Bochum. Im Fall eines tödlichen Streits in Bochum ist der Angeklagte schuldig gesprochen worden. Der Richter sieht in der Haft nicht die härteste Strafe.
Im Prozess um den tödlichen Gewaltexzess auf einem Kita-Außengelände nahe der Bochumer Innenstadt ist der Angeklagte zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Bochumer Schwurgericht sprach den 37-Jährigen des Totschlags schuldig. „Sie haben jede Chance gehabt“, sagte Richter Volker Talarowski nach der Urteilsverkündung in Richtung des Angeklagten. Mildere Urteile in der Vergangenheit hätten nicht dazu geführt, dass er sein Leben verändert hat.
Wie berichtet, soll der suchtkranke und wohnungslose Bochumer am 24. Januar seinen Freund im Streit mit der Faust zu Boden geschlagen und ihn anschließend so lange gegen den Kopf getreten haben, bis dieser bewusstlos wurde. Das Opfer (47) starb acht Tage später an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas mit Hirnblutungen.
Angeklagter hatte zur Tatzeit 3,1 Promille
Am letzten Verhandlungstag am Donnerstag ging es vor Gericht auch darum, ob der Angeklagte zur Tatzeit voll schuldfähig war. Als die alarmierten Einsatzkräfte am späten Abend des 24. Januar zum Tatort kamen, fanden sie beide Männer auf dem Boden liegend vor. Videos, die die Körperkameras der Polizisten aufgezeichnet hatten, zeigten den Angeklagten in desolatem Zustand.
Der 37-Jährige sei nicht mehr in der Lage gewesen, zu stehen oder zu sprechen, sagte am Donnerstag eine Sachverständige vor Gericht. Immer wieder sei er eingeschlafen. Blutergebnisse zwölf Stunden später sprachen eine deutliche Sprache: Der Mann hatte zum Zeitpunkt der Tat demnach 3,1 Promille. Der Beschuldigte selbst räumte später noch ein, dass er außerdem unter dem Einfluss von Kokain gestanden habe.
Sachverständige sieht Schuldfähigkeit nicht aufgehoben
Die Sachverständige attestierte dem Angeklagten in ihrem Gutachten eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Die Schuldfähigkeit sei dadurch aber nicht aufgehoben, weil er trotz seines Zustands noch in der Lage gewesen sein müsse, ein Streitgespräch zu führen und schwere, gezielte Gewalt auszuüben.
Der 37-Jährige zeigte sich zum Prozessende einmal mehr voller Reue. Wie es zu einem solchen Streit und dem Exzess gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Der verstorbene 47-Jährige sei sein „bester und einziger Freund“ gewesen. „24/7“ seien die beiden zusammen gewesen, „wir haben zusammen geweint, haben zusammen gelacht, haben zusammen konsumiert“. An den 24. Januar könne er sich nur noch in „Fetzen“ erinnern.
„Es ist jedem klar, dass Tritte gegen den Kopf tödlich enden können.“
Das Schwurgericht folgte mit dem Strafmaß von neun Jahren dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die einen „Vernichtungswillen“ beim Angeklagten sah. Das wolle er nicht unterstellen, sagte Richter Volker Talarowski, aber „es ist jedem klar, dass Tritte gegen den Kopf tödlich enden können“. Eine Entziehungsmaßnahme sei nicht infrage gekommen, weil der 37-Jährige in der Vergangenheit ähnliche Angebote abgebrochen hatte. Talarowski: „Die härteste Strafe, die Sie erleiden müssen, ist das Gewissen, einen gemochten Menschen getötet zu haben.“