Wattenscheid. Katrin Müller (30) aus Bochum ist Erzieherin und brennt für ihren Job. Dennoch streikt sie für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Gründe.

Katrin Müller, 30, sitzt an ihrem weißen Küchentisch, vor ihr dampft ein Kaffee, im Hintergrund steht ein Blumengesteck. Ihre Wohnung liegt in Westenfeld an der Grenze zwischen Wattenscheid und Bochum, es ist Nachmittag. „Sie haben Glück“, sagt Müller, „denn ich bin gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen“.

Arbeit, das bedeutet für die Erzieherin 39 Stunden in der Woche in einer Kindertagesstätte Geld zu verdienen. An diesem Donnerstag aber wird sie dort nicht erscheinen, denn Müller streikt – so wie viele weitere Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

„Mir geht es darum, dass es mehr Geld, mehr freie Tage gibt. Dass die Auszubildenden mehr erhalten“, erklärt Müller. „Wir brauchen einen Anreiz, damit mehr Menschen in unseren Beruf einsteigen.“

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Verdi hat zu ganztägigem Warnstreik aufgerufen – auch in Bochum

Verdi hat zu diesem ganztägigen Warnstreik im öffentlichen Dienst aufgerufen. Auswirkungen? Einige. Die Schwimmbäder der Wasserwelten öffnen nicht, die Agentur für Arbeit schränkt ihr Angebot ein. Vor allem aber schauen viele Eltern, die ihre Kinder in städtischen Kindertagesstätten untergebracht haben, mit Kopfschmerzen auf diesen Arbeitskampf, da sie ja meist, obwohl die Betreuungszeit wegbricht, auf der Arbeit erscheinen müssen.

Katrin Müller kann dies verstehen. Und die Reaktionen seien sehr unterschiedlich. „Es gibt Eltern, die schon mal mitgestreikt haben, es gibt aber auch Eltern, die auf die Barrikaden gehen.“ Sie versuche in Gesprächen immer, ihr Anliegen transparent zu machen. „Wir wollen nicht den Eltern und den Kindern schaden, sondern eigentlich kämpfen wir genauso für sie.“

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Wie immer geht es auch bei diesem Streik darum, welchen Wert die Arbeit eines einzelnen Menschen hat. Verdi fordert in der Tarifrunde von Bund und Kommunen mindestens 350 Euro mehr monatlich, die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Und es soll drei zusätzliche freie Tage geben. Städtische Erzieherinnen und Erzieher haben derzeit 30 Urlaubstage, sie werden beim Gehalt in den TVöD 8a eingruppiert. Dieser startet bei 3303,85 Euro und endet bei 4409,39 Euro.

Bochumer Erzieherin über den Streik: „Alle sind überlastet“

Eine größere Anzahl an freien Tagen brauche es dringend, meint Müller, „es sind alle überlastet“. Es gebe einfach zu viele Probleme. „Es fehlen überall Stellen, die Fluktuation ist unfassbar hoch. Erzieher und Erzieherinnen können derzeit aufgrund des hohen Angebots an Jobs schnell wechseln. Bloß reißt dies dann neue Lücken.“ In ihrer Kita seien für 25 Kinder ein Erzieher und eine Kinderpflegerin zuständig.

Sie selbst hatte gar nicht vor, Erzieherin zu werden. Nach einem dualen Abitur machte sie ihr Anerkennungsjahr allerdings in der Kita einer Elterninitiative. „Dort gab es fünf Erzieher für 16 Kinder, es war so schön, seitdem brenne ich für diesen Job.“ Es brauche Herzblut, es brauche die Freude daran, Kinder zu begleiten und zu fördern. Ihre Studiumspläne hat Müller abgeblasen, seit elf Jahren arbeitet sie nun schon mit kleinen Mädchen und Jungen, bis zur stellvertretenden Leiterin ist sie aufgestiegen. Neun Stunden sitzt sie im Büro, 30 Stunden betreutet sie. „Mein Herz ist da hängengeblieben“, sagt sie, und man kann sich dabei vorstellen, wie sie lächelnd vor den Kindern sitzt.

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Erzieherin aus Bochum-Wattenscheid kämpft für neue Arbeitsbedingungen

Diese seien kein Dokument, das man liegen lassen könne. „Wenn die Windel voll ist, dann ist sie voll, dann bleibt keine Zeit“, sagt Müller. Deswegen kämpft sie an diesem Donnerstag für bessere Arbeitsbedingungen. „Es geht um die Zukunft der Kinder und dadurch auch um unsere Zukunft.“

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