Bochum. In der Verwaltung verbraucht allein die Stadt Bochum 20 Millionen Blatt Papier im Jahr. Die FDP-Fraktion will das ändern und macht Vorschläge.
Papier ist geduldig, heißt es. Und es sammelt sich ganz schnell in großen Mengen an, wie jeder weiß, der täglich Rechnungen, Postwurfsendungen und Reklame erhält. Allein die Stadt Bochum benötigt für die Verwaltungsarbeit jährlich 100.000 Tonnen Papier. Eine Menge, die vielleicht so fassbarer wird: Es sind 20 Millionen DIN-A4-Blatt Papier, die – aufgetürmt – einen zwei Kilometer hohen Berg ergeben.
54.000 Blatt Papier jeden Tag
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„Das ist so hoch wie der Schneeberg im Fichtelgebirge oder ungefähr die Strecke vom Rathaus bis zum Ruhrstadion“, hat Felix Haltt, Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, errechnet. Seine Fraktion macht sich dafür stark, den Papierverbrauch in der Bochumer Verwaltung möglichst schnell und möglichst deutlich zu senken.
Denn: „Solange die Beschäftigten der Verwaltung noch auf schriftliche Akten angewiesen sind, wird es weiterhin Papierberge geben. An jedem Tag im Jahr über 54.000 Blatt Papier verbrauchen zu müssen, fast zwei Tonnen Papier pro Woche, das ist einfach nicht zeitgemäß und schreit nach Modernisierung.“ Die Trendwende zur papierlosen Verwaltung müsse unbedingt beschleunigt werden.
Start-up der Start entwickelt Software
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Die Lösung dafür soll u.a. die möglichst schnelle Einführung der elektronische Akte sein. Andere Behörden sind diesen Weg bereits gegangen, so etwa das Jobcenter Bochum. Die Stadt bereitet ihre Einführung für die gesamte Verwaltung bis Oktober 2024 vor. Das stadteigene Start-up-Unternehmen Shift Digital arbeitet dafür an einer Software. Sie soll die digitale Weiterleitung, Genehmigung oder Ablehnung von Dokumenten bzw. Sachverhalten ermöglichen.
Auf erste Erfolge auf dem Weg zum papierlosen Büro weist die Verwaltung hin. So sei 2017 die elektronische Rechnungseingangsbearbeitung eingeführt worden. Aktuell werde sie von 28 Fachämtern genutzt. 98 Prozent des gesamten Rechnungsvolumens der Stadt Bochum werde elektronisch bearbeitet.
18.000 Tonnen Papier weniger
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Noch in der Amtszeit des früheren Kämmerers Manfred Busch hatte ein Gremium unter dem Namen „Strategische Haushaltsentwicklung“ begonnen, Vorschläge zur Optimierung von Arbeitsprozessen zu machen. Dazu gehörte auch die Einsparung von Papier.
Erste Fortschritte sind gemacht. Statt 100.000 kg Papier Jahr 2020 hatte Bochum 2019 noch mehr als 118.000 Tonnen Papier verbraucht. Weil erste Schritte zu digitalen Angeboten gewirkt haben; aber auch weil durch die Corona-Pandemie viele Mitarbeiter daheim gearbeitet und weniger ausgedruckt haben, hat sich der Papierverbrauch spürbar reduziert. Das spiegelt sich auch beim Verbrauch von Druckerpatronen wider: 2019 wurden 985 Druckerpatronen und 1923 Toner genutzt, 2020 waren es 691 Patronen und 1002 Toner.
Jeden Monat kommen 36.000 Poststücke
Zur papierlosen Verwaltung gehört auch, den bisherigen Aktenbestand und per Post zugeschickte Unterlagen zu digitalisieren. „Monatlich erreichen die Stadt Bochum etwa 36.000 Poststücke“, so die Verwaltung. Sie einzuscannen, verursacht Arbeit. Aber: Damit entfällt der Aufwand, große Mengen Papier zu transportieren, zu verteilen und bei Bedarf zu vervielfältigen. Und: „Dokumente können mehreren Personen ohne Zeitverlust und Papierverbrauch zur Verfügung gestellt werden.“
Beim Scannen der Aktenbestände soll jetzt deutlich Fahrt aufgenommen werden. Seit dem 1. März wurden bereits mehr als 500.000 Blatt Papier digitalisiert. Die bisherige Lizenz zum Scannen von 600.000 Blatt Papier pro Jahr wird auf 10.000.000 Blatt ausgeweitet. „Dies entspricht – grob geschätzt – dem Papierbestand des Amtes für Soziales und des Jugendamtes“, so die Verwaltung.
Digitale Leistungen auf der Plattform „Mein Bochum“
Deutlich ausgedehnt werden soll der digitale Service. Das Serviceportal „Mein Bochum“ soll als Plattform für elektronisch nutzbare Verwaltungsdienstleistungen dienen. Digital sollen auf dem Schulportal Bochum alle Dienstleistungen und Arbeitsabläufe, die mit den Bochumer Schulen zusammenhängen, erledigt werden.
80 Prozent aller Leistungen bis 2030 digital abrufbar
Das Ziel der Stadt sieht so aus: Bis zum Jahr 2030 sollen bis zu Prozent aller städtischen Dienstleistungen online verfügbar sein.
Aus Sicht von Felix Haltt ist das unabdingbar: „Nachdem viele Mitarbeiter der Verwaltung im Homeoffice erleben konnten, dass die Arbeit auch digital erledigt werden kann, muss diese Entwicklung weiter beschleunigt werden.“