Bochum. Es gibt klare Regeln dafür, ob und wer Kopfhörer im Straßenverkehr nutzen darf. Die Polizei weiß, dass sich Verkehrsteilnehmer häufig nicht daran halten.

Sie gehören schon seit Jahren zum Alltagsbild im Bochumer Straßenverkehr: Fußgänger, Jogger, Radfahrer und Autofahrer sind mit In-Ear-Kopfhörern unterwegs, mit winzigen Lautsprechern im Ohr. Mit oder ohne Kabel sind sie mit dem Handy in der Tasche verbunden. Die Nutzer hören Musik, Podcasts oder telefonieren – und nehmen ihre Umwelt wie zum Beispiel Hupen, Blaulicht, Klingeln, warnende Rufe und bedrohlich laute Motoren nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wahr, so dass Unfälle drohen. „Das ist eine Sache, die nicht unterschätzt werden darf“, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Zusammen mit einem Handy könne man „blind und taub“ werden.

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Die Mini-Kopfhörer sind nur ein Teil aller Ablenkungen, denen sich die Verkehrsteilnehmer im Zuge der mit hohem Tempo voranschreitenden Digitalisierung der Alltagswelt zunehmend aussetzen. Die Polizei prüft bei jedem Verkehrsunfall, ob er wegen einer Ablenkung entstand. Das ist schwer nachzuweisen. Trotzdem ist sich die Polizei sicher, dass in ihrem Bezirk (Bochum, Herne, Witten) allein in den Jahren 2022 bis 2024 gut 100 Verkehrsunfälle auf Ablenkung zurückzuführen sind, wie Polizeisprecher Marco Bischoff mitteilt. Hinzu komme eine unbekannt hohe Dunkelziffer.

Auch Fußgänger, die  Kopfhörer tragen, werden im Straßenverkehr abgelenkt. Für sie gibt es dazu keine Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung.
Auch Fußgänger, die Kopfhörer tragen, werden im Straßenverkehr abgelenkt. Für sie gibt es dazu keine Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung. © Francesco Scatena/Getty Montage: Mazza

Unter Ablenkung zählt die Polizei neben Kopfhörern auch Handys, CD-Player, Navigationssysteme, Assistenzsysteme, Smart-Uhren und andere technische Geräte. Aber auch die Wespe im Auto, schreiende Kinder auf dem Rücksitz oder der bellende Hund im Kofferraum kommen in die Statistik, wenn sie nachweisbar die Ursache für einen Unfall waren.

Allein zum Problem der Ohrstöpsel gibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) folgende Regel vor: Ein Fahrzeugführer muss für freie Sicht und ein unbeeinträchtigtes Gehör Sorge tragen. Das Oberlandesgericht Köln hat laut Polizei entschieden, dass eine überlaute Benutzung von Tonübertragungsgeräten oder Kopfhörern im Auto eine künstliche „Schwerhörigkeit“ erzeugt und dadurch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt.

So klein sind In-Ear-Ohrstöpsel, sie können aber richtig Power haben, so dass die Lautstärke zu einer künstlichen „Schwerhörigkeit“ führt.
So klein sind In-Ear-Ohrstöpsel, sie können aber richtig Power haben, so dass die Lautstärke zu einer künstlichen „Schwerhörigkeit“ führt. © dpa-tmn | Franziska Gabbert

Auch Radfahrer müssen sich daran halten. Laut demselben Urteil verstoßen auch sie gegen die StVO, wenn sie Kopfhörer tragen und die akustische Wahrnehmung durch die Lautstärke des Gerätes nicht nur ganz unwesentlich beeinträchtigt wird. Für Fußgänger indes gibt es keine Vorschriften, was Kopfhörer betrifft, obwohl auch sie den Gefahren ausgesetzt sind, wenn sie kein Hupen, Klingeln und Blaulicht mehr hören.

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Um für die Gefahren durch Ablenkung zu sensibilisieren, geht die Verkehrsunfallprävention der Bochumer Polizei zum Beispiel in Schulen und bietet „Crashkurse“ an. Außerdem ist das Thema Ablenkung am Steuer (vor allem durch Handys) ein Schwerpunktthema bei allen Kontrollen. Zuletzt am 13. Februar auf dem Zeppelindamm in Wattenscheid: Dort mussten neun Fahrerinnen und Fahrer ein Verwarngeld zahlen, weil sie ihr Handy benutzten.