Bochum. Nachhaltigkeit auch im Kulturbetrieb: Die Initiative „Materialverwaltung on Tour“ kümmert sich um die Überbleibsel von Bühnenproduktionen.
Alles, was vor der sinnlosen Verschrottung bewahrt wird, dient der Nachhaltigkeit. Dass dies auch und vor allem auf den Kulturbetrieb zutrifft, ist vielen Theater- oder Opern-Besuchern gar nicht klar. Tatsächlich muss in Bühnenstücken, bei Filmdrehs, aber auch nach Fach-Messen, nach dem Produktionsende aus logistischen Gründen eine Menge notgedrungen entsorgt werden. Gut, dass es die „Materialverwaltung“ gibt. Sie kümmert sich darum.
„Materialverwaltung on Tour“ machte in Bochum Station
Ruhrgebietsweit hatte im Frühjahr 2019 „Ruhr Ding: Territorien“ auf sich und das Thema „Nachhaltigkeit im Kultursektor“ aufmerksam gemacht. Zumal in Bochum hinterließ das vom Ruhr.2010-Nachfolger Urbane Künste Ruhr organisierte Ausstellungsprojekt einigen Eindruck. Besonders augenfällig war die „Materialverwaltung on Tour“ auf dem Platz am Colosseum an der Alleestraße.
Wie eine Wagenburg aufgestellt, konnte man dort Materialien und Requisiten des Kulturbereichs abgeben, besichtigen, leihen oder kaufen. Was manche damals zum ersten Mal registrierten: Die Initiative „Materialverwaltung“ hält in der Wegwerfgesellschaft ein „Stopp!“-Zeichen hoch. Und dient der Weiter- und Wiederverwertung von Stoffen, Dingen und nicht zuletzt Ideen aus Theater, Oper, Museum oder Film, die eigentlich für den Schuttabladeplatz der Zeit bestimmt sind. „Es ist ein nachhaltiger, vielfältiger Fundus, der aktiv umgesetzt wird“, erläutert Mit-Organisatorin Carina Hommel. Wunsch sei es, die „Materialverwaltung“ langfristig in der Region zu verankern.
Konzept der Nachhaltigkeit hat sich auch in New York bewährt
Das Konzept hat sich bereits in New York (Material for the Arts) und Hamburg (Hanseatische Materialverwaltung) bewährt. Von hochwertigen Kulissenteilen und Bühnenbildern über Möbelstücke bis hin zu Stoffbahnen und Kunstblumen hat das Lager fast alles zu bieten: „In jedem dieser Objekte stecken Aufwand, Ausgangsmaterialien und Arbeitszeit. Viele unserer Stücke sind handgefertigt. Viel zu schade für die Tonne!“, findet Hommel.
Dinge entdecken
Für die Ausstattung von Film- und Foto-Sets, Bühnen und Veranstaltungen jeder Art – oder auch der eigenen Wohnung – findet man bei der Initiative „Materialverwaltung on Tour“ die passende Ausstattung, groß und klein, glitzernd und dezent.Der Fundus wächst ständig, und es gibt jede Woche etwas Neues zu entdecken. Wer einen Blick riskieren will: Die „Materialverwaltung“ ist in der St.-Joseph-Kirche in Gelsenkirchen, Grillostraße 62, geöffnet.Infos zu den Öffnungszeiten und Preisen gibt es auf www.facebook.com/MaterialverwaltungOnTour und unter 0157 33 25 83 40.
Das Magazin für künstlerische Requisiten am Bochumer Colosseum war nach dem Ende des Urbane-Künste-Projekts wieder abgebaut worden. Inzwischen ist das Lager in der St.-Joseph-Kirche in Gelsenkirchen-Schalke heimisch, die nicht mehr für Gottesdienste benutzt wird. Hier wird alles, was vor der sinnlosen Verschrottung bewahrt wurde, nach der Maxime: je gemeinnütziger, desto günstiger gehandelt. „Zu Gute kommt dies zum Beispiel freischaffenden Künstlerinnen, Kunstprojekten von Jugendgruppen, Bildungseinrichtungen oder Studierenden ohne großes Budget“, sagt Hommel.
„Materialverwaltung“ baut Brücken zwischen den Kultur-Institutionen
Auch interessant
Professionelle Produktionsfirmen sind ebenfalls willkommen und zahlen marktübliche Preise. Es lohnt sich aber auch, einfach nur zu stöbern: Die kunterbunt sortierten Materialien erzählen eigene Geschichten und bauen Brücken zwischen den verschiedenen Kultur-Institutionen des Ruhrgebiets.
Mit dem riesigen „Moondog“ aus der gleichnamigen Produktion der Bochumer Fidena (Figurentheater der Nationen) hat ein besonders schönes und lieb gewonnenes Requisit in der „Materialverwaltung“ ein neues Zuhause auf Zeit gefunden.