Bochum. Wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs mit Corona-Tests ist ein 32-Jähriger angeklagt. Beute laut Anklage: fast eine Million Euro.
Parallel zum großen Medican-Prozess, der seit dem vergangenen Februar schon zum zweiten Mal vor dem Landgericht verhandelt wird und der noch bis August terminiert ist, läuft seit diesem Dienstag eine weitere Hauptverhandlung wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs mit Corona-Teststellen in Bochum. Diesmal geht es nicht wie bei Medican um mutmaßlich 24 Millionen Euro Betrugsbeute, sondern um knapp eine Million. Eine Gefängnisstrafe steht trotzdem im Raum.
Anklage: Corona-Tests wurden nicht richtig dokumentiert
Angeklagt vor dem Amtsgericht ist ein 32-jähriger Kleinunternehmer aus Bochum. In Querenburg und Wiemelhausen betrieb er bis Februar 2023 zwei Corona-Teststellen. Die Tests rechnete er bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ab. Diese überwies ihm zwischen März 2022 und Februar 2023 in elf Fällen insgesamt 991.063 Euro – laut Anklage aber zu Unrecht, weil er es versäumt hatte, die Tests genau zu dokumentieren.
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Außerdem soll der Angeklagte massenhaft Mehrfachtestungen von nur einer Person pro Tag in Rechnung gestellt haben. In einem Fall wurde laut Abrechnung ein und derselbe Mann zwölf Mal an einem Tag auf das Virus getestet. „Ein elektronischer Fehler“, erklärt der Angeklagte. Der Verdacht steht im Raum, dass viele Tests gar nicht durchgeführt worden sind. „Das alles sieht sehr merkwürdig aus“, sagt der Staatsanwalt mit kräftiger Stimme. „Eine Million Euro: Dafür gehen Sie ins Gefängnis, wenn das stimmt.“
Richter hat Zweifel, dass alles sauber abgelaufen ist
Auch Richter Sönke Zimmermann hat erkennbar Zweifel, dass alles sauber abgelaufen ist. Er nennt ein paar Namen von Testpersonen, die in den Abrechnungen aufgelistet sind, und sagt zum Angeklagten: „Wenn ich die als Zeugen lade: Meinen Sie, die Personen gibt es überhaupt?“
„„Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, Ihre Sachen zusammenzusuchen. Wenn Sie das nicht können, haben Sie Schwierigkeiten.““
Gestützt wird der Verdacht noch dadurch, dass der Angeklagte, ein in Deutschland aufgewachsener Iraker, bei der KVWL nicht unter seinem heutigen Namen abgerechnet hat, sondern unter einem anderen. Er erklärt dies im Prozess damit, dass der Namenswechsel durch die Ausländerbehörde erfolgt sei im Zusammenhang mit der Beantragung eines Passes. Diese Erklärung sorgt beim Richter offensichtlich für Verwunderung.
Angeklagter aus Bochum: „Ich kann alles nachweisen“
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Der Angeklagte sagt, dass er alle Dokumentation zu den Tests zu Hause im Keller habe, in Kisten. „Ich kann alles nachweisen.“ Allerdings: Nachdem bei der KVWL nach der Zahlung der 991.963 Euro Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrechnungen aufgekommen war, hatte die Polizei sein ganzes Zuhause durchsucht – und keine Dokumentationen gefunden.
Der Richter will jetzt stichprobenartig einige angeblich getestete Personen und Mitarbeiter der KVWL laden und mit ihnen den Prozess in einigen Monaten ganz neu beginnen. Der Angeklagte soll dann alle seine vermeintlichen Dokumentationen mitbringen: „Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, Ihre Sachen zusammenzusuchen. Wenn Sie das nicht können, haben Sie Schwierigkeiten.“