Bochum. Der Winter hat Bochum fest im Griff. Baustellen stehen still. Busse und Bahnen fahren kaum. Immerhin gibt es kleine Lichtblicke.
Minus zehn Grad, kaum Neuschnee. Der Winter hat Bochum auch am Dienstag voll im Griff. Für die Mitarbeiter des Umweltservice Bochum (USB) bedeutet das Schwerstarbeit. Im Zweischichtbetrieb räumen sie die Straßen in Bochum frei.
Die Bogestra ist derweil bemüht, möglichst bald neben der Linie 310 weitere Straßenbahnstrecken in Bochum wieder zu bedienen. Gegen Mittag meldet sie den ersten Teilerfolg. Die U35, seit dem Winterbruch nur unterirdisch von Schloss Strünkede in Herne bis zur Oskar-Hoffmann-Straße in Bochum unterwegs, fährt jetzt auch wieder oberirdisch. „Wir fahren jetzt bis zur Endstation in der Hustadt im Zehn-Minuten-Takt“, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Seit dem Nachmittag fährt auch die Linie 308 zwischen Schauspielhaus und Vonovia-Ruhrstadion wieder im 15-Minuten-Takt.
Eis und Schnee drücken sich in die Schienen
Schwieriger gestaltet sich das bei anderen Strecken. Die U35 fährt auf eigenem Gleiskörper, es müssen vorrangig lediglich die Fahrleitungen eisfrei gehalten werden. „Auf anderen Strecken, etwa an der Hattinger Straße, liegen die Schienen in der Straße, in denen Eis und Schnee festgedrückt ist“, so der Bogestra-Sprecher.
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Bahn entgleist bei Probefahrt
Nun wird ausgelotet, welche Straßenbahnlinien möglichst bald wieder ans Netz gehen können. „Bevor eine Bahn wieder in den regulären Betrieb geht, werden auf jeden Fall Probefahrten vorgenommen“, sagt Christoph Kollmann. Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick nach Gelsenkirchen. Dort war am Montag ein Fahrzeug der Linie 302 bei einer Testfahrt entgleist. Personen seien nicht zu Schaden gekommen, das Fahrzeug wieder auf die Schiene gestellt.
Auch erste Busse sollen seit Dienstag gegen 17 Uhr wieder fahren, wie die Bogestra am späten Nachmittag mitteilte: Die Linie 350 im 15-Minuten-Takt zwischen Bochum Hbf und Haarstraße, die Linie 370 im 15-Minuten-Takt zwischen Lüdgendortmund und Surkenstraße sowie die Linie 374 im Stundentakt zwischen Ruhr-Universität und Herbede-Mitte (dabei entfällt aber die Haltestelle Technologiequartier). Außerdem fahren Ersatzbusse auf der Linie 308 zwischen Bochum Hbf und Hattingen im 15-Minuten-Takt.
Die Fahrer anderer Linien warten zu Hause auf ihren Einsatz.
Keine Verbesserung bei Abellio-Verbindung Bochum - Gelsenkirchen
Stark eingeschränkt ist auch der Zugverkehr. Wer im Internet oder vor Ort im Hauptbahnhof einen Blick auf die Bahnhofstafel mit den Verbindungen wirft, der liest häufig Formulierungen wie diese; „Fahrt fällt aus“. Das gilt vor allem für die Regionalverbindungen. Beinahe gähnende Leer herrscht am Hauptbahnhof. „Viele Kunden sind seit dem Wintereinbruch erst gar nicht zum Bahnhof gekommen“, so ein Sprecher der Deutschen Bahn.
Auch bei den Privatanbietern gibt es große Einschränkungen. „Wir kämpfen mit vereisten Weichen, nicht geräumten Strecken, kältebedingten sowie technischen Störungen und auf Gleise gestürzte Bäume“, heißt es etwa bei Abellio. Für sämtliche ausfallende Zugfahrten seien Schienenersatzverkehre mit Bussen eingerichtet. „Hier müssen wir jedoch den dringenden Hinweis geben, dass es auch dabei durch die örtliche Wetterlage zu Verspätungen, Einschränkungen oder sogar Ausfällen kommen kann“, so Abellio. Voraussagen mit Blick auf die nächsten Tage seien schwierig. „Aber mit Sicherheit können wir heute sagen, dass für die R46 von Bochum nach Gelsenkirchen innerhalb dieser Woche keine Verbesserungen zu erwarten sind.“
Stillstand auf den Baustellen
Auf den großen Baustellen ist die Arbeit dagegen zum Erliegen gekommen. So etwa an der Universitätsstraße, wo seit ein paar Wochen der künftige Community Campus hochgezogen wird. Seit Montagnachmittag geht nichts mehr. Zuvor wurde noch die beiden 40 Meter hohen Treppentürme des größten, zwölfstöckigen Gebäudes fertiggestellt. „Die haben wir im Gleitbetonverfahren hergestellt, da kann man nicht zwischendrin aufhören“, erklärt Projektleiter Frederik Stockhausen vom Bauherrn Jan Snel.
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Vorgewärmter Beton mit Spezialzement
Gut eine Woche lang haben die Spezialisten einer österreichischen Baufirma rund um die Uhr die Betontürme gegossen, zunächst etwa fünf Meter am Tag. Mit Beginn des Schneefalls Ende der vergangenen Woche ging es dann langsamer. „Wir haben den Beton vorgewärmt und speziellen Zement verwendet“, so Stockhausen. Immerhin vier Meter pro Tag ging es so auch nach oben, am Montagnachmittag gegen 16.30 Uhr standen die Treppentürme.
Jetzt steht alles auf der Baustelle still. „Es wäre auch zu gefährlich weiterzuarbeiten, überall ist Schnee und Eis“; so Stockhausen. Die Bauarbeiter seien mit der Bahn nach Hause gefahren. In einigen Tagen werde geklärt, wann die Arbeiten am Community Campus weitergehen können.
Auch auf der Großbaustelle am Viktoria-Karree in der Innenstadt herrscht Stillstand. Weder am Rohbau noch beim begonnenen Ausbau in der Tiefgarage geht es momentan weiter. „Das ist zwar bedauerlich“, sagt Kai Steindl vom Bauherrn HBB. „Aber wir liegen mit der Baustelle gut in der Zeit.“
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Vor allem das dicke Eis macht derweil dem USB zu schaffen. Nachdem die meisten Hauptstraßen wieder zu befahren sind, arbeiten sich die USB-Trupps seit Dienstagmorgen verstärkt in die innerörtlichen Verbindungsstraßen der Streustufe 2 vor. Der Zustand der Fahrbahnen bleibe aber herausfordernd für alle Verkehrsbeteiligten. Aktuell sind 13 Streufahrzeuge im gesamten Stadtgebiet unterwegs. 1240 Kilometer sind zu bewältigen.
USB stellt Müllabfuhr nach wenigen Stunden wieder ein
Die Müllabfuhr des USB ist gegen 8 Uhr erneut eingestellt worden. „Die Jungs haben es versucht, es geht aber nicht“, sagt Sprecher Jörn Denhard. Als großes Problem entpuppt sich die Eisschicht unter dem Schnee. Tiefe Temperaturen und die immer nochvorhandene Eisdecke erschweren Müllabfuhr und Straßenreinigung weiterhin. Die Müllabfuhr stehe vor der Schwierigkeit, an vereiste, oder festgefrorene Abfallbehälter und Müllschränke zu kommen. „Insbesondere gestalten sich die Rollwege bis zur Straße schwierig, da dort bereits geräumte Schnee und Eiswälle den Weg zum Sammelfahrzeug versperren“, sagt USB-Sprecher Jörn Denhard.
Drei Wertstoffhöfe sind geöffnet
Die Müllabfuhr startet am Mittwoch die nächsten Leerungsversuche für alle Abfallarten. Denhard: „In weiten Teilen ist allerdings damit zu rechnen, dass die Leerungen nicht stattfinden können.“ Sperrmülltermine können in dieser Woche voraussichtlich nicht alle eingehalten werden.
Geöffnet haben mittlerweile drei Wertstoffhöfe an der Havkenscheider Straße, In der Provitze und in der Schattbachstraße. Die anderen Höfe werden öffnen, sobald ein gefahrloser Zugang zu den Containern noch gewährleistet ist.
Stürze auf Schnee und Eis häufen sich
Nach Angaben der Polizei hat es zwischen Montag- und Dienstagmorgen in Bochum, Herne und Witten wegen des Schnees 28 Unfälle gegeben. „Glücklicherweise waren es nur Sachschäden“, sagt Polizeisprecher Volker Schütte. Die Polizei hatte 51 Gefahrenstellen im Gebiet des Polizeipräsidiums - davon allein 40 festgefahrene Lastwagen. Zwei Fußgänger stürzten auf vereisten Wegen.
Die Feuerwehr meldet, dass Rettungswagen verstärkt im Einsatz sind, da immer wieder Personen auf Schnee und Eis ausrutschen und stürzen. Insgesamt 17 solcher Einsätze zählte die Leitstelle am Montag, acht weitere bis zum späten Dienstagnachmittag. In drei weiteren Fällen kam es zu Schlittenunfällen im Stadtgebiet. Außerdem mussten am Dienstag in 15 Fällen bedrohliche Eiszapfen entfernt werden, einmal auch eine Schneedecke von einem Dach.
Die Wochenmärkte am Mittwoch und Donnerstag fallen aus. Betroffen sind am Mittwoch: Buddenbergplatz (Innenstadt), Marktplatz Riemke, Marktplatz Werne.. Am Donnerstag fallen diese Märkte aus: Bismarckplatz (Wattenscheid), Am Poter (Linden), Matthäusstraße (Weitmar).