Bochum. Exportorientierte Unternehmen aus Bochum leiden besonders unter der Corona-Krise. Auftragseinbrüche und Kurzarbeit sind die Folge.

"Made in Bochum" hat weltweit einen guten Klang. Industriearmaturen von Bomafa, Bergbaumaschinen von Eickhoff, Schneeräumlippen von Küper, Eisenbahnradsätze von BVV, Wärmetauscher von Kelvion -- das und vieles mehr wird in Bochum hergestellt und in Länder rund um den Globus geliefert. Die Corona-Krise macht den exportorientierten Firmen nun allerdings mächtig zu schaffen.

Zumal die Krise nicht nur eine Region oder einen Kontinent betrifft, sondern die ganze Welt. "Bislang war es immer so, wenn nichts in China geht, dann vielleicht in Südamerika oder anderswo", so Friedrich Appelberg, Geschäftsführer von Bomafa, einem Hersteller von Industriearmaturen in Wattenscheid. Und wenn es in Europa oder Amerika eng wurde, liefen die Geschäfte in Asien besser. Das ist diesmal anders.

Austausch mit China und Italien stark beeinträchtigt

"Exportorientierte Unternehmen haben relativ zügig Corona gespürt", sagt Jörg A. Linden, Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet. Das gelte sowohl für den Export ihrer Produkte als auch für den Import von Teilen, die zur Produktion benötigt werden. Stark betroffen sei etwa der Austausch mit Ländern wie China und Italien. In der jüngsten IHK-Umfrage zu den Auswirkungen von Corona erklärt die Hälfte aller Industriebetriebe mit Exportorientierung, negative Auswirkungen seien zu spüren. Und: Sollten der Shutdown in vielen Ländern und die Grenzbeschränkungen noch deutlich länger anhalten, "wird sich das bei zwei Drittel der Unternehmen sehr nachhaltig auswirken", so der IHK-Sprecher.

"Es ist eine kritische Zeit, eine echte Herausforderung", gesteht Ulf Achenbach, der in diesen bewegten Tagen die Geschäftsführung bei der Eickhoff-Gruppe, einem der großen Bochumer Traditionsunternehmen, übernommen hat. Denn: Zu weit mehr als 50 Prozent lebt Eickhoff vom Auslandsgeschäft. Und das lahmt, nachdem das Coronavirus die ganze Welt erfasst hat. Für bis zu 20 Prozent der etwa 1000-köpfigen Belegschaft gilt momentan Kurzarbeit. Die Herausforderung sei, so Achenbach, den Spagat zu schaffen zwischen Lieferfähigkeit und Kosteneinsparung.

Eickhoff-Bergbau exportiert zu 100 Prozent

"Unsere Lieferketten funktionieren noch recht gut", so der 50-jährige gebürtige Rheinländer, der in Metallurgie und Werkstofftechnik promoviert hat. Verzögerungen ließen sich durch die Umstellung von Prozessen überbrücken. Aber: "Wir sind exportabhängig." Die wiedererstarkte Bergbausparte, die derzeit etwa die Hälfte des Geschäfts ausmacht, lebt nach dem Aus der Steinkohlebergbaus in Deutschland gar zu 100 Prozent vom Export. Bei der Windenergie ist der Hauptabnehmer zwar ein deutsches Unternehmen: Nordex. Aber das baut nach Achenbachs Einschätzung zu weit mehr als 50 Prozent Windanlagen im Ausland.

Und dort stehen die Dinge zum Teil schlechter als in Deutschland. Storniert worden sei zwar noch kein Auftrag. Aber die fertigen Produkte können zum Teil nicht ausgeliefert werden, Zahlungen bleiben daher aus, die Kreditlinien müssen länger werden. Vor allem die Liquidität ist daher gerade eine großes Thema im Haus. Immerhin: "Unsere Banken wissen dass unser Geschäft gesund ist", so der neue CEO.

Vier-Tage-Woche bei Bomafa

Auf eine gesunde Basis setzt auch Bomafa-Chef Friedrich Appelberg. "Wir haben keine Schulden, der Vermieter unseres Werks ist mein Vater." Das sind gute Voraussetzungen für das 101 Jahre alte Unternehmen, um die Corona-Krise zu meistern. Das komplette Servicegeschäft des Spezial-Maschinenbauers ist zum Erliegen gekommen, weil Bomafa-Leute weltweit derzeit nirgendwo in die Werke gelassen werden --  "oder weil nicht einmal Flugzeuge fliegen", so Appelberg. Neue Produktionsaufträge bleiben aus. Das Werk in Indien musste schließen, weil dort der Lockdown die Wirtschaft zum Erliegen gebracht hat. Auch das hat Auswirkungen auf Bochum, weil zentrale Komponenten hier gefertigt werden.

Da kommt ein Großauftrag ausgerechnet aus dem Inland gerade zur rechten Zeit. Bomafa liefert die Armaturen für das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, das Siemens im Auftrag von Evonik im Chemiepark Marl errichtet. Damit fällt Arbeit bis zum Ende des Jahres an, derzeit macht der Auftrag etwa 70 Prozent des Produktionsvolumens aus. "Das ist unser Glück", so Friedrich Appelberg.

Bomafa-Chef lobt Instrument Kurzarbeit

Trotzdem gibt es auch in Wattenscheid Kurzarbeit. "Ein exzellentes Instrument gerade in einer solchen Situation", lobt der Firmen-Chef die Möglichkeit, staatliche Hilfe zur Überbrückung in Anspruch zu nehmen. Gearbeitet wird bei Bomafa momentan nur an vier Tagen in der Woche. Der Geschäftsführer selbst verzichtet bis auf weiteres auf zehn Prozent seines Gehalts.

Bei Kelvion haben sie bislang Kurzarbeit vermeiden können. Aber Geschäftsleitung und Betriebsrat verhandeln über deren Einführung, so Unternehmenssprecherin Karin Pyc. Der weltweit tätige Konzern hat seine Zentrale im Thelen-Gewerbepark in Riemke und unterhält eines seiner zahlreichen Werke wenige hundert Meter weiter auf Herner Stadtgebiet.

Kelvion produziert noch uneingeschränkt

Dort laufe die Produktion für Wärmetauscher noch uneingeschränkt, da die Nachfrage aus den DACH-Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz ebenso stabil sei wie die Lieferketten. "Bislang hatte der Ausbruch von Covid-19 nur geringe Auswirkungen auf die allgemeine Lieferfähigkeit von Kelvion", so die Unternehmenssprecherin.