Bochum. Der Willkommensstand für Ukraine-Flüchtlinge ist abgebaut. Im Hintergrund gab’s Reibereien zwischen Bahnhofsmission und „Bochum solidarisch“.
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Geknirscht hat es schon lange. Doch jetzt ist die Zweckgemeinschaft zwischen Bahnhofsmission und der Freiwilligen-Gruppe „Bochum solidarisch“ am Bochumer Hauptbahnhof endgültig zerbrochen. Der Willkommensstand, bis vor wenigen Tagen die wichtigste erste Anlaufstation für die Geflüchteten, ist aufgelöst. Die Freiwillen-Gruppe hat ihre Arbeit praktisch eingestellt. Geblieben sind die ebenfalls ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen der Bahnhofsmission.
Als kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine im März des Jahres die Zahl der Flüchtlinge auf manchmal deutlich über 300 Personen pro Tag anstieg, die allein über den Hauptbahnhof in die Stadt kamen, wollten viele Menschen spontan helfen. Deutsche Bahn und Stadt, darin zumindest sind sich bis heute alle einig, reagierten damals prompt und unbürokratisch. Auch die Bahnhofsmission als alteingesessene Hilfsorganisation freute sich über das große Engagement so vieler Menschen, die sich bemühten die oft traumatisierten Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen die Ankunft zu erleichtern.
„Zusammenarbeit wurde zuletzt immer schwieriger“
Andreas Striewe ist einer der Aktiven von „Bochum solidarisch“. Er bedauert, wie das eigentlich sehr erfolgreiche Engagement vor einigen Tagen zu Ende gegangen sei. „Dass die Zahl der Flüchtlinge zuletzt deutlich abgenommen hat und die Bahn als Grund für das Ende des Stands ‘versperrte Fluchtwege’ genannt hat, ist nur die Oberfläche. Tatsächlich gestattete sich die Zusammenarbeit zwischen Bahnhofsmission und uns zuletzt immer schwieriger.“
Das ergänzt Sven Radke von „Bochum solidarisch“: „Wir haben in unserer Arbeit gelernt, dass spontane Initiativen wie unsere es schwer in Bochum haben. Wir wurden von der Stadt Bochum in Kommunikationsprozesse nur wenig eingebunden. Lieber bleiben etablierte Hilfsstrukturen, wie die Bahnhofsmission oder die Bochumer Ehrenamtsagentur unter sich.” Dabei habe es sehr wohl eine gute Rückmeldung vonseiten der Geflüchteten gegeben, denn Hilfe sei doch mehr als das Verteilen von Nahrung und Wasser.
„Menschen in Notlagen schnell und kostenlos helfen“
Sozialarbeiterin Daria Sengüner ist Leiterin der Bahnhofsmission. Sie bestätigt, dass die Zusammenarbeit schwierig gewesen sei. „Es geht doch darum, die Menschen in der Notlage schnell und kostenlos zu vermitteln. Natürlich haben auch die Freiwilligen einen tollen Job gemacht, sie können ihr Engagement jetzt selbstverständlich bei uns einbringen“, sagt sie. Gemangelt habe es aber an Professionalität.
Tatsächlich dürfte von diesem Angebot kaum jemand Gebrauch machen. Auch der vor einigen Wochen von der Stadt aufgestellte Container als möglicher Stützpunkt für die Gruppe „Bochum solidarisch“ unmittelbar vor dem Hauptbahnhof bleibt ungenutzt. Andreas Striewe glaubt nicht mehr daran, dass es dort weitergeht. „Wir hatten zum Teil bis zu 36 Aktive, darunter auch Dolmetscher. Doch jetzt haben sich viele Leute wieder anders orientiert.
Bahnhofsmission ist für die Bahn ein wichtiger Partner
Die Deutsche Bahn will weiter mit der Bahnhofsmission zusammenarbeiten, „die machen dort seit vielen Jahren eine gute Arbeit und sind unsere Partner“. Wie ein Sprecher mitteilt, sei es wichtig, einen verlässlichen Partner zu haben. Schließlich seien der Bahnhofsmission auch am Bochumer Hauptbahnhof die entsprechenden Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt worden.
Vergeblich sei laut Striewe das Engagement von „Bochum solidarisch“ auf keinen Fall gewesen. Mittlerweile gebe es einige neue Anlaufpunkte für die jetzt in Bochum lebenden ukrainischen Flüchtlinge. Es beginne sich ein Netzwerk aufzubauen, darunter viel in Selbsthilfe.