Gelsenkirchen-Ückendorf. In der „Mädchen-Musikakademie” in Gelsenkirchen werden junge Frauen musikalisch gefördert. Das Ziel: Sie befähigen zum Erfolg in der Pop-Welt.
Ein Raum, mehrere Unterrichtsstunden: Hier werden die ersten Griffe auf der Gitarre geübt, dort Musiktheorie. Und hinten, am großen Fenster im Soziokulturzentrum „Hier ist nicht da” hat Aolin Emad Klavierunterricht. Die 25-Jährige spielt mit Gefühl und ist versunken in die Musik. Ihr Stück: „Lilium” aus dem Anime „Elfenlied”. Das wird sie bald auf großer Bühne vortragen. Beim großen Jahreskonzert der „Mädchen-Musikakademie”.
Die ist ein ganz besonderes Projekt. „Einzigartig im Land”, sagt Barbara Christ, die Leiterin des Mädchenzentrums. Das ist Träger des Musikangebotes, dessen erste Aktionen auf die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land zurückgehen. „Da gab es viele Kulturformate, viele Musikprojekte – aber keines für junge Mädchen und Frauen.” Musiker Julian Rybarski, der Leiter der „Mädchen-Musikakademie”, änderte das damals. Zunächst wurde eine Mädchenband gecastet – der Nukleus des heutigen breiten Angebotes und der Aktivitäten.
Ziel: Mädchen und junge Frauen in Gelsenkirchen stärken und befähigen

Immer schon bietet das Projekt Instrumentalunterricht für Mädchen und junge Frauen. Seit 2011 ist man auch an Schulen, insbesondere an Förderschulen, aktiv. 2012 findet erstmals eine mehrtägige Akademie statt. Seither gibt es einmal im Jahr einen Bandworkshop, dazu andere mehrtägige Angebote. Auch zu vielem, was weiterführt: Songwriting, Aufnahmetechniken, Produktion Musikmanagement oder Booking. Das eine Ziel aller Aktivitäten: Mädchen stärken und befähigen, ihren Weg in der Popmusik zu machen.
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Dazu gehört auch die Musiktheorie, die Katharina Sawadski am großen Tisch unterrichtet. Die Musikerin, die als „Catinka” auf der Bühne steht, weiß zu überraschen, erzählt, ihre Lektionen seien sehr beliebt. Dabei handelt es sich ja um die Mathematik der Musik. Notenwerte werden gelernt und verinnerlicht, ein Gefühl wird vermittelt für die Rhythmik. „Die Schülerinnen sind begeistert”, sagt die Dozentin. Sie weiß, warum: „Im Unterricht merken sie schnell, wenn sie sich weiterentwickeln wollen, müssen sie zumindest die Basis der Theorie verstehen.”
Die Gelsenkirchener Mädchen-Musikakademie ist offen, inklusiv und kostenlos
Dass jeden Sonntag so viele Angebote stattfinden können, das macht auch der noch immer recht neue Standort möglich. Seit Jahresbeginn ist die „Mädchen-Musikakademie” an der Bochumer Straße regelmäßig präsent. So kann sich in den vergangenen Monaten das Angebot verstetigen. Das erhöht spürbar die Nachfrage. „Wir haben wirklich das Gefühl, hier eine Heimat gefunden zu haben”, sagt Barbara Christ und erklärt, der Zulauf sei so groß, dass man wohl bald an einem zusätzlichen Tag in der Woche Angebote machen müsse. Das liege nicht nur an der guten Erreichbarkeit. Man ist sichtbar. Und nahbar.
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Denn willkommen ist jedes Mädchen, jede junge Frau, dazu auch jene, die sich als Mädchen fühlen oder mal eins waren. Die Teilnahme an der „Mädchen-Musikakademie” ist unabhängig von der Herkunft, sie ist vorurteilsfrei möglich, ist inklusiv – und im Übrigen komplett kostenlos. Auch Instrumente sind vorhanden für jene, die keines zu Hause haben. Und natürlich für den Unterricht.
Unterrichtet wird vielfach von Musikstudenten

Am E-Piano wiederholt Aolin Emad geduldig immer und immer wieder Passagen ihres Stückes. Angeleitet wird sie von Denise Mäckenstock. Die Folkwang-Studentin ist eine von mehreren Dozentinnen und Dozenten und selbst ein gutes Beispiel für die gelungene Nachwuchsarbeit der „Mädchen-Musikakademie”. Sie habe einst Musik studieren wollen und sei bei der Vorbereitung auf Julian Rybarski und das Projekt gestoßen, habe hier für die Aufnahmeprüfung geübt, später dann ein Praktikum gemacht. „Das war 2011. Und seitdem bin ich geblieben.”
Aolins Unterricht ist beendet. Eben noch hat sie ihr Stück einmal ganz gespielt, sich sehr gefreut über das Lob der Gäste. Schon nimmt die nächste Schülerin am Piano Platz. Aolin erzählt, seit zehn Jahren schon spiele sie Klavier. „Das habe ich mir selbst beigebracht. Aber man will ja auch Fortschritte machen. Ich habe lange gesucht und bin dann auf dieses Projekt gestoßen”, sagt sie und erzählt mit leuchtenden Augen, sie liebe die Musik.
Leistungsschau: Jahreskonzert in der Flora
Das Jahreskonzert der „Mädchen-Musikakademie” findet am Donnerstag, 15. Dezember, um 18 Uhr in der Flora an der Florastraße statt. Es ist ein Benefizkonzert für das Mädchenzentrum. Daher ist der Eintritt frei, Spenden sind aber erbeten.Mädchen und junge Frauen, die sich für die Arbeit und das Angebot der „Mädchen-Musikakademie” interessieren und es gern wahrnehmen möchten, können sich melden und informieren unter info@mma-nrw.de.
Aolin träumt von der Musik als Beruf
„Schon als Kind war Musik mein Traum, mit ihr und von ihr zu leben. Die Musik lebt einfach in mir”, erzählt die junge Frau. Bedeutet das, Aolin Emad will die Berufung zum Beruf machen? „Ja. Das ist mein Ziel.” Gerne möchte sie Musik studieren, sagt sie mit berührender Begeisterung, erzählt, sie singe auch, spiele sogar Geige – auch das, ohne je richtig unterrichtet worden zu sein. Wann sie das Studium angehen möchte? „So schnell wie möglich. Aber es gibt ja bestimmte Anforderungen.” Denen müsse man gerecht werden, dafür müsse man üben. „Aber wenn man sein Ziel vor Augen hat, kann man es Schritt für Schritt angehen. Wenn man es wirklich will, dann kann man doch alles schaffen”, sagt sie selbstbewusst.