Bottrop. Die Luftbelastung mit Schadstoffen aus der Kokerei ist zurückgegangen. Im Grünkohl fanden sich aber im Herbst wieder höhere Belastungen.

Die Stadt bleibt wegen der Belastungen im Bottroper Süden durch polizyklische aromatische Kohlenstoffe (PAK) bei ihren Verzehrwarnungen für Gemüse aus dem eigenen Garten. In Welheim und in der Boy sollten Blattgemüse besser gar nicht gegessen werden, in Batenbrock und der Welheimer Mark nicht öfter als zwei- bis dreimal pro Woche.

Die Stadt reagiert damit auf die Messwerte an Grünkohl, der von August bis November in Containern rund um die Kokerei angepflanzt war. Nachdem die Luftbelastung gesunken und die Werte des im Sommer geernteten Grünkohls unbedenklich waren, wurden jetzt wieder Belastungen über dem Orientierungswert gemessen.

Sommer-Grünkohl war in Ordnung

Nach zwei guten Nachrichten übergeringere Schadstoffbelastungen im Umfeld der Kokereihatte Dezernent Klaus Müller Licht am Ende des Tunnels gesehen: „Wir hatten gehofft, dass sich die geringere Luftbelastung auch auf die Grünkohlbelastung auswirken würde.“ Dann hätte die Stadt womöglich ihre Verzehrwarnungen zurücknehmen können.

Danach hatte es lange ausgesehen. Im Dezember 2019 hatte die Bezirksregierung Münster die Kokerei per Ordnungsverfügung gezwungen, wegen Benzo(a)pyren (BaP)-Werten über dem Zielwert eine Reihe von Nachbesserungen vorzunehmen, vor allem die alten Koksofentüren auszutauschen. Inzwischen könne die Kokerei die fünf Meter hohen Türen „millimetergenau einsetzen“,, lobt Christel Wies von der Bezirksregierung. Im Ergebnis werde der Zielwert für den Schadstoff wieder eingehalten. Unangemeldete Kontrollen sollen sicherstellen, dass das so bleibt.

Damit habe sich die eigene Prognose der Kokerei bestätigt, durch Nachbesserungen den Zielwert wieder einzuhalten, sagt Müller. Er sei „zuversichtlich, das gute Ergebnis aus 2020 zu verstetigen“. Auch die Messungen am Grünkohl, der von Mai bis August an sechs Standorten im Umfeld dere Kokerei, waren in allen Fällen unter den kritischen Werten, berichtet Müller: „Der Grünkohl hätte bedenkenlos verzehrt werden können.“

Messungen bedeuten einen Rückschlag

Doch die Messungen am Wintergrünkohl bedeuten jetzt einen Rückschlag. Sie ergaben „deutliche Einträge“ von BaP an 9 von 16 Messpunkten und „deutlich erhöhte Einträge“ eines PAK-Mixes sogar an 13 Standorten. Die Orientierungswerte für NRW wurden überschritten..

Woran kann das liegen, dass die Messwerte für Feinstaub besser geworden sind, die Schadstoffbelastung im Grünkohl aber wieder größer geworden ist? Drei Erklärungen kann Dezernentin Katja Hombrecher vom Landesumweltamt Lanuv anbieten. Erstens bekommt der Grünkohl nicht nur den Feinstaub ab, sondern auch gröberen Staub. Zweitens hat von August bis September der Wind fast immer die Kokerei-Schadstoffe in dieselbe Richtung nach Nordosten geblasen. Und drittens sind PAK bei niedrigen Temperaturen stabiler als im Sommer. Schlussfolgerung: „Dementsprechend kann auch bei einer zukünftigen Einhaltung des Zielwertes für BaP in Bottrop nicht davon ausgegangen werden,dass Blattgemüse grundsätzlich bedenkenlos verzehrt werden können.“

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Also werden auch in den nächsten Jahren Grünkohluntersuchungen stattfinden müssen, sagt Müller. Deshalb aktualisiert die Stadt jetzt das Faltblatt mit den Verzehrwarnungen, die erneut an alle Haushalte im Bottroper Süden verteilt werden. Den Bürgern gibt die Stadt zudem Tipps, „welche Pflanzen aus den eigenen (Klein-)Gärten gefahrlos angebaut und verzehrt werden können“.

Arcelor meldet niedrigsten Wert seit 2002

Der Konzern Arcelor-Mittal, Betreiber der Kokerei meldet für Anfang 2021 „historisch die geringste Belastung mit BaP seit 2002 auf, was zeigt, dass die vielen bereits umgesetzten Maßnahmen greifen. ArcelorMittal wird auch in Zukunft weiter in die Instandhaltung und Modernisierung der Anlagen in Bottrop investieren, um die Grenz- und Zielwerte dauerhaft einzuhalten.“

DKP erneuert Kritik an der Kokerei

DKP-Ratsherr Michael Gerber nimmt die Messergebnisse zum Anlass für deutliche Kritik an der Kokerei und der Überwachungsbehörde.

„Der Wert am Kleingartenverein Johannestal weist einen um das 23-fache höheren Wert auf als der Orientierungswert für den maximalen Hintergrundgehalt in NRW für PAK. Es erweist sich als Illusion, dass die Produktion der Kokerei nicht mehr die Gesundheit der Anwohner gefährdet. Die Kokerei muss deutlich die BaP-Belastung weiter senken. Es ist nicht zu akzeptieren, dass 16.000 Anwohner in Bottrop kein selbstangebautes Blattgemüse verzehren dürfen.“