Bochum. Vier Corona-Tote an einem Tag: Das gab’s in Bochum noch nie. Doch wie ist es um die Gesamtzahl der Sterbefälle bestellt? Die Daten überraschen.

Die Corona-Entwicklung in Bochum bereitet zunehmend Sorge. Erstmals wurden am Mittwoch vier Todesfälle an einem Tag gemeldet. Am Donnerstagabend wurde der Tod eines weiteren Corona-Patienten bekannt: Ein 78-jähriger Mann starb im Bergmannsheil. Ärzte warnen vor neuen Covid-19-Opfern und drohenden Engpässen in den Kliniken. Die Gesamtstatistik indes weist einen gegenteiligen Trend aus: Die Zahl der Sterbefälle in Bochum ist in diesem Jahr bisher deutlich geringer als im Vorjahr.

2920 Bürgerinnen und Bürger sind in Bochum zwischen Januar und September 2020 gestorben. Das besagt die jüngste Erhebung der Stadt (Quelle: Sachgebiet Statistik und Wirkungscontrolling). Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 3253 Sterbefälle; im gesamten Jahr 4316. Trotz Corona dürfte dieser Wert bis Ende 2020 kaum erreicht werden.

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© funkegrafik nrw | Selina SielaffMarc Büttner

Corona in Bochum: Infizierte werden immer jünger

Eine Erklärung liefert das Robert-Koch-Institut. Täglich neu ermittelt es anhand der übermittelten Daten des Gesundheitsamtes, wie alt die Corona-Infizierten sind. Waren zu Beginn der Pandemie vor allem Senioren betroffen, hat sich das Infektionsgeschehen gewandelt.

An der Spitze in Bochum (RKI, Stand 3. Dezember) rangiert nun die Altersgruppe 15 bis 34 Jahre mit bislang 1950 bestätigten Corona-Fällen, nahezu gleichauf mit den 35- bis 59-Jährigen (1922 Fälle). Erst mit deutlichem Abstand folgen die so oft erwähnten Hauptrisikogruppen: die 60- bis 79-Jährigen mit 537 sowie die hochbetagten Senioren über 80 mit 216 Infizierten. Dazwischen finden sich die Kinder und Jugendlichen zwischen fünf und 14 Jahren mit 457 positiven Tests wieder.

So alt waren die 52 Corona-Toten

Die Tendenz ist eindeutig: Die Corona-Infizierten werden immer jünger. Die Corona-Todesfälle in Bochum verharren derweil – gemessen an den Gesamtzahlen – bei Werten unter einem Prozent. 5470 seit dem Frühjahr bestätigten Ansteckungen stehen – Stand 3. Dezember – 52 Sterbefälle im Zusammenhang mit Corona gegenüber.

Die häufigsten Todesursachen in Bochum

Woran die Bochumer 2019 am häufigsten gestorben sind , haben die Statistiker des Landesamtes IT.NRW ermittelt.

Todesursache Nummer 1 waren „bösartige Neubildungen“ – also Krebs. 1166 Menschen (das waren 26,3 Prozent aller Todesfälle) verloren den Kampf gegen einen bösartigen Tumor: meist der Verdauungs- (332), Atmungs- (274) und Genitalorgane ((119).

Mit 26 Prozent folgten nahezu gleichauf Krankheiten des Kreislaufsystems. 2019 starben 701 Bochumer etwa an den Folgen von Bluthochdruck oder eines Herzinfarktes.

An dritter Stelle listen die Statistiker mit 7,1 Prozent Krankheiten des Atmungssystems auf. 315 Sterbefälle sind hier zu beklagen.

Krankheiten des Verdauungssystems waren bei 198 Bochumern die Todesursache (4,5 Prozent).

Auf WAZ-Anfrage hat die Stadt aufgelistet, wie alt die bisherigen Corona-Toten in Bochum waren. Ergebnis: 21 Verstorbene waren zwischen 80 und 89 Jahre (so auch die drei Männer, die in dieser Woche im St.-Josef-Hospital gestorben sind). Zwölf Verstorbene waren zwischen 70 und 79 Jahre, acht zwischen 90 und 99 Jahre. Die Jüngeren stehen am Ende der traurigen Tabelle: die 50- bis 59-Jährigen und die 60- bis 69-Jährigen mit jeweils fünf Todesfällen sowie die 40- bis 49-Jährigen mit einem Todesfall.

Im St.-Josef-Hospital (hier die Intensivstation) starben innerhalb weniger Tage drei Patienten infolge von Corona.
Im St.-Josef-Hospital (hier die Intensivstation) starben innerhalb weniger Tage drei Patienten infolge von Corona. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Klinik-Chef warnt und appelliert

Die Situation in vielen europäischen Landern zeigt: Die Corona-Lage kann sich rasend schnell ändern. Auch immer mehr jüngere Patienten zeigen schwere bis lebensbedrohliche Krankheitsverläufe. Massiv steigende Inzidenzwerte in der Gesamtbevölkerung (in Bochum liegt er aktuell bei 143,2) erhöhen das Ansteckungsrisiko bei älteren, besonders gefährdeten Menschen.

Prof. Christoph Hanefeld, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums, warnt im WAZ-Gespräch deshalb eindringlich, alle Verhaltensregeln weiter streng zu befolgen. Derzeit werden im St.-Josef-Hospital 30 Corona-Patienten versorgt, davon zehn auf der Intensivstation. Seit dem Frühjahr waren es 283. „Wir verzeichnen bundesweit die höchsten Todesraten seit Beginn der Pandemie. Das, so befürchte ich, wird so weitergehen. Dabei geraten wir als Klinik zunehmend an unsere Kapazitätsgrenzen“, so Hanefeld.

Alle Anstrengungen gelten einem Ziel: Corona im Griff zu behalten und die Erkrankungs- und Todesraten mit der bevorstehenden Massenimpfung im Ruhrcongress und bei den Hausärzten 2021 in einem beispiellosen Kraftakt zu senken. Die Hoffnung steigt. Die Sorge bleibt.

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