Mülheim. Aris Alexander Blettenberg klettert immer höher in der „Rangliste“ gerühmter Pianisten. Schon mit sechs wusste der Mülheimer: Ich werde Musiker.
Das alte Jahr hat er in Mülheim ausklingen lassen, bei seinen Eltern in Speldorf – und er hat gar nicht geübt: Aris Alexander Blettenberg genießt die Zeit, in der er mal nicht am Instrument sitzen muss. Er brauche solche freien Tage – nicht nur um auszuspannen. „Ich nehme Eindrücke auf, mache Lebenserfahrungen, die mich prägen und die ich dann in meiner Musik wieder ausdrücke“, sagt er.
Der 29-jährige Pianist hat es weit gebracht, seit er sich als Sechsjähriger ans Klavier setzte und sofort wusste, dass er Musiker werden wollte. 2021 hat er den 16. Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb in Wien gewonnen – einen der wichtigsten Wettstreite überhaupt. „Beethovens Werke waren vorher kein Schwerpunkt von mir, aber die Auseinandersetzung damit war sehr sehr interessant. Im Semi-Finale habe ich die Hammerklaviersonate und im Finale das 1. Klavierkonzert gespielt. Das war mein Wunschstück“, berichtet Aris Alexander Blettenberg. Die Auszeichnung adelt seinen Lebenslauf, aber sie hat auch eine andere Konsequenz: „Seitdem wollen die Konzertveranstalter alle, dass ich Beethoven spiele.“
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Aris Alexander Blettenberg: „Ich würde sagen: Am Anfang war Bach“
Dabei hat der deutsch-griechische Tastenkünstler so viel anderes im Repertoire. Herausforderndes von Haydn, Schumann, Brahms, Mozart, Mendelssohn. . . Vor allem liebt er Bach, der für ihn die Basis für alle weitere Klavierliteratur geschaffen hat. „Ich würde sagen: Am Anfang war Bach. Seine Werke komprimieren das, was Musik ausmacht. Sie sind die perfekte Verbindung von Intellekt und Emotion“, findet der Pianist. Die Goldberg-Variationen, ein Bravourstück für jeden professionellen Klavierspieler, hat er schon mehrfach aufgeführt. Dabei muss es für den bescheidenen Tastenkünstler gar nicht so monumental sein: „Ich würde den ersten Band des ,Wohltemperierten Klaviers’ von Bach gerne mal in ganz kleinem Rahmen vorspielen.“
Auf ganz großer Bühne wird Aris Alexander Blettenberg im Mai sein Können beweisen. Altmeister Gerhard Oppitz hat ihn im Rahmen des Stipendiaten-Programmes zum Klavierfestival Ruhr 2023 eingeladen. Er wird sein Debüt-Konzert in Schwelm geben – leider nicht in Mülheim. Ein ungewöhnliches Programm, hinter dem eine ganz eigene Idee steht, will er präsentieren. „Ich werde Schubert und Gershwin zusammenbringen. Beide waren so etwas wie die ,Songschreiber’ ihrer Generation. Es gibt Parallelen in ihren Lebensläufen“, sagt der junge Pianist. Eventuell soll auch ein Stück von Leopold Godowski erklingen.
Debüt als Operndirigent, erfolgreich auch als Komponist
Dass Aris Alexander Blettenberg auch ein aufstrebender Dirigent und außergewöhnlicher Komponist ist, hat er schon mehrfach eindrucksvoll bewiesen. Etwa 2019, als er sein Debüt als Operndirigent mit Mozarts „Entführung aus dem Serail“ am Meininger Staatstheater gab. Lässt sich das überhaupt vereinbaren mit der Pianokunst auf höchstem Niveau? Der Wahl-Münchner glaubt schon: „Ich möchte mich gar nicht entscheiden zwischen diesen drei Tätigkeiten. Es würde mir etwas fehlen, ließe ich etwas davon weg.“ In den Corona-Jahren, als Auftritte rar waren, hat sich Blettenberg vor allem dem Komponieren gewidmet. Seine Stücke basieren auf der klassischen Dur-Moll-Harmonik. „Ich kann nur tonal komponieren, atonale Musik kommt nicht aus mir heraus“, kommentiert er seine Werke, die teilweise auch Elemente von Jazz oder griechischer Musik aufweisen – und manchmal „mit einem Augenzwinkern zu verstehen sind“.
Die griechische Musik – vor allem des 20. Jahrhunderts – hierzulande bekannter zu machen, sieht der Sohn einer griechischen Mutter als seine Aufgabe an. „Die Qualität der Stücke ist sehr groß, und es spielt sie ja sonst niemand“, erklärt er. In ihnen stecke oft eine Prise Volks- und Tanzmusik mit reizvollen Rhythmen und ausdrucksvollen Melodien. Selten gespielt werden auch die Werke des Mülheimer Komponisten August Bungert, die Blettenberg ab und zu in seine Programme einstreut. Das Publikum sei meist sehr angetan. „Bungert hat sogar Opern geschrieben, für die man allerdings eine große Orchesterbesetzung bräuchte. Es wäre spannend, sie mal aufzuführen“, so der ehemalige Otto-Pankok-Gymnasiast.
Der gebürtige Mülheimer moderiert viele seiner Konzerte selbst
Der unmittelbare Kontakt zum Publikum ist ihm sehr wichtig. Deshalb moderiert er seine Konzerte oft auch selbst. „Die Leute lieben das, sie bekommen einen anderen Zugang zur Musik. Ich erkläre ihnen, warum es erstrebenswert ist, dies oder jenes Stück zu hören. Und es gelingt mir, auch junge Leute anzusprechen. Auf diese Weise trage ich dazu bei, die Hochkultur zu erhalten“, berichtet der junge Musiker. Die fruchtbare Nähe zu den Zuhörern findet er auch bei Kammermusik oder kleinen Solo-Konzerten. „Da spüre ich an der Spannung im Saal, ob meine Interpretation bei den Zuschauern ankommt.“
Sein Bösendorfer Flügel, den er als Sieger des Beethoven-Wettbewerbs geschenkt bekam, steht aktuell in einer ehemaligen Kapelle in München. Dort hat Blettenberg in 2022 schon sechs Konzerte gegeben. „Ich möchte den Menschen vor Ort die Musik nahe bringen, ich muss gar nicht in die große weite Welt reisen. Eine Amerika- oder Asien-Tournee zu absolvieren – das ist ein richtig stressiges Business, das ich gar nicht so erstrebenswert finde.“
Mehrere Konzerte und eine CD-Veröffentlichung sind für 2023 schon geplant
Konzertreisen stehen auch so an: Pläne für 2023 gibt es bereits einige. Aris Alexander Blettenberg wird unter anderem als Pianist und Dirigent mit den Nürnberger Symphonikern musizieren oder beim Sächsischen Mozartfest in Chemnitz als Solist und Dirigent mit dem Gewandhausorchester und der Sächsischen Staatskapelle auftreten. Geplant ist zudem ein Auftritt in der Alten Oper in Frankfurt, dort will er das 5. Klavierkonzert von Beethoven spielen. Und im Mai soll eine neue CD mit Werken von Beethoven erscheinen.
Wenn er nicht Klavier übt, Partituren studiert oder selber komponiert, wird es Aris Alexander Blettenberg dennoch nicht langweilig: Er liest gerne, beschäftigt sich mit Psychologie, pflegt Freundschaften – und ist „ein leidenschaftlicher Spaziergänger“: „München habe ich mir im entschleunigten Tempo erlaufen“, erzählt er.
Informationen auch auf der Homepage: arisalexanderblettenberg.com
Zum Lebenslauf
Aris Alexander Blettenberg besuchte als Kind die Musikschulen Mülheim und Duisburg. Er erhielt seine musikalische Ausbildung in den Fächern Klavier und Dirigieren bei Antti Siirala (Hochschule München), bei Bruno Weil (Mozarteum Salzburg) sowie bei Lars Vogt (Hochschule Hannover). Weitere Impulse erhielt er durch Rudolf Buchbinder, Wladimir Jurowski, Cyprien Katsaris, Gerhard Oppitz und Matti Raekallio.Blettenberg ist Träger des Ruhrpreises für Kunst und Wissenschaft 2012, Gewinner des Internationalen Klavierwettbewerbs Hans von Bülow 2015 in der Kategorie Dirigieren vom Klavier, Träger des Steinway-Förderpreises 2019, des Bayerischen Kunstförderpreises 2020 und Gewinner des Internationalen Beethoven-Klavierwettbewerbs Wien 2021. Zudem war er Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes.Der gebürtige Mülheimer tritt regelmäßig im europäischen Ausland auf, er konzertierte bereits in großen Konzertsälen wie dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, der Wigmore Hall in London oder dem Konzerthaus Berlin und trat im Rahmen renommierter Festivals auf. Er arbeitete mit vielen bekannten Musikern und Orchestern zusammen, u. a. Julia Fischer, Duisburger Philharmoniker und der Meininger Hofkapelle.Seine Kompositionen werden weltweit aufgeführt, im Rundfunk gesendet und auf Tonträgern eingespielt. Er hat auch selbst CDs eingespielt.