Bochum. Party-Total nach dem VfL-Sieg über die Bayern. Das Bermudadreieck sieht sich einem Riesen-Ansturm feierlustiger Bochum-Fans gegenüber.

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Als hätten sie es geahnt. Die Fans des VfL Bochum haben sich schon zeitig ins Bermudadreieck begeben. Doch was dann passierte, haben sicher nur die ganz Verrückten zu träumen gewagt. WAZ-Mitarbeiterin Marie Illner war während des kompletten Spiels in der Kneipenmeile unterwegs und wird an dieser Stelle einen aktuellen Stimmungsbericht liefern.

In der Mississippi-Bar sind sich die Fans schon ganz früh sicher. „Jetzt packen wir es!“.
In der Mississippi-Bar sind sich die Fans schon ganz früh sicher. „Jetzt packen wir es!“. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Wahnsinn, eine unglaubliche Geschichte

„Wahnsinn“, „Eine unglaubliche Geschichte“, „Phänomenal“ - die Fans des VfL Bochums finden gar keine Worte für den 4:2 Sieg über den Rekordmeister Bayern. „Das ist unfassbar“, sagen auch Vivien und Dirk Heinach, die in der Bermuda-Kneipe „Three Sixty“ das Spiel verfolgt haben. „Ich habe gestern noch gesagt: ’Die gewinnen!’“, sagt Dirk Heinach. Nun ärgert sich das Paar schon, dass es keine Sportwette abgeschlossen hat. Nach der 0:7-Niederlage in der Hinrunde hatte tatsächlich kaum ein Fan mit drei Punkten für Bochum gerechnet. „Wir bleiben auf jeden Fall noch länger hier“, sagen die Heinachs.

VfL-Fan: „Neuer Feiertag für Bochum“

Auch Michael Rösner hat seine Pläne kurzfristig geändert: „Als wir die Jubelschreie bis in den Stadtpark gehört haben, sind wir wieder zurück in die Stadt gekommen“, sagt der Bochum-Fan, der die letzten Spielminuten aus der Fußgängerzone im Bermuda-Dreieck verfolgt hat. Mehrere haben es ihm nachgetan: Auch vor dem „Mississippi“ reihten sich mehrere Fans zum Spielverfolgen ein.

Sarah Janhaoui (mit VfL Fahne, links) und Verena Schmelz, (grüne Jacke, rechts), freuen sich im Bermudadreieck über den Sieg des VfL Bochum.
Sarah Janhaoui (mit VfL Fahne, links) und Verena Schmelz, (grüne Jacke, rechts), freuen sich im Bermudadreieck über den Sieg des VfL Bochum. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Ein VfL-Fan sieht bereits einen neuen Feiertag in Bochum. „Die Bayern haben die Bochumer komplett unterschätzt und gedacht, sie könnten uns einfach in den Sack packen!“, sagt er. Am emotionalsten sei für ihn das Ausgleichstor in der 14. Minute gewesen. „Und dann kam ein i-Tüpfelchen nach dem nächsten“, so der Bochumer.

Fans völlig überrascht von Sieg

Vor dem Spiel waren die Hoffnungen auf einen Sieg doch eher gering: „Schon ein Unentschieden wäre ein Sieg“, hatten Klara S. und Adam P. gesagt. Bei „Max Frittur“ hatten sie sich im Kneipenviertel mit Pommes und Frikandel eingedeckt.

„Eigentlich wollten wir ins Stadion, aber trotz unserer Dauerkarten haben wir keine Tickets bekommen“, ärgerten sich die Beiden. Ihrer Freude auf das Spiel hatte das aber keinen Abbruch getan: „Wir sind zugezogen und waren ursprünglich Freiburg- und Dortmund-Fans“, geben die Beiden zu. Die bombastische Stimmung bei den Bochum-Spielen hätte sie aber zu VfL-Fans gemacht.

Vorfreude und Aufregung zuvor

Die Brasilianerinnen Julia Witt und Andresa Caires können das bestätigen. „Wir leben seit fünf Jahren hier und sind seit Anfang an Fans“, sagen sie. Ihre Hoffnung vor dem Spiel: „Dass Bochum nicht so hoch verliert“. Schon anderthalb Stunden vor Anstoß hatten sie sich im Bermuda-Dreieck eingefunden. „Wir sind einfach so aufgeregt!“

Realistischerweise würden sie auf ein „2:1 für Bayern“ tippen. „Hauptsache Bochum schießt ein Tor“, sagten die Beiden. Am besten Danilo Soares, so der Wunsch. „Den feuern wir besonders an“, sagten sie über ihren Landsmann.

Letzter Sieg liegt lange zurück

Dieter Stollenwerk war hingegen das ganze Spiel über ziemlich entspannt. „Ich kenne den Verein schon ewig, es kommt wie es kommt“, sagte er, während er im Trikot die Vorberichterstattung an der Theke des „Three Sixty“ beobachtete. „Es ist allerdings schon über zehn Jahre her, dass ich Bochum das letzte Mal über Bayern habe siegen sehen“, so Stollenwerk. Auch, nachdem Bochum schon 0:3 gegen Bayern zurückgelegen hätte, seien sie am Ende schon mit einem Punkt vom Platz gegangen.

Fan-Freundschaft zwischen den Vereinen

Für Britta Schut und Diana Schücker konnte das Spiel ohnehin nur ein positives Ende nehmen: Schücker war extra aus Bayern zu Besuch gekommen. „Ich komme aber ursprünglich aus NRW, deshalb schlagen in meiner Brust zwei Herzen“, gab sie zu. Ähnlich auch bei Schut: „Mein Mann ist Bayern-Fan, ich halte zum VfL. Die Beziehung hält das aber aus“, sagte sie und lachte. Schließlich verbinde den VfL Bochum und den FC Bayern München eine Fan-Freundschaft.

Die Männer hätten allerdings Tickets fürs Stadion ergattert. „Leider gab es nicht genug“, sagen die Frauen. Um des Friedens willen hatten sie insgeheim auf ein Unentschieden gehofft. „Die Niederlage aus der Hinrunde ist aber auch schon wieder vergessen“, meinte Schut. Im Fußball gelte eben: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Mund abwischen und weitermachen!“. Nach dem heutigen Sieg über Bayern dürften die meisten Fans die Zeit „nach dem Spiel“ aber noch gebürtig feiern wollen.

Blick in die Spielhistorie

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Im Pokal und in der Liga kassierte der VfL Bochum zuletzt acht Heimniederlagen in Folge gegen die Bayern. Zuletzt siegten die Bochumer vor über 15 Jahren: Am 14. Februar 2004 mit 1:0. Beim 0:7 im Hinspiel kassierte der VfL hingegen die höchste Niederlage seiner Bundesliga-Geschichte. Unentschieden trennten sich die Vereine zuletzt 2008 (3:3) und 2007 (1:1).

Rasch bildeten sich Schlangen vor den einschlägigen Kneipen im Dreieck. Aufgrund der Corona-Bedingungen war der Zutritt reglementiert..
Rasch bildeten sich Schlangen vor den einschlägigen Kneipen im Dreieck. Aufgrund der Corona-Bedingungen war der Zutritt reglementiert.. © WAZ | Marie ILLNER

Lange Schlangen vor den Bermuda-Kneipen

Im Bermudadreieck hatten sich schon vor dem Anpfiff lange Schlagen vor den einschlägigen Kneipen gebildet. Längst nicht jeder Fan konnte noch einen der begehrten Plätze ergattern. Unmittelbar nach dem Abpfiff meldete eine gut aufgelegte Polizistin aus der Leitstelle der Polizei: „Noch ist alles ganz normal.“ Es waren ja aber auch nur 10.000 Fans unter den aktuellen Corona-Bedingungen im Stadion erlaubt. Aber was heißt schon normal an diesem Ausnahmetag. Auch am späteren Abend blieb alles im Rahmen: „Uns liegen keine besonderen Vorkommnisse vor. Alles soweit friedlich“, hieß es aus dem Polizeipräsidium.