Bochum. So wenige Besucher wie in diesem Sommer kamen schon lange nicht mehr in die Bochumer Freibäder. Es ist nicht das einzige Problem der Wasserwelten.

Begeisterte Schwimmer haben noch bis zum Bundestagswahltag am 26. September die Chance auf einen Freibadbesuch in Bochum. Vier Bäder sind zwar bereits geschlossen. Aber in Werne lassen sich bis dahin nach vorheriger Reservierung noch einige Bahnen ziehen. An der Bilanz wird das jedoch nichts ändern. Schon jetzt ist klar, dass Bochum auf die schlechteste Freibadsaison seit langem zurückblickt.

80 Prozent weniger Besucher gegenüber 2018

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Die in den Corona- und Krisenjahren ohnehin schon zurückgegangenen Besucherzahlen haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nur 39.803 Gäste kamen zwischen dem 1. Juni und dem 15. September in die Freibäder in Hofstede, Langendreer, Linden, Südfeldmark und seit dem 21. August in das modernisierte Freibad in Werne. Das sind noch einmal einige Tausend Besucher weniger als im ohnehin durch Corona verhagelten Vorjahr (45.072; Grafik) und mehr als 80 Prozent weniger als im Rekordjahr 2018. Damals besuchten 255.266 Besucher die Freibäder.

Ein Blick zurück auf die vergangenen Jahre zeigt: Der Freibadsommer 2021 kann getrost als riesiger Reinfall bezeichnet werden. Selbst 2017 kamen in einem durchwachsenen Sommer mit 87.257 Besuchern deutlich mehr Menschen in die Freibäder. Und in den Jahren davor lagen die Zahlen nie unter 100.000, 2013 sogar über 200.000 (204.000). „Corona-Hygieneregeln, Besuchergrenzen, Buchungssystem und nicht zuletzt die Witterung hatten Auswirkungen auf die Freibadsaison“, heißt es bei den Wasserwelten Bochum, der stadteigenen Betreibergesellschaft.

Bescheidene Bilanz 2021

Zwei weitere Vergleiche machen deutlich, wie bescheiden die Bilanz 2021 ist: Am erfolgreichsten Tag des Jahres, dem 19. Juni, kamen 2590 Besucher in alle Bäder; im Rekordjahr 2018 waren es am 7. August mehr als fünf Mal so viele (14.750). Und: Das beliebteste Bad Bochums in Südfeldmark verzeichnet dieses Jahr gerade einmal 15.096 Gäste. Vor drei Jahren waren es 75.504.

Die Wasserwelten haben aber nicht nur die zweite völlig verkorkste Freibadsaison in Folge hinter sich. Das Jahr hätte kaum schlechter laufen können für die 2018 mit sehr viel Vorschusslorbeeren gegründete Gesellschaft. Im März hat sie sich abrupt von ihrem Geschäftsführer Berthold Schmitt getrennt. Dem 64-jährigen Kölner wurden nicht tolerierbare Verfehlungen vorgeworfen. Dabei ging es u.a. um sein wirtschaftliches Gebaren.

Einige Freibäder auf der Kippe

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„Die Wasserwelten und ihr ehemaliger Geschäftsführer Berthold Schmitt haben sich auf eine einvernehmliche Aufhebung des Dienstvertrags geeinigt“, so das Unternehmen. „Zwischen den Parteien wurde Stillschweigen über den Inhalt des Vertrages vereinbart.“ Vorübergehend leitet Holger Rost, Geschäftsführer der Stadtwerke Netz GmbH, die Geschäfte der Bädergesellschaft. Spätestens Anfang 2022 übernimmt dann Marcus Müller die Geschäfte. Er ist bislang Centerleiter Bäder der Gemeinschaftsstadtwerke GmbH Kamen-Bönen-Bergkamen mit insgesamt sieben Bädern.

In Bochum erwartet ihn gleich eine knifflige Aufgabe. Das noch unter Berthold Schmitt erarbeitete Bäderkonzept stellt vor allem die Freibäder in Frage. 10.000 Quadratmeter Freiwasserfläche liegen weit über dem überregionalen Richtwert. Es gibt mehrere Streichkandidaten: das schon geschlossene Südparkbad in Höntrop, dessen Neubau nicht zuletzt wegen Anwohnerklagen immer unwahrscheinlicher wird, sowie die Bäder in Linden, Langendreer und Hofstede. Zu Rate gezogen werden dürften bei der Entscheidung über Wohl und Wehe einzelner Standorte neben dem aktuellen Zustand und dem Investitionsbedarf eigentlich auch die Besucherzahlen. Aber die sind zumindest in diesem und im vergangenen Jahr kaum ein echter Gradmeser.