Bochum-Kornharpen. Italienische Familie kämpft um den Erhalt ihres Kegel-Restaurants, die Gäste steht hinter ihr. Warum die Stadt Bochum den Pächtern gekündigt hat.
Ende Januar soll nun endgültig Schluss sein: Die Familie Murino muss ihr „La Piazza“-Kegelzentrum in Kornharpen aufgeben. Die Stadt Bochum hat ihr die Pacht gekündigt, will das Grundstück verkaufen. „Wir sehen uns in unserer wirtschaftlichen Existenz gefährdet“, sagt Junior-Chef Luca Murino.
Ihr Kegelzentrum befindet sich im Gewerbegebiet an der Kornharpener Straße. Vor acht Jahren haben Luca und Vater Pasquale Murino die Gaststätte von der Stadt gepachtet. „Wir versuchen seit 2017, das Grundstück zu erwerben, doch es hieß immer, dass die Stadt nicht verkaufen wolle“, so Luca Murino. 77 private Kegelclubs nutzten die Bahnen jeden Monat, der Betrieb laufe gut.
Kegelzentrum: Stadt Bochum wollte nicht an Pächter verkaufen
Nun gehen die ca. 5000 Quadratmeter an die benachbarte Spedition Jacobi, die ihren Betrieb erweitern will. Die Stadt hat das Grundstück nicht öffentlich ausgeschrieben. Vielmehr wird es durch die Wirtschaftsentwicklung vermarktet. Das gilt allgemein für städtische Grundstücke, die der Strukturverbesserung heimischer Unternehmen dienen, so Ingbert Ridder vom Liegenschaftsamt.
„Der Firmeninhaber Jacobi war erstaunt über die öffentliche Aufregung im Stadtteil. Der Betrieb existiert seit 1910 in Bochum und wächst kontinuierlich. Die Zahl der Beschäftigten steigt auf über 110. Jacobi ist ein wichtiger Arbeitgeber in Bochum“, erklärt Ridder.
Wirtschaftsentwicklung meldete dringenden Bedarf an
Zum Hintergrund: Das Grundstück war im Erbbaurecht an den früheren Bochumer Keglerverein vergeben. Dieser hat sich jedoch wegen schwindendem Interesse am Kegeln als Vereinssport 2015 aufgelöst und ging in die Insolvenz. Seither gibt es in Bochum keinen Verein mehr, der Kegeln als Vereinssport anbietet. Die Murinos wurden Pächter des Keglervereins.
Logistiker für Privatkunden
Die Firma Meinolf Jacobi GmbH ist auf dem Gebiet der Privatkundenlogistik tätig und hat ihren Unternehmenssitz am Harpener Hellweg in Nachbarschaft zur Kornharpener Straße.Das Bochumer Unternehmen versteht sich als Logistikpartner für den E-Commerce, Versandhandel, stationäre Händler und Hersteller.
Schon bald darauf hat die Wirtschaftsentwicklung für das Kornharpener Grundstück dringenden Bedarf angemeldet, so Ingbert Ridder. Er betont: Es gebe keinen Bestandsschutz mehr. Die Stadt habe zu jeder Zeit mit den Pächtern im Gespräch gestanden. „Im Frühjahr 2020 wurde den Pächtern gekündigt, das haben sie unterzeichnet. Die Pacht wurde bis Ende 2020 verlängert, 2021 wurde eine Nutzungsvereinbarung unterschrieben, wonach der Gastronomiebetrieb Ende 2021 geschlossen werden soll. Die Familie hat sogar zugestimmt, die Schlösser auf eigene Kosten austauschen zu lassen, wenn sie bis dahin das Grundstück nicht verlassen hat.“
Ridder: „Wir sind nicht dazu da, um verbilligt Grundstücke an Gastronomen zu vergeben.“ Er rät den Murinos, sich auf dem Markt umzuschauen: Es gebe viele Kneipen in Bochum, für die Nachfolgepächter gesucht würden.
Politik beklagt Ausbluten des Stadtteils Kornharpen
Die CDU im Bochumer Norden findet: „Eine Sportstätte mit Bürgertreff zu schließen, erscheint nicht nachvollziehbar und schwächt Kornharpen weiter. Damit wäre definitiv der letzte Ort für Veranstaltungen im Stadtteil verloren“, so Hubert Wegener. Er sagt: „Kornharpen hat keine Begegnungsstätten mehr.“ Städtebaulich seien Maßnahmen nötig, um den Stadtteil am Leben zu erhalten.
Snezana Curuvija (SPD) pflichtet bei: „Wir müssen für junge Menschen Treffpunkte schaffen.“ Christian Schnaubelt von den Grünen findet den Standort an der Kornharpener Straße nicht ideal für ein Kegelzentrum. „Es ist richtig, ihn dem Gewerbe zuzuführen. Auch im Bochumer Norden gibt es genügend andere Möglichkeiten für einen Umzug.“
Auch interessant
Luca Murino gibt noch nicht auf: „Unser Vorschlag: 2000 Quadratmeter gehen an die Spedition, der Rest an uns. So könnten wir bleiben.“ Die Familie hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der Unstimmigkeiten in den Verträgen entdeckt haben will. Zudem stehen die Restaurantgäste hinter der Familie: „Binnen eines Monats haben wir 700 Unterschriften gegen den Abriss des Gebäudes gesammelt.“ Die wurden bereits an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) verschickt.