Bochum. Ein Bochumer Naturgärtner fordert ein Verbot von Schottergärten. Gerade in Kleingärten hätten Schotterflächen „explosionsartig zugenommen“.

Der Bochumer Naturgärtner Andreas Schmidt plädiert für ein städtisches Verbot von Schottergärten in Bochum. In Kleingärten zum Beispiel habe die Anzahl von Schotterflächen und Versiegelungen „explosionsartig zugenommen“. Das sei „eine ganz schlimme Entwicklung“. Schotterflächen seien aber „tödlich für den Boden“.

Die Untergrundflächen von Schottergärten werden manchmal mit einer Plastikfolie abgedeckt, etwa Teichfolie, damit kein Unkraut nach oben durch die Steine sprießt und der Eigentümer wenig Arbeit hat. Sie werden vereinzelt auch „Garten des Grauens“ genannt.

Stadt Bochum fördert Rückverwandlung von Schottergärten in blühende Biotope

Ein mit Schotter und Kunststoffelementen dekoriertes Beet befindet sich in der Kleingartenanlage in Bochum. Das ist ökologisch wertlos.
Ein mit Schotter und Kunststoffelementen dekoriertes Beet befindet sich in der Kleingartenanlage in Bochum. Das ist ökologisch wertlos. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Schmidt, Mitglied im bundesweit tätigen „Naturgarten-Verein“, sagte dies angesichts der jüngsten Ankündigung der Stadt, dass sie ab sofort die ökologische Umgestaltung von versiegelten Flächen – zum Beispiel die Rückverwandlung von Schottergärten in blühende Biotope – mit Zuschüssen fördern will.

Der Zuschuss beträgt 50 Prozent der Kosten, die förderungsfähig sind, der Höchstbeitrag liegt bei 25.000 Euro je Antragsteller und Jahr. Das Förderprogramm läuft bis Ende 2022. Gesamtetat für beide Jahre: 600.000 Euro. Förderberechtigte Objekte sind alle privaten Wohngebäude und Grundstücke in ganz Bochum.

Prämie für Naturgärtner gewünscht

„Grundsätzlich finde ich das löblich“, sagt Schmidt, auch wenn es aus Sicht derer, die schon immer einen Naturgarten gepflegt und dies selbst und nicht mit Steuergeldern finanziert hätten, natürlich ungerecht sei. Vielleicht sollte die Stadt auch einmal langjährige Naturgärtner mit einer Prämie belohnen, etwa 500 Euro.

Kirschlorbeer wächst in einem Schotter-Beet in der Kleingartenanlage in Bochum. Aus ökologischer Sicht bringt dies nichts. Dafür ist es pflegeleicht.
Kirschlorbeer wächst in einem Schotter-Beet in der Kleingartenanlage in Bochum. Aus ökologischer Sicht bringt dies nichts. Dafür ist es pflegeleicht. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

In den vergangenen Jahren entdeckte Schmidt auch immer mehr Schotterflächen in Kleingärten. Dabei gelte dort eigentlich der Grundsatz: ein Drittel Ziergarten, ein Drittel Obst- und Gemüsegarten, ein Drittel Erholung. Aber: „Der Faktor Erholung wird mittlerweile über alles gestellt. Der Garten soll möglichst keine Arbeit machen.“ Schotter heize sich auf, sei ein Hitzespeicher. Feinstaub werde nicht gebunden. Der Boden werde gestört, es gebe keinen Humuseintrag, keinen Luft- und Temperaturausgleich. Vögel fänden dort keine Nahrung. Schotterflächen seien „schädlich für die Artenvielfalt“.

Auch Dach- und Fassadenbegrünung wird bezuschusst

Die Stadt Bochum fördert neben der Rückverwandlung von Schottergärten in blühende Biotope seit 2020 auch Fassaden- Dachbegrünungen mit Zuschüssen.Bisher gab es insgesamt zwar erst zwei Bürgeranträge dazu, allerdings gebe es mittlerweile zahlreiche Anfragen und Beratungen.

Im Bundeskleingartengesetz heißt es: „Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.“ Schmidt: „Das ist rechtliche Grundlage genug, um Schotterflächen in Kleingärten zu verbieten.“

Plädoyer für mehr heimische Pflanzen in den Gärten

Vom Kleingartenstadtverband Bochum war trotz Mail-Anfrage von Dienstag bisher keine Auskunft zum Thema zu bekommen.

Höchstens zwölf Prozent einer Kleingartenfläche sollten versiegelt sein, dies sei aber meist schon mit Terrasse und Gehweg aufgebraucht, sagt Schmidt. Er kenne Kleingärten, in denen von 210 Quadratmetern Gesamtfläche 70 versiegelt sei.

Sehr kritisch sieht er auch die Präsenz nicht-heimischer Pflanzen wie Bananenstauden, Kirschlorbeer, Hanfpalmen oder Pampasgras. Heimische Vögel und Insekten würden sie nicht anfliegen. „Wir müssen den Garten aber als ganzes System sehen.“

Die neu gestaltete Verkehrsinsel an der Kreuzung Freigrafendamm/Immanuel-Kant-Straße: Noch mutet sie wie ein Schotterbeet an, tatsächlich stecken dort viele Pflanzen in der Erde, die bald emporwachsen.
Die neu gestaltete Verkehrsinsel an der Kreuzung Freigrafendamm/Immanuel-Kant-Straße: Noch mutet sie wie ein Schotterbeet an, tatsächlich stecken dort viele Pflanzen in der Erde, die bald emporwachsen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Schmidt betont noch einmal, wie enorm wichtig einheimische Pflanzen für die Artenvielfalt in den Gärten sind. „Sie passen wie der Schlüssel zum Schloss und sind Lebensgrundlage für unsere heimischen Insekten und Vögel.“ Beispiele: Glockenblumen, Frühlingsfingerkraut, die echte Schlüsselblume, die Wiesenmargerite, der Blutstorchschnabel, das Johanniskraut. „Natternkopf ist auch ganz wichtig für spezialisierte Wildbienen. Ohne Natternkopf gibt es diese Wildbienen nicht.“

Stadt Bochum legte Kreisverkehr an, der noch aussieht wie ein Schotterbeet, aber keines ist

Die Stadt hat im Dezember vor dem Haupteingang des Hauptfriedhofes (Immanuel-Kant-Straße) einen Kreisverkehr gestaltet, der auf den ersten Blick wie ein Schotterbeet anmutet. Tatsächlich ist es das überhaupt nicht. Unter einer Mulchschicht aus Kalksplitt, die den Boden abmagern wird, wachsen Echter Alant, Lavendel, Berg-Lauch sowie Graslilie. Bis Ostern kommt noch Bergbohnenkraut hinzu. „Wir müssen uns an dieser Stelle einfach gedulden und die Pflanzen wachsen lassen“, heißt es im Rathaus. Die Anlage sei insektenfreundlich und trockenheitsresistent.