Bochum-Wiemelhausen. In 20 Sekunden eine Hauptstraße überqueren? Die kurze Grünphase an einer Kreuzung in Bochum ärgert viele. Die Antwort der Stadt überrascht.
Kaum ist die Ampel auf Grün gesprungen, wechselt das Ampelmännchen auch schon wieder die Farbe. „Rot, stehenbleiben“, heißt es dann erneut. Über die komplette Straße hat man es dann noch nicht geschafft, die Wartezeit beginnt von Neuem – auf der Mittelinsel. So ist das Bild an der Kreuzung Markstraße/Königsallee in Bochum-Wiemelhausen. Die kurze Grünphase bei der stadtnäheren Straßenquerung nervt dort viele.
Bochum: Kurze Grünphase auf großer Kreuzung ärgert viele Fußgänger
„Ich bin nur ganz knapp rübergekommen“, sagt Schülerin Liese (12). Sie kenne die Ampel aber durch Besuche bei ihrer Schulfreundin Hannah bereits und lege extra einen schnellen Schritt ein. „Mit einem Rollator oder einem Kinderwagen hätte ich das bestimmt nicht geschafft“, sagt das Mädchen.
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Es sei überhaupt nicht eindeutig, ob man nun die Markstraße im Ganzen überqueren könne und solle, oder ob es vorgesehen sei, in der Mitte zu warten. Heißt: Wer die Straße als Fußgänger zum ersten Mal überquert, läuft fast automatisch in eine Rotphase hinein.
Das sehen auch Anastasia und Daniel H. so, die gerade mit Kinderwagen und ihrem Hund, einem Australian Shepherd, auf der anderen Seite angekommen sind. „Wir mussten in der Mitte warten. Wenn man sich beeilt, läuft man Gefahr, halb bei Rot zu laufen“, sagt Daniel H.
Kurze Grünphase: Fußgänger erst nach Minuten auf der anderen Seite
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Die kurze Grünphase sei ihnen schon mehrfach aufgefallen. „Wenn man dann in der Mitte warten muss, dauert die Überquerung insgesamt mehrere Minuten“, sagt das Pärchen. Kein Vergleich zu den Autofahrern, die viel schneller wieder vom Fleck kommen.
Auch Milena Hagen kennt die Ampel an der Kreuzung in Weitmar/Wiemelhausen. „Das ist wirklich nervig“, sagt sie. Besonders wenn sie mit ihrem Sohn unterwegs sei, könne das lange Warten in der Mitte zum Verhängnis werden.
Gesetz sieht pauschale Grünzeiten nicht vor
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„Dann wacht er nämlich in der Mitte auf, das ist ja auch ziemlich laut durch den Verkehr“, sagt sie. Am schwierigsten sei es, wenn man aus Richtung Weitmar-Mark komme. Die Ampel auf dieser Seite springt nämlich erst als zweite auf Grün. Selbst ohne Kind habe sie aber Schwierigkeiten, in einem „Rutsch“ über die Ampel zu kommen. Beim Praxistest mit der WAZ zeigt die Stoppuhr etwa 20 Sekunden.
Pauschale Grünzeiten gibt es im Gesetz allerdings nicht. Wie lange eine Fußgängerampel Grün zeigt, hängt demnach vor allem von der Straßenbreite ab und berechnet sich aus der Gehgeschwindigkeit – etwa 1,2 Meter pro Sekunde. Die Grünphase soll dann mindestens so lange dauern, dass man die Mitte der gegenüberliegenden Fahrbahn erreicht – also etwa drei Viertel der Straße überqueren kann.
Grünphase zu kurz? Die Antwort der Stadt Bochum überrascht
Aber auch, wenn ein Passant die Straße erst in der letzten Sekunde der Grünphase betritt, muss er noch ausreichend Zeit haben, den gegenüberliegenden Bordstein zu erreichen – deshalb gibt es die „Schutzzeit“ zwischen „Rot“ für Fußgänger“ und „Grün“ für Autos.
360 Ampeln in Bochum
Im Bochumer Stadtgebiet gibt es derzeit 360 Ampeln, 330 werden durch das Tiefbauamt unterhalten. Davon sind 260 an den Verkehrsrechner im Rathaus angeschlossen sind, sodass auf Störungen schnell reagiert werden kann.Neben der Unterhaltung von Lichtsignalanlagen kümmert sich die Verkehrstechnik auch um Beschilderungen, Sicherheitseinrichtungen, Fahrbahnmarkierungen und die Koordinierung von Straßenbaumaßnahmen.
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Die Stadt sieht keinen Anlass für eine Verlängerung der Grünzeit. „Kreuzungsampeln haben die Eigenart, den Verkehr nicht nur für eine, sondern für mindestens zwei Straßen und auch nicht nur für eine, sondern mindestens für zwei Arten der Fortbewegung zu regeln“, erinnert Stadtsprecher Peter van Dyk. Die Signalschaltung sei äußerst komplex, das falle besonders dann auf, wenn man nicht nur die Fußgänger-Perspektive einnehme, sondern auch die anderen Verkehre betrachte.
„Eine vollständige Querung der Königsallee bei Grün ist bei einer so großen Kreuzung aus Gründen der Leistungsfähigkeit leider nicht möglich“, sagt van Dyk. Heißt: In einem durch über die Ampel zu kommen, ist gar nicht angedacht.
Stadt Bochum: Bei Änderung entstehen lange Staus auf der Königsallee
„Um einem mobilitätseingeschränkten Personenkreis die vollständige Querung zu ermöglichen, müsste die Grünzeit der Königsallee um mindestens 15 Sekunden gekürzt werden“, erläutert der Stadtsprecher. Mit negativen Effekten für die Autofahrer allerdings: „Dies würde bedeuten, dass sich der Rückstau im Spitzenverkehr in einer Stunde um ca. 1800 Meter verlängern würde“, rechnet van Dyk vor. Kilometerlange Staus auf der Königsallee seien die Folge.