Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchener Innenstadt könnte durch eine Umsiedlung der WH zu neuem Leben erwachen. Wie der Präsident Hochschule darüber denkt.
Fraglos sind die Leser-Reaktionen nicht repräsentativ, die die WAZ Gelsenkirchen erhält, seit diese Redaktion vor einigen Tagen einen Debattenbeitrag veröffentlicht hat, indem eine Umsiedlung der Westfälischen Hochschule vom äußersten Rand der Stadt in die Innenstadt zur Diskussion gestellt wird. Ehe die Entscheidung getroffen wird, ob wie von der Verwaltung gewünscht, das ehemalige Zentralbadgelände und weitere Flächen in unmittelbarer Nähe für einen Berufskollegscampus genutzt werden sollen, sollte zumindest auch die Option ernsthaft geprüft werden, welchen langfristigen Effekt der Umzug der Westfälischen Hochschule mit ihren Tausenden Studierenden für die kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der City haben könnte.
Während sich die CDU deutlich dafür ausspricht, äußern sich FDP, Grüne und AfD vergleichsweise zurückhaltend, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Lukas Günther, spricht gar von einem „Luftschloss“, so lange die WH nicht signalisiere, dass für solche Pläne eine Perspektive zu sehen. Weitestgehend einig sind sich die gefragten Parteien darin, dass auch die Westfälische Hochschule selbst in dieser Debatte angehört werden muss. Deren Präsident, Bernd Kriegesmann im Interview:
Also Herr Kriegesmann, was spricht aus Ihrer Sicht für einen Umzug, was dagegen?
Bernd Kriegesmann: Für einen Umzug wären Pro- und Contra-Argumente abzuwägen. Eine bessere Verkehrsanbindung an den ÖPNV und die bessere Sichtbarkeit sprächen für einen Umzug. Inwiefern eine Belebung der Innenstadt durch 4.500 Studierende an einer Pendlerhochschule am Standort Gelsenkirchen gelingt, wäre zu konkretisieren. Dagegen spräche ein „Abzug“ der Studierenden aus dem Zentrum Buer, eine höhere Nähe zu den Hochschulen entlang der Hellwegzone, die größere Distanz zu den Schwerpunkteinzugsgebieten der Hochschule, zu erwartende Kosten im höheren dreistelligen Millionen-Bereich, Verzicht auf „eingespielte“ Laborinfrastrukturen. Sicherlich gäbe es noch weitere Argumente zu bedenken.
Was müsste aus Ihrer Sicht gewährleistet sein, um in die Innenstadt umzuziehen?
Die Deckung der zu erwartenden Kosten wäre Grundvoraussetzung, weitere Überlegungen anzustellen.
In der Vergangenheit sollen Sie sich entschieden gegen derlei Ideen ausgesprochen haben, weil Sie fürchteten, die WH stünde dann in Konkurrenz zu den Unis im Ruhrgebiet. Ist das wahr?
Das wäre ein zu bedenkendes Contra-Argument.
Welche Konsequenzen für die WH befürchten Sie genau und woran machen Sie das fest?
Bezogen auf dieses Argument besteht die Sorge, dass bei bundesweit sinkenden Studierendenzahlen und größerer räumlicher Nähe zu den Hochschulen entlang der Hellwegzone und gleichzeitigem Distanzaufbau zu unseren wichtigen Einzugsgebieten im Norden die Gesamtstudierendenzahlen am Standort Gelsenkirchen sinken.
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Bedauern Sie es als jemand, der in Gelsenkirchen arbeitet, dass die WH im Bewusstsein der Menschen in der Stadt keine Rolle spielt, weil sich aufgrund des abgeschiedenen Standortes kein studentisches Leben mit entsprechenden Kneipen, Freizeit- und Kulturveranstaltungen und kreativen Lebens- und Wohnformen entwickelt hat?
Meine berufliche Heimat ist seit über zwanzig Jahren Gelsenkirchen. Deshalb engagiere ich mich nicht nur für die Entwicklung unserer Hochschule, sondern mit Überzeugung auch für die Stadt und die Region. In Buer gibt es durchaus, gemessen an der geringen Studierendenzahl, studentisches Leben. Ansonsten sind wir inzwischen sehr gut in der Stadtgesellschaft der Stadt insgesamt angekommen. Wir arbeiten sehr konstruktiv in zahlreichen Initiativen mit der Stadt, den Unternehmen und Wirtschaftsverbänden zusammen. Das ist ein wirklich großer Mehrwert für uns. Gleichzeitig unterstützen wir natürlich auch Unternehmensgründungen aus der Hochschule im Süden der Stadt und auch das Zentrum für Talentförderung haben wir vor einigen Jahren bewusst im Süden aufgebaut.