Bottrop. Ulrike Growe zeigt im „Quadrat“ auch das künstlerische Umfeld, das Josef Albers zu Beginn seiner Karriere prägte. Besuch am besten mit Führung.

Ein Lehrer und seine Lehrer - diese Beziehung zieht sich wie ein roter Faden durch die aktuelle Sonderausstellung „Der junge Josef Albers - Aufbruch in die Moderne“, die noch bis zum 12. Januar im Museum Quadrat zu sehen ist. In ihrer Präsentation lenkt Kuratorin Ulrike Growe den Blick der Besucher - natürlich - auf drei wichtige Lehrer von Josef Albers, der sich selbst sein Leben lang als Lehrer sah. Wer aufmerksam durch die vor allem auch in vielen Details spannende Schau geht, entdeckt aber immer wieder auch Verweise auf das frühe kulturelle Umfeld, das Bottrops wohl berühmtesten und weltweit bekannten Künstler vor dessen Zeit am Bauhaus und der Emigration in die USA beeinflusste.

Bühnenbildzeichnung des Balletts „Die grüne Flöte“, das Albers 1916 im Theater Duisburg sah.
Bühnenbildzeichnung des Balletts „Die grüne Flöte“, das Albers 1916 im Theater Duisburg sah. © Repro: Lutz von Staegmann

„Es war eben von Anfang an nicht nur das Handwerk, das, wie so oft erzählt, Albers’ Weg zum Bauhaus prägte, sondern die Auseinandersetzung mit Kunst insgesamt“, sagt Ulrike Growe. Sie sei selbst bei den Vorarbeiten zur Ausstellung auf viele Details im Briefverkehr, aber auch auf Arbeiten gestoßen, die diese These bereits für Albers’ frühe Zeit als Volksschullehrer belegen.

Albers sog alle Einflüsse seiner Zeit auf

So verwundert es dann nicht mehr, ein kleines, gotisch anmutendes Glasfenster mit einem Madonnenbild des Künstlers Melchior Lechter zu sehen. „Der war seit 1907 maßgeblich an der Innenausstattung des neuen Westfälischen Landesmuseums in Münster beteiligt, ein Haus, das Albers bei seinen Besuchen in Münster nie ausließ“, so Ulrike Growe. Das Haus wurde zerstört. Aber viele Arbeiten sind vor allem in Lechters Heimatstadt erhalten.

Zwei Tänzer: Studie zu „Die grüne Flöte“, die der begeisterte Theatergänger Josef Albers unter dem Eindruck einer Ballettaufführung schuf.
Zwei Tänzer: Studie zu „Die grüne Flöte“, die der begeisterte Theatergänger Josef Albers unter dem Eindruck einer Ballettaufführung schuf. © Repro: Lutz von Staegmann

Dass Albers ein begeisterter Theatergänger war, zeigen zum Beispiel seine Zeichnungen, die er unter dem Eindruck eines Besuches der Ballettpantomime „Die grüne Flöte“ 1916 im Duisburger Theater fertigte, das damals zu den neuesten und technisch modernsten Häusern gehörte. Zeitgenössischen Bühnenbildzeichnungen von Ernst Stern stehen fast abstrakte Tänzerstudien von Albers gegenüber.

Wenige Jahre früher entstanden zahlreiche Zeichnungen mit Motiven aus Bottrop, zum Beispiel der Kommende Welheim oder Burg Vondern, und dem Münsterland, viele davon für den Westfälischen Volkskalender „De Kiepenkerl“. Neben teils ungewöhnlichen Bildausschnitten und einem fast schon virtuosen Einsatz verschiedener Techniken zeigt Albers, dass er sein Zeichenhandwerk perfekt gelernt hatte.

„Als Lehrer gehörte er damals zu einer Schicht, die die Dörfer und Städtchen prägte“, sagt Ulrike Growe. Es ging immer auch um den Anspruch, neben der Heimat auch Kunst und Geschichte zu zeigen und selbst in dieser frühen Phase schon den Blick des Betrachters zu schärfen. Ein Ansatz, der das ganze spätere Wirken von Albers als Lehrer und Künstler durchzieht.

Wichtige Lehrer - und dennoch beschritt Albers künstlerisch gänzlich andere Wege

In Berlin war Philipp Franck sein wichtiger Lehrer an der Akademie. Es sei nicht so sehr das Werk dieses Spätimpressionisten gewesen, das Josef Albers beeinflusste, sondern vor allem das für damals hochmoderne pädagogische Konzept, das die Studenten aus dem erstarrten und sicher auch verstaubten Akademie-Trott herausführte. „Franck dachte vom Material her und propagierte das Malen wieder nach dem lebenden Objekt“, so Ulrike Growe.

Als „Malerfürst“ mit Pinsel und Palette, wie Franck sich in seinem großen Selbstporträt darstellt, hätte sich Albers nie gesehen, so die Kuratorin. Dies sei aber für sie ein Grund gewesen, das Porträt neben einer Villenansicht oder dem großen Wannsee-Bild zu zeigen, die im Grunde noch impressionistisch seien, aber die großen Franzosen nicht erreiche.

Das einzige Selbstporträt (1916), das Josef Albers leicht lächelnd zeigt.
Das einzige Selbstporträt (1916), das Josef Albers leicht lächelnd zeigt. © Repro: Lutz von Staegmaann

Bei Jan Thorn-Prikker, den Albers als Lehrer an der Essener Kunstgewerbeschule erlebte, faszinierte ihn dessen Gestaltungsansatz von der angewandten Kunst her. Prikker steht u.a. für die damals hochaktuelle Glaskunst, die Zusammenarbeit mit der Berliner Glaswerkstatt Heinersdorff, was schließlich auch in Albers bekannte Bottroper Arbeit „Rosa mystica“ mündet.

Blick auf die Zeit, in der die Moderne entstand

Wen die Entwicklung und die künstlerisch-kulturellen Wurzeln von Josef Albers interessieren, sollte sich weder die Ausstellung noch eine der Kuratorinnenführungen entgehen lassen. Die Besucher erwartet ein spannender Blick auf die Zeit, in der die Moderne entstand.

Führungen und Katalog

Am Donnerstag, 19. Dezember, gibt es um 12.30 Uhr eine Kurzführung mit Kuratorin Dr. Ulrike Growe durch die Ausstellung „Der junge Josef Albers. Aufbruch in die Moderne“ im Museum Quadrat, Im Stadtgarten 20. Gast der Führung ist Galerist Wolfgang Immenhausen, Leihgeber vieler Philipp Franck Werke der Galerie Mutter Fourage und Verwalter des Künstlerarchivs.

Die Ausstellung endet am Sonntag, 12. Januar. Öffnungszeiten: Di - Sa, 11 bis 17 Uhr, So und Feiertage, 10 bis 17 Uhr. Eintritt: 8/6 Euro. Lesenswerter und edel gestalteter Katalog mit zahlreichen Abbildungen (Hirmer): 45 Euro. Im Stadtgarten 20, 46236 Bottrop. Info: www.quadrat-bottrop.de