Bottrop. Viele Jahre hat der Londoner Kunstkritiker Charles Darwent über Josef Albers geforscht. Die detailreiche Biografie wurde nun übersetzt.

Der englische Kunsthistoriker und Verfasser der Albers-Biografie,Charles Darwent, bei seinen Recherchen in Bottroper Stadtarchiv.
Der englische Kunsthistoriker und Verfasser der Albers-Biografie,Charles Darwent, bei seinen Recherchen in Bottroper Stadtarchiv. © Unbekannt | Winfried Labus / FUNKE Foto Services

Ein Londoner in Bottrop. Vor über fünf Jahren hat der Kunstkritiker Charles Darwent die Spurensuche nach Josef Albers auch in dessen Geburtsort aufgenommen. Das Josef-Albers-Museum, die Michaelskirche mit dem Albers-Fenster der „Rosa mysrica“ und immer wieder das Stadtarchiv waren Orte, an denen der Engländer mehr Material und Informationen vor allem über die Anfänge des berühmten Malers, Pädagogen und Kunsttheoretikers suchte.

Seither hat es nicht nur die beiden großen und viel beachteten Ausstellungen zu Josef Albers gegeben. Einmal die umfangreiche Schau der Kulturstiftung Ruhr in der Essener Villa Hügel. Dann kam die große Bottroper Schau im Quadrat, die vor allem Albers’ Frühwerk in den Blick rückte. Mit Darwents Biografie „Josef Albers - Life and Work“, die im September nun in deutscher Übersetzung - und einem Nachwort des Bottroper Museumsdirektors Heinz Liesbrock - erscheint, können die letzten Jahre durchaus als Meilensteine in der Albers-Forschung aber auch in der allgemeinen Würdigung des Künstlers gelten.

Ohne das Frühwerk lässt sich Albers nicht verstehen

Josef Albers im Jahr 1928.
Josef Albers im Jahr 1928. © Unbekannt | Josef-and-Anni-Albers-Foundation

Das Werk von Josef Albers ist viel umfassender, als die Quadrate vermuten lassen. So formuliert Charles Darwent einmal einen Ansatz zu seiner Biografie über Bottrops bedeutendsten Künstler. „Man kann Albers nicht verstehen, ohne auch sein Frühwerk zu kennen, seine Zeichnungen aus dem Westfälischen, Ansichten seiner Heimatstadt bis hin zur naturalistischen Wiedergabe eines Kaninchens“, sagt der Kunsthistoriker. Darwent findet in Bottrop Bilder, Einträge aus Albers’ Zeit als Lehrer in seiner Heimatstadt, über dessen Familie. „Neben der Albers-Foundation in Connecticut sind in Bottrop natürlich die meisten Unterlagen zu finden, ganz abgesehen davon, dass das Museum die größte Albers-Sammlung nach der Foundation in den USA beherbergt“, so Darwent während einer seiner Forschungsaufenthalte.

Überhaupt legt die Biografie mit dem auf deutsch ebenso schlichten wie prägnanten Titel „Leben und Werk“ einen Schwerpunkt auf die Bottroper und westfälischen Wurzeln des Künstlers und seiner Familie. Das Bodenständige der Provinz, der Katholizismus, der Albers bis zu seinem Tod prägte, oder die Spannung zwischen noch ländlich-handwerklich geprägter Umgebung und dem unaufhaltsamen Vordringen der Schwerindustrie prägen den jungen Josef Albers für die kommenden Jahrzehnte, davon zeigt sich auch Darwent in seiner Arbeit überzeugt.

Viele Fotos aus der frühen Bottroper Zeit

Anschaulich schildert Darwent die ersten Kontakte zur damals modernen Kunst, die ersten eigenen Versuche des Lehrers, der an der Volksschule begann und sich später am Bauhaus oder in Yale, seiner amerikanischen Wahlheimat, immer noch als Lehrer sah. Vermitteln, eine Kunst des Sehens zu erreichen, die auch bei seiner eigenen Kunst immer wesensimmanent scheint: Dies sind Aspekte, die auch in Charles Darwents Arbeit immer wieder aufscheinen.

Der Bildteil des Buches stellt die Stationen von Albers’ Leben und Werk umfangreich vor. Familienfotos, das Elternhaus an der Horster Straße, das Bauhaus in Weimar und Dessau, die Kollegen, seine Frau Anni und immer wieder die Werke des Josef Albers. Von den frühen Zeichnungen und Glasarbeiten, Studien und immer wieder die Hommages to the Square, die berühmten Quadrate. Aber Darwent lässt den Leser auch in das künstlerische Umfeld blicken, das Josef Albers in seiner Zeit erlebte. Wegweisende Sammler und Sammlungen, epochemachende Ausstellungen, die Albers besuchte, aber auch Zitate oder überlieferte Wortwechsel machen die Biografie zu einem lesenswerten Panorama von Künstler und Kunst.

Der Autor und das Buch

Charles Darwent: „Josef Albers - Leben und Werk“, aus dem Englischen übersetzt von Britta Schröder, 600 Seiten, ca. 190 meist farbige Abbildungen, Klappenbroschur. Erscheint im September im Piet Meyer Verlag. 35 Euro. ISBN: 978-3-905799-60-6
Das englische Original: Josef Albers - Life and Work“, Verlag Thames & Hudson, London, ca. 30 Euro. ISBN: 978 0 500 519103.