Bottrop. Die Stadt Bottrop hat 5,5 Millionen Euro zu viel an Abwassergebühren kassiert. Mit der Bearbeitung der Rückerstattungen lässt sie sich aber Zeit.
Im Streit um falsch berechnete Abwassergebühren fordern die Ratsparteien von der Verwaltung, die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler sowie den Stadtrat so schnell es geht über mögliche Erstattungsansprüche zu informieren. Wichtig ist ihnen vor allem, dass alle gleich behandelt werden. Die Verärgerung in der Stadtgesellschaft sei sehr groß, stellten ihre Sprecherinnen und Sprecher fest.
„Bei den Bürgerinnen und Bürgern kommt an, dass zu viel gezahlt worden ist“, sagte Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda. Die Verwaltung hält trotz der Mahnungen zur Eile vorerst aber daran fest, die Ratsparteien erst in der ersten Sitzung des Finanzausschusses nach der Sommerpause zu informieren – das wäre nach jetzigem Stand Mitte September.
Für die Stadt geht es in dem Streit um Millionensummen. Ihre Fachleute rechnen allein für dieses Jahr mit einem Gebührenaufkommen von 16,4 Millionen Euro für die Schmutzwasserbeseitigung und 9,5 Millionen Euro für Niederschlagswasser. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster gehen der Stadt nach Berechnungen ihres Finanzressorts davon nun jedes Jahr etwa 5,5 Millionen Euro verloren.
Ebenso wie die finanziellen Folgen für die Stadt, kümmern eine ganzen Reihe von Ratsvertreterinnen und Ratsvertretern aber mehr noch die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger. „Fest steht ja, dass die Stadt ihre alten Gebührenbescheide aufgrund des Urteils, das jetzt fiel, nachträglich als falsch bezeichnet“, sagte CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder.
Bottroper Ratsparteien fordern Gleichbehandlung aller ein
Die Bürgerinnen und Bürger fragten sich jetzt, was das für ihre Gebührenscheide bedeutet und ob sie in allen Fällen Rechtsmittel einlegen müssen. „Was ist mit den rechtskräftigen Bescheiden? Es gibt ja die Möglichkeit der Stadt, fehlerhafte Bescheide aufzuheben“, sagte der Jurist. Der Ratsherr forderte von der Stadt Gleichbehandlung aller Betroffenen bei ihrem Vorgehen ein.
„Es würde zu noch größerem Unmut kommen, wenn es dabei zweierlei Klassifizierungen gäbe“, warnte der Bottroper. Auch die Städte müssten einheitlich handeln. Es dürfe nicht sein, dass Anwohnerinnen und Anwohnern der einen Stadt Geld zurückerstattet werde und einer anderen nicht. „Da ist eine ganze Menge an Sprengstoff drin“, sagte Hirschfelder.
Ratsvertreterinnen und Ratsvertreter berichteten im Finanzausschuss darüber, dass sie von vielen aufgebrachten und Rat suchenden Bürgerinnen und Bürgern angerufen worden seien. „Den Bürgerinnen und Bürgern sind Millionen aus der Tasche gezogen worden“, kritisierte DKP-Ratsfrau Irmgard Bobrzik. Sie erinnerte daran, dass ihre Partei immer wieder die aus ihrer Sicht zu hohen kalkulatorischen Zinsen angeprangert habe. Von der Verwaltung sei dies aber einfach abgetan worden. „Das ist eine Differenz, die enorm ist“, bedauerte sie, nachdem Kämmerer Jochen Brunnhofer auf die deutlich niedrigeren Zinsen hinwies, die das Oberverwaltungsgericht inzwischen bei der Kalkulation der Abwassergebühren zulässt.
Die Bottroper Bürger wollen wissen, was sie zu viel gezahlt haben
Statt 5,74 Prozent Zinsen für Fremd- und Eigenkapital, die die Stadt in diesem Jahr bei der Finanzierung des Abwassersystems anrechnete, darf es jetzt nur noch ein Zinssatz von 0,75 Prozent sein. Denn Maßstab seien nicht die durchschnittlichen Zinssätze der letzten 50 Jahre, sondern nur noch der vergangenen zehn Jahre, legte das Gericht fest. Da half es auch wenig, dass der Stadtkämmerer mit Blick auf die älteren Gebührenbescheide darauf hinwies, dass die Gerichte die alte Praxis mindestens die letzten 40 Jahre nicht beanstandet hatten. Brunnhofer betonte im Finanzausschuss aber: „Es ist wichtig, dass wir schnellstmöglich eine Rechtssicherheit für die künftigen Gebührenkalkulationen bekommen“.
CDU-Fraktionsvize Volker Jungmann macht klar, dass das Urteil nicht nur Folgen auf die künftigen Schmutzwassergebühren haben wird. Die Grundsystematik sei ja bei anderen Gebührenarten ähnlich. Der Ratsherr hält es daher für dringend, dass die Verwaltung möglichst zeitnah auf die sich abzeichnende Herausforderung reagiert. Die Bürgerinnen und Bürger wollten vor allem wissen, um wie viel die gezahlten Beträge für sie im einzelnen zu hoch waren und sind, mahnte auch Andrea Swoboda. Die Grüne drängt die Stadt zur Eile: „Der Unmut ist sehr groß und er wird umso größer, je länger die Stadt wartet“. Am Dienstag sind die zu hohen Gebühren für Schmutzwasser und Niederschlagswasser erneut Thema: diesmal im Stadtrat.