Gelsenkirchen. Frank Baranowski und Oliver Wittke sprechen sich exklusiv in der WAZ dafür aus, die WH in die Gelsenkirchener City umzusiedeln. Ihre Argumente.
In der Debatte um eine Verlegung der Westfälischen Hochschule vom Stadtrand in den Süden, melden sich nun auch die ehemaligen Oberbürgermeister Gelsenkirchens, Frank Baranowski (SPD) und Oliver Wittke (CDU) zu Wort.
Zum Hintergrund: Ein Umzug der Hochschule auf das ehemalige Zentralbadgelände sowie möglicherweise in die leerstehenden Filialen von Kaufhof und Primark oder auf andere Flächen in der Innenstadt, könnte kulturell und aus Stadtentwicklungssicht eine historische Chance sein, negativen Entwicklungen im Stadtzentrum entgegenzuwirken.
In den nächsten Wochen und Monaten werden die Kommunalpolitikerinnen und -Politiker über die Pläne der Stadtverwaltung beraten und entscheiden müssen, ob das ehemalige Zentralbadgelände, nachdem die Bemühungen um eine neue Polizeihochschule an dieser Stelle vergebens waren, Standort eines Berufskollegscampus werden soll.
Dass zuvor auch geprüft und ernsthaft diskutiert werden sollte, ob eine Umsiedlung der Westfälischen Hochschule für Gelsenkirchen langfristig nicht die bessere Lösung sein könnte, fordern nun auch exklusiv in der WAZ die ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt.
Frank Baranowski: „Die Chance, in der Gelsenkirchener Innenstadt noch einmal einen wirklich großen Impuls zu setzen, wird sich so schnell kein zweites Mal ergeben“
„Was für die einen als Schnapsidee sofort abgehakt wird, ist für andere eine historische Chance, die Gefahr läuft, nicht ergriffen zu werden. Fakt ist: Die Chance, in der Gelsenkirchener Innenstadt noch einmal einen wirklich großen Impuls zu setzen, wird sich so schnell kein zweites Mal ergeben. JETZT ist die Fläche des ehemaligen Zentralbades und der Polizeiinspektion frei, JETZT stehen Kaufhof und Primark bald leer da und bieten weitere Flächen und JETZT bietet das Hibernia-Gelände neue Perspektiven“, unterstreicht Frank Baranowski, der von 2004 bis 2020 Gelsenkirchens Oberbürgermeister war.
Der SPD-Politiker betont außerdem, „dass die Hochschule jenseits des Kanals leider eine nur untergeordnete Rolle spielt, weil sie im Stadtbild nicht wahrgenommen wird. Die Anbindung der Hochschule an den öffentlichen Nahverkehr ist eh ein ständiges Thema bei Studierenden.“
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Baranowski räumt aber auch ein, dass es nun mal ebenfalls Fakt sei, dass die Gebäude der Hochschule relativ neu sind und genau auf die Bedarfe ausgerichtet wurden. „Ist die Idee einer Verlagerung nun komplett verrückt oder lässt sie sich umsetzen?“, fragt der 61-Jährige und schiebt hinterher, dass auch er das nicht abschließend einschätzen könne, weil viele Fragen noch unbeantwortet sind. „Würde die Landesregierung hier hilfreich zur Seite stehen und damit einer gebeutelten Stadt helfen? Immerhin hat man der Stadt eine andere Hochschule weggenommen. Können Gelder aus dem Kohlerückzugsprogramm des Bundes verwendet werden? Reicht die Fläche? Oder kann man auch nur Teile der Hochschule verlagern? Was geschieht mit den jetzigen Gebäuden? Und – ganz wichtig – würde die Hochschule den Weg überzeugt mitgehen oder gibt es von Anfang an Widerstand?“.
Fragen über Fragen, räumt Baranowski ein, aber eben auch, dass sich „auf jede dieser Fragen eine Antwort finden lässt! Aus meiner Sicht kann eine nachvollziehbare, ergebnisoffene Machbarkeitsuntersuchung hilfreich und zielführend sein. Damit in 20 Jahren niemand sagt: Hätten die damals mal…“.
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Gelsenkirchens Ex-Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU): „Unsere Stadt würde wirklich Hochschulstadt werden“
„Europäische Städte zeichnen sich durch Innenstädte aus, in denen Menschen einander begegnen und unterschiedliche Funktionen erfüllt werden: sich versorgen, wohnen, arbeiten, Kultur erleben und vieles mehr. Die Zeiten, dass Innenstädte allein durch den Handel geprägt werden, sind offenbar vorbei. Gastronomie, Freizeit, Kultur, Wohnen und soziale Funktionen werden künftig an Bedeutung gewinnen“, sagt Oliver Wittke, der von 1999 bis 2004 als einziger CDU-Kandidat jemals in Gelsenkirchen das Oberbürgermeisteramt bekleidet hat.
Vor diesem Hintergrund sei es ein Fehler gewesen, in Gelsenkirchen zuzulassen, dass Finanzbehörden und Gerichte an den Rand der Innenstadt gedrängt wurden. „Nun muss die Politik überlegen, welche neuen Funktionen die Innenstädte von Buer und Gelsenkirchen beleben können. Die Idee, zumindest Teile der Westfälischen Hochschule in leerstehende Gebäude der Gelsenkirchener City oder auf das ehemalige Zentralbadgelände zu verlagern, hat großen Charme. Studierende und Beschäftigte würden die Innenstadt beleben und der Hochschulstandort Gelsenkirchen würde an Attraktivität gewinnen. Unsere Stadt würde wirklich Hochschulstadt werden, was sie mit einem Campus auf der grünen Wiese an der Stadtgrenze zu Gladbeck nie wirklich war.“