Bottrop. Sparkasse reagiert auf BGH-Urteil und zieht die letzte Preiserhöhung aus 2018 zurück. Viele Banken prüfen Anspruch Rückerstattung individuell.
Die Sparkasse Bottrop zieht eine Gebührenerhöhung aus dem Jahr 2018 zurück. Seit dem 1. Oktober dieses Jahres gelten zunächst wieder die Preise, die vor drei Jahren galten. Damit zieht das Geldinstitut die Konsequenzen aus einem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) im April. Eine für Juli 2021 geplante Erhöhung der Kontoführungsgebühren hatte die Sparkasse aufgrund des Urteils zudem schon auf Eis gelegt.
Die obersten Richter hatten ein Urteil gegen die Postbank gefällt, das alle Banken und Sparkassen nachhaltig beschäftigt und auch auf den Verbraucher große Auswirkungen haben wird. Grob zusammengefasst dürfen Banken demnach ihre Gebühren nicht mehr einfach so erhöhen, ohne dass die Kunden zustimmen.
Bis dahin galt immer die Regel: Wer innerhalb einer Frist nicht widerspricht, der stimmt zu. Das hat der BGH gekippt – und zwar rückwirkend bis 2018. Die Verbraucherzentrale hatte gegen entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geklagt. Vor dem Hintergrund dieses Urteils fiel die Entscheidung der Sparkasse.
Banken wurden vom BGH-Urteil überrascht
Wobei: Aus Sicht der Sparkasse Bottrop seien davon nur Privatkunden betroffen, erläutert Patrick Hötten, Leiter der Vetriebsunterstützung. Das Urteil hat die Sparkasse – wie auch alle anderen Banken – kalt erwischt. Andere Instanzen hätten derartige Klauseln zur „Zustimmungsfiktion“ – so der Fachbegriff – in den AGB durchaus gebilligt, so Pinnow. „Im Moment arbeiten wir mit Hochdruck daran, die gegenwärtige Situation aufzulösen“, so Patrick Hötten.
Das bedeutet aber auch, dass die Kunden in der nächsten Zeit – voraussichtlich Anfang Dezember – neue AGB bekommen, denen sie dann zustimmen müssen. Dazu gehöre dann auch die aktuelle Preistabelle, so Sparkassensprecher Frank Pinnow. Dann würden – Zustimmung vorausgesetzt – die eigentlich für diesen Sommer geplanten Gebühren in Kraft treten. Das seien über 100 Seiten, die jedem Kunden zugänglich gemacht werden müssten. Diejenigen, die Online-Banking nutzen, werde man sicher auf diesem Weg erreichen und die könnten dann auch dort zustimmen. Aber das seien eben nicht alle.
Auch die Bottroper Volksbank setzt sich mit den Folgen des Urteils auseinander
Doch was passiert denjenigen, die ihre Zustimmung verweigern? Eine Frage, die die Sparkasse derzeit noch nicht beantworten kann. Pinnow appelliert an die Fairness der Kunden. Er und Hötten sind überzeugt, dass der große Teil akzeptiere und verstehe, dass die Preise nicht auf ewig feststehen können. Schließlich würden die Kosten bei Banken und Sparkasse auch nicht eingefroren. Hier hofft die Sparkasse auch auf Unterstützung ihres Verbandes, schließlich ist nicht nur das Bottroper Institut mit dieser Frage konfrontiert.
Auch das zweite große Bottroper Geldhaus, die Vereinte Volksbank, arbeitet derzeit auf, wie sie damit umgeht. Auch die Genossenschaftsbank werde künftige „Konditionsanpassungen“ mit den Mitgliedern und Kunden individuell vereinbaren, sagt Sprecher Ralf Bröker. Das bedeute aber für die Banken einen erheblichen Mehraufwand, „ohne das unsere Mitglieder und Kunden einen Mehrnutzen haben“, so Brökers Einschätzung.
Bottroper Banken lehnen pauschale Gebührenerstattungen ab
Zwar hat die Volksbank im Zeitraum seit 2018 ebenfalls ihre Gebühren erhöht, anders als die Sparkasse zieht sie diese Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht zurück. Doch wie sieht es generell aus mit der Erstattung von möglicherweise seit 2018 zu viel gezahlten Gebühren? Pauschal könne man das nicht sagen, so Bröker, denn: „Jedem Konto liegt eine individuelle Vertragssituation zugrunde. Deswegen wird auch jeder Hinweis auf das BGH-Urteil individuell geprüft.“
Ähnlich äußert sich auch die Sparkasse. Kundinnen oder Kunden, die glauben, dass ihnen aufgrund des BGH-Urteils eine Gebührenerstattung zusteht, könnten sich an die Sparkasse wenden. Dann werde jeder Einzelfall entsprechend geprüft, „da es bei jedem Kunden und jeder Kundin auf die vertragliche Gestaltung und den Zeitpunkt der jeweiligen Produktabschlüsse ankommt“, erläutert Pinnow. Die Sparkasse sei daran interessiert, die Ansprüche so schnell wie möglich zu prüfen, und informiere die Betroffenen dann unverzüglich über das Ergebnis, so das Versprechen.
Sparkasse Oberhausen zahlt eine Million Euro an Gebühren zurück
Tatsächlich gehen die Banken in diesem Punkt höchst unterschiedlich vor. Die Sparkasse Mülheim ist ebenfalls zu ihren alten Preisen zurückgekehrt, und will auch keine pauschale Gebührenerstattung. Zuletzt hatte dagegen die Sparkasse Oberhausen angekündigt, eine Million Euro an zu viel gezahlten Gebühren zurück zu erstatten – ohne dass die Kunden sich melden müssen. In der Nachbarstadt waren die Gebühren allerdings noch zum 1. April April dieses Jahres erhöht worden.
Das Oberhausener Institut hat allerdings auch schon klargestellt: Wer den neuen Bedingungen nicht zustimme, könnte in letzter Konsequenz wohl auch sein Konto verlieren. Ähnliches deutet auch der hiesige Volksbanksprecher an. Auf die Frage, was passiere, wenn man einer Gebührenerhöhung nicht zustimme, antwortet er schriftlich: „Es stand und steht schon immer jedem Kunden frei, eines unserer Produkte zu nutzen. Natürlich bedauern wir es, wenn jemand darauf verzichtet, eines unserer qualitativ hochwertigen Kontomodelle zu wählen, weil er damit auf die Kompetenz und die Erfahrung toller Kolleginnen und Kollegen und den Komfort und die persönliche Nähe einer Bank vor Ort verzichtet.“
Grundsätzlich sind auch alle anderen Geschäftsbanken derzeit mit der Umsetzung dieses Urteils befasst. Auch Deutsche Bank, Commerzbank und Co. suchen Lösungen, wie Kunden künftig zustimmen können und prüfen, inwieweit Gebühren rückerstattet werden müssen. Dabei setzt die Commerzbank auch auf individuelle Prüfungen für den Zeitraum vor dem Urteilsspruch.
Vielleicht auch andere Branchen betroffen
Die Auswirkungen des BGH-Urteils – sie könnten auch andere Branchen als nur die Banken betreffen, davon gehen zumindest die Sprecher der beiden großen Bottroper Geldinstitute aus. Auch andere Dienstleister würden ihre Preise ja anpassen, ohne ausdrücklich um Zustimmung zu bitten.
Tatsächlich sei es durchaus möglich, dass auch andere Branchen ihre Geschäftspraktiken ändern müssten, sagt David Bode, Referent im Team Rechtsdurchsetzung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV). Allerdings sei es auch möglich, dass es in anderen Rechtsbereichen Spezialregelungen gebe. Das werde der VZBV aber in der nächsten Zeit selbstverständlich prüfen.
Aus seiner Sicht bringt das BGH-Urteil Kunden und Banken im Vertragsrecht auf Augenhöhe. Denn wenn Banken ihre Preise erhöhen, greife das grundlegend in die Verträge ein. „Da reicht eine bloße Information nicht aus, da muss der Vertragspartner ausdrücklich zustimmen“, so der Verbraucherschützer. Verträge seien nun einmal bindend, da könne nicht eine Partei die Bedingungen einseitig ändern. Eine Einschätzung, der sich ja auch das Gericht anschloss.