Bochum/Witten. Zweimal füllt der Autor und Comedian das ZFR-Zelt. Zum Auftakt am Sonntagabend ging es um „Hebbert“, Ommas im Kittel und seinen neuen Roman.
„Woanders is‘ auch Scheiße“, lautet eine seiner bekanntesten Weisheiten. Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nahe. Genauer: am Kemnader See. Seit den Anfängen 2008 zählt Frank Goosen zum Inventar des Zeltfestivals Ruhr. Auch diesmal ist der Bochumer mit einem Doppelpack am Start. Zweimal füllt er das 1100 Besucher fassende Stadtwerkezelt. Der Auftakt am Sonntagabend bot Heimatkunde mit höchstem Unterhaltungswert.
- Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen beim Bochumer Zeltfestival
- Rapperin Nina Chuba mit Mittelfingern auf Familien-Konzert
- Zeltfestival Ruhr: Jan Delay kam, sang und siegte
- Tausende singen für Pia (9): Wincent Weiss beim Zeltfestival
- Sarah Connor erfüllt beim Zeltfestival einen Herzenswunsch
- Zeltfestival Ruhr: Große Gefühle beim Auftakt mit Silbermond
Der 58-Jährige kommt „vonne Alleestraße wech“; dort, wo früher „der Bücherbus mit verdunkelten Scheiben durchgerast ist“, wie Goosen oft und gern erzählt. „Die Storys“, das wusste schon Toto im später von Sönke Wortmann verfilmten Roman „Sommerfest“, „liegen praktisch auf der Straße, die musst du nur aufheben!“ Goosen hat sich oft gebückt, ist längst ein Meister der Hebe-Figuren: nicht nur als Autor, sondern auch im hart umkämpften Comedy-Fach.
Frank Goosen beim Zeltfestival: Spitze gegen „Hebbert“ sorgt für Lacher
Seit bald 25 Jahren steht der bekennende Bochumer auf der Bühne. Mit seinem Spezi Jochen Malmsheimer begann er zuvor als (inzwischen wiedervereinigte) Tresenleser. Sein Erfolg als Kabarettist basiert auf seinen Romanen, in denen er seinem geliebten Pott literarisch auf die Pelle rückt. „Liegen lernen“, „Weil Samstag ist“, „Radio Heimat“, zuletzt „Spiel ab!“: allesamt treffliche, schreiend komische, mitunter abgrundtief traurige Milieubeschreibungen.
Im Bochumer Popularitätsranking hat sich Goosen dem Grönemeyer-Thron angenähert. Wobei eine Spitze gegen Hymnen-„Hebbert“ am Sonntagabend für besonders viele Lacher sorgte: „Im Gegensatz zu anderen, die darüber singen, bin ich hier geboren.“
Beim Best-of kommen auch die bekittelten „Ommas“ zur Geltung
„Heimat, Fußball, Rockmusik“: Beim Zeltfestival präsentiert Goosen ein zweistündiges Best-of aus früheren Programmen. Da erleben die im Fenster liegenden Ommas im Kittel-Einheitslook und mit Rosenkohl als „Beilage des Grauens“ ebenso ein Comeback wie die Definition des Kreismeisters: „Das ist der, der in der Kneipe mit den Strichen einmal um den Deckel kommt.“ Schwärmereien über die Berge in Bayern oder den Eiffelturm? Albern, weil nicht menschgemacht oder ohne praktischen Nutzen. Die wahre Schönheit entfaltet sich beim Anblick des Autobahndreiecks Bochum-West, alsbald auch der neuen Schlachthofbrücke.
Aktuell staunt Goosen über den Hotel-Boom in Bochum. Früher habe man als Gast im Hotel Ostmeier übernachtet, wenn‘s länger als eine Stunde dauern sollte. Heute wird eine Herberge nach der anderen neu gebaut: „Wat wollen die alle hier?“ Vielleicht ja zum VfL, der bitteschön nie mehr in Liga 2 absteigen darf. Denn selbst wer dort die Tabelle anführt, „ist ja eigentlich Neunzehnter“.
Titel für 70er-Roman: „Es regnet nie in Mendocino“
Auch wenn Goosen-Fans die meisten Geschichten bekannt sind: Der Mix aus Kabarett und Lesung bereitet den Besuchern (nicht wenige im VfL-Trikot) jauchzendes Vergnügen. Oft spielen die Episoden in den 80er Jahren. Höchste Zeit für ein Buch, das in die 70er Jahre zurückführt, meint Goosen und hat schon einen Titel im Kopf: „Es regnet nie in Mendocino“ als Hommage an Albert Hammond und Michael Holm.
In Arbeit sei derzeit aber ein „Kneipen-Förster-Roman“, verrät er am Ende. Die erste Passage – eine schäumende Ode an die Pilsblume – klingt verheißungsvoll. Mehr davon? Vielleicht ja beim Zeltfestival 2025.
Veranstalter ziehen Bilanz: 80.000 Besucher an den ersten zehn Tagen
Die Veranstalter zogen am Sonntag eine Halbzeitbilanz. 80.000 Besucher strömten seit der Eröffnung am 16. August zum See. Damit steuere das Festival „zielstrebig auf die Besucherzahlen des Vorjahres zu“, heißt es in einer Mitteilung. Der erste Künstler für das nächste Jahr steht bereits fest: Der Vorverkauf für Samu Haber (ehemals „Sunrise Avenue“) am 26. August 2025 hat begonnen.
Infos und Karten auf zeltfestivalruhr.de