Bochum. Vor 50 Jahren feierten Bochumer: Nach jahrelanger Schleichfahrt galt Tempo 70 auf der Königsallee. Heute würden einige das gerne zurückdrehen.
„Endlich grünes Licht, endlich Tempo 70 auf der Königsallee, Bochums Ausfallstraße zum Süden“, hieß es in der Bochumer WAZ vor 50 Jahren. „Am 20. Juni wird die ‚Kö‘ ab Wohlfahrtstraße auf Tempo 70 und grüne Welle geschaltet.“ Günter Walle, stellvertretender Chef des Straßenverkehrsamtes Bochum, freute sich damals: „Dann sind wir diesen alten Ärger gottlob los.“ Zumindest in diesem Punkt hat sich der damalige Verkehrs-Verantwortliche getäuscht.
Ausgestanden ist der Ärger um die Königsallee nämlich heute noch nicht, auch wenn sich die Art der Diskussion gewandelt hat. Während sich mittlerweile Anwohnerinnen und Anwohner für ein langsameres Tempo aussprechen, fragte die Bochumer WAZ vor 50 Jahren: „Endlich Tempo 70 – warum erst jetzt?“ Weiter heißt es: „Mit wachsendem Ärger und Unmut hatten Autofahrer gefragt, Automobilclubs im Rathaus vorgesprochen. In der Tat waren alle baulichen Voraussetzungen, die vierspurige Schnellstraße zum Süden endlich vom Odium einer ärgerlichen Kriechspurstraße zu befreien, längst erfüllt.“
Heute kämpfen Anwohner für Tempo 50 auf der Königsallee
Heute indes kämpfen einige Anwohner aus Stiepel dafür, den Zustand von vor 1972 wiederherzustellen. Das gestiegene Verkehrsaufkommen, zu schnelles Fahren und die damit einhergehende Lärmbelästigung machen ihnen zu schaffen. In einer Umfrage vor neun Jahren wählten Bochumer Bürger zudem die Königsallee (in Höhe der Wohlfahrtstraße) als wichtigsten Messpunkt der ganzen Stadt für den damaligen Blitzmarathon.
Baubeginn war 1904
Der Bau der Königsallee begann 1904 nach der Eingemeindung Wiemelhausens. Verantwortlich dafür war Clemens Erlemann, der Gründer des Ehrenfeldes. Vorbild war die bekannte gleichnamige Prachtstraße in Düsseldorf.Der erste Bauabschnitt bis zum Waldring war als Promenadenstraße ähnlich dem Düsseldorfer Vorbild geplant, das Teilstück bis zur Markstraße diente zur Erschließung des Bochumer Südens.Von ihrem Start am Konrad-Adenauer-Platz verläuft die Bochumer „Kö“ durch Wiemelhausen bis zum Endstück in Stiepel. Ihren Namen erhielt die Straße im Jahr 1905.
Der Ort wurde daraufhin zur Supermessstelle Bochums, weil aus Sicht der meisten Teilnehmenden hier zu oft zu schnell gefahren wurde. Anlieger wünschen sich seit langem eine Reduzierung des Tempos von 70 auf 50 sowie mehr Geschwindigkeitskontrollen.
Tiefbauamt hält Tempo 70 auch heute noch für angemessen
An Tempo 70 allerdings wird sich so schnell nichts ändern. „Bei der Königsallee handelt es sich um eine Landesstraße, die auch heute noch für den überörtlichen Verkehr vorgesehen ist“, erläutert Sebastian Molle vom Tiefbauamt. „Sie verfügt in beiden Richtungen über jeweils zwei Fahrstreifen, die in der Mitte durch einen breiten Grünstreifen voneinander getrennt sind. Der parallel verlaufende Geh-/Radweg ist ebenfalls weitestgehend durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn abgegrenzt.“
Zudem sind alle Kreuzungen im Tempo 70-Bereich mit Ampeln ausgestattet, es gibt in diesem Abschnitt auch keine direkt angrenzenden oder über die Königsallee erschlossenen Wohngebiete. Sebastian Molle: „Unter Berücksichtigung der Funktion und des Ausbaus der Straße ist eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 Stundenkilometern aus verkehrlichen Gesichtspunkten auch heute weiterhin angemessen.“
Südlich der Wohlfahrtstraße gilt die Königsallee als Schnellstraße
Damit folgt das Tiefbauamt weiterhin der Einschätzung von vor 50 Jahren, als das Tempolimit zum letzten Mal geändert wurde. Demnach wurde die Königsallee südlich der Wohlfahrtstraße damals als Schnellstraße gebaut. Aus diesem Grund war die vorherige Tempo-50-Regelung aus Sicht der Stadt unangemessen und wurde, mit Zustimmung der Bezirksregierung, am 20. Juni 1972 korrigiert.
Nach einer letzten Generalinspektion durch Verkehrsingenieure aus Arnsberg rückten die Schilderkommandos an und ersetzten die alten durch neue Tempo-70-Schilder. Darüber freute sich auch Bochums Verkehrspolizei. „Glauben Sie wirklich, diese kleinlichen Tempokontrollen auf der Königsallee hätten uns Spaß gemacht?“, fragte damals Polizeidirektor Wolckenhaar.