Bochum. Studentin Anna Broszio möchte nach einer Vorlesung an der Ruhr-Uni Bochum zu ihrem Auto in einem der Parkhäuser. Dort wartet ein Exhibitionist.

Der Mann sagt nichts. Im dunklen, engen Treppenhaus im Parkhaus an der Ruhr-Uni Bochum versperrt er Studentin Anna Broszio (22) den Weg und starrt sie an. Seine Hand in der Hose, er befriedigt sich selber. Und grinst.

An diesem Tag im Februar 2024 hatte Anna es eilig. Ihre Geografie-Vorlesung war gegen 12 Uhr vorbei, jetzt schnell zur Arbeit. Ihr Auto hatte sie – wie früher oft – im Parkhaus unter dem Audimax geparkt. Das ist zwar dunkel, es riecht oft nach Urin, dafür ist es aber zentral gelegen und dort habe sie immer einen Platz gefunden. „Ich hatte keine Kopfhörer drin, bin die Treppen heruntergelaufen und kam zur schweren Brandschutztür“, schildert die 22-Jährige.

Petition gegen Angsträume an der RUB
Im dunklen Treppenhaus riecht es oft nach Urin. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Aus dem Augenwinkel nimmt sie den Mann wahr. „Ich dachte, der pinkelt.“ Doch dann stellt er sich ihr in den Weg. An ihre Gedanken in der Sekunde kann sich Anna Broszio noch gut erinnern. „Jetzt ist es vorbei. Jetzt werde ich vergewaltigt, und niemand wird mich schreien hören.“

„Das Parkhaus der Ruhr-Universität Bochum betritt man ohnehin oft mit einem unguten Gefühl – wer es kennt, weiß, wovon ich spreche.“ “

Anna Broszio

Die Studentin verfällt in eine Schockstarre. „Wenn ich jetzt wegrenne, ist der auf jeden Fall schneller.“ Sie nimmt allen Mut zusammen, schubst den masturbierenden Mann zur Seite, reißt die schwere Tür auf, sprintet zu ihrem geparkten Auto und schließt sich dort ein. Aus dem Auto ruft sie die Polizei, doch der Exhibitionist ist schon verschwunden, als die Beamten eintreffen. „Ich habe mich so eklig gefühlt.“

Studentin der Ruhr-Uni Bochum zeigt den Exhibitionisten an

Noch am selben Tag kontaktiert sie auch die Ruhr-Uni, um den Vorfall zu melden. „Ich hatte die Hoffnung, dass andere gewarnt werden können. Man bot mir psychologische Hilfe an – doch am Zustand des Parkhauses änderte sich nichts.“ Einige Monate später habe eine Freundin dasselbe erlebt. „Gemeinsam gingen wir zur Leitwarte, wo uns mitgeteilt wurde, dass der Täter bereits bekannt sei, da er wiederholt gemeldet wurde. Gefasst wurde er bislang jedoch nicht.“

Diese Texte haben viele Menschen interessiert

Für Anna hat sich seit diesem Mittag im Februar viel geändert. „Mir ist körperlich nichts passiert. Aber ich habe seitdem mehr Angst vor der Dunkelheit und vor Männern. Das Parkhaus der Ruhr-Universität Bochum betritt man ohnehin oft mit einem unguten Gefühl – wer es kennt, weiß, wovon ich spreche.“

Petition für mehr Sicherheit in den Parkhäusern der Ruhr-Uni

Die 22-Jährige startet eine Petition für mehr Sicherheit in den Parkhäusern der Ruhr-Uni. „Ich möchte verhindern, dass anderen Frauen so etwas auch passiert“, sagt sie und erhebt schwere Vorwürfe. „Die Universität weiß von diesen Vorfällen, und trotzdem wird nichts unternommen, um die Sicherheit der Studierenden zu verbessern.“

Petition gegen Angsträume an der RUB
Anna Broszio fordert mehr Sicherheit in den Parkhäusern der Ruhr-Uni. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Auf Nachfrage betätigt die Polizei Bochum den Vorfall im Parkhaus der Ruhr-Uni. Mittlerweile sei sogar ein konkreter Tatverdächtiger bekannt. Eine Häufung an exhibitionistischen Vorfällen gebe es an der Ruhr-Uni aber nicht. Auch die Ruhr-Uni weist zurück, dass es viele solcher Fälle gegeben habe. „In den letzten sieben Jahren sind uns insgesamt sieben Fälle von Exhibitionismus auf dem Gelände der RUB bekannt geworden. Eine Häufung derartiger Fälle in letzter Zeit können wir nicht feststellen“, sagt Ruhr-Uni-Sprecher Arne Dessaul.

Mehr zum Thema

Anna Broszio hat ihren Weg gefunden, mit dem Erlebten umzugehen. Sie hat nicht mehr im dunklen, verwinkelten Parkhaus geparkt. Sie hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Mit ihrer Petition möchte sie nun erreichen, dass sich auch baulich etwas an der Uni tut. „Allein eine Kameraüberwachung würde doch schon helfen!“