbeitern geht.
Streikende Primark-Beschäftigte kommen in die Lohnhalle
Der Gewerkschaftschef sieht es als Vorteil an, dass für diese Ende Januar 2022 beginnende Tarifrunde keine Friedenspflicht mehr gilt. „Wir wollen das nutzen und Stärke zeigen“, sagte Werneke, wenn nötig also auch mit Streiks. Er warb darum, dass mehr Erzieherinnen oder Sozialarbeiter in die Gewerkschaft eintreten. „Wir wollen eine bessere Bezahlung und mehr Fachkräfte“, unterstrich Werneke.
Bürgermeister dankt Personalräten
Die Lohnhalle im Blankenfeld sei der passende Ort für die Verdi-Veranstaltung, findet Bürgermeister Klaus Strehl. „Hier in diesem Gebäude haben die Bergarbeiter ihren hart erarbeiteten Lohn für ehrliche Arbeit entgegengenommen“, sagte der Bürgermeister. Bottrop habe seinen Aufschwung vor allem den Bergleuten zu verdanken.Während dieser Zeit kämpften viele Menschen und Familien aber auch mit großen Herausforderungen. „Dies war damals genauso wie heute, wo wir uns in einer Zeit des wirtschaftlichen Wandels befinden“, sagte Strehl. Er dankte den Verdi-Personalräten für deren Engagement, weil sie so die Mitbestimmung in Behörden und Verwaltungen stärkten.
Kaum hatte der Verdi-Vorsitzende das ausgesprochen, kamen streikende Beschäftigte des Textil-Discounters Primark in die Lohnhalle und unterstrichen unter dem Applaus der Personalräte ihre Forderung nach Lohnerhöhungen und einem Mindestlohn von 12,50 Euro. Der Verdi-Chef teilte ihnen mit, dass es in Hessen für den Einzelhandel einen Pilotabschluss gebe. Er sei zuversichtlich, dass dieser auch in den anderen Ländern umgesetzt wird. Der Pilotabschluss sieht ein Lohnplus von drei Prozent und weiteren 1,7 Prozent im Jahr darauf vor.