Bochum. Der neue Chef der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen mahnt: Es muss sich einiges ändern. Was er für die größten Baustellen hält.

Lars Bergmann (50) ist seit dem 1. Januar 2025 neuer Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen mit Sitz in Bochum. Er übernimmt das Amt von Dirk W. Erlhöfer, der die Geschicke der Verbände 25 Jahre lang verantwortet hat.

Bergmann hat Jura in Göttingen studiert und sein Referendariat in Paderborn absolviert. Der Rechtsanwalt hat danach in Dortmund bei Kaufland im Bereich Arbeitsrecht gearbeitet. Seit 2008 ist er bei den Arbeitgeberverbänden angestellt.

Den Arbeitgeberverbänden Ruhr/Westfalen gehören 425 Mitgliedsunternehmen mit 102.000 Beschäftigten an. Vor welchen Herausforderungen stehen sie und die deutsche Wirtschaft?

„Vor vielen“, sagt der neue Hauptgeschäftsführer. Bürokratieabbau gehöre dazu. Regelungen, die aus Europa kommen, müssten überall zur Anwendung kommen. „Mein Empfinden ist aber, dass das nicht passiert. Wir in Deutschland nehmen die Vorschriften immer sehr genau und wollen Vorreiter sein. Aber wir können uns nicht länger mit Randthemen beschäftigen.“

Sondern?

„Wir müssen uns ganz anderen Baustellen widmen. Wir haben andere Probleme. Sie sind heute viel struktureller als das in der Vergangenheit der Fall war: Energiepreise, Digitalisierung, Infrastruktur, Deindustrialisierung, Dekarbonisierung, die extrem hohen Arbeitskosten in Deutschland. Das sind Baustellen, um die sich auch die Tarifparteien kümmern und ihren Beitrag liefern müssen.“

Bürokratieabbau könnte bestimmt auch in der Tarifpolitik nicht schaden?

„Ja, auch wir haben in der Vergangenheit einiges an bürokratischen Hürden aufgebaut. Die zu entschlacken, wird wahrscheinlich sehr schwierig sein. Aber wir sollten zusehen, sie nicht noch komplexer zu gestalten. Um tarifgebundene Mitglieder zu gewinnen, braucht man Tarifverträge, die nicht so kompliziert wie im Moment sind. Das ist einer der Gründe, warum wir Austritte und Wechsel in OT-MItgliedschaften (“ohne Tarif“) haben und künftig wahrscheinlich Probleme bekommen werden, neue tarifgebundene Mitglieder zu bekommen. Das Gros der neuen Mitglieder ist aktuell nicht mehr tarifgebunden.“

Wie können neue Unternehmen für die Arbeitgeberverbände begeistert werden?

„Wir müssen sicher mit anderen Dingen punkten als noch vor Jahren. Alleine mit Netzwerken, Tarifpolitik und Solidarität wird das nicht gelingen. Das Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wird eines sein, mit dem wir uns auseinandersetzen und unseren Mitgliedern als Dienstleistung anbieten müssen. Und offenbar ist auch noch nicht bekannt genug, welche Leistungen wir als Verband überhaupt bieten. Das müssen wir progressiver bewerben.“

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