Oberhausen. Wie im Vorjahr erleben 40 Gäste in der Kultkneipe am Altmarkt hochklassige Konzerte. Eine ganz besondere Tribute-Band darf das Ebertbad füllen.
Beim dritten Mal wird’s Tradition – und es wäre keine schlechte: Aus der Corona-Not machte Mr. Gitarrissimo Jürgen Reinke im Vorjahr eine Tugend und verwandelte das kompakte International Guitar Festival mit der damals 13. Auflage in ein „Oktoberfestival“. Über den gesamten Oktober verteilt, gibt’s jeweils freitags und dienstags feine Konzerte für 40 Gäste im Gdanska. Denn nach diesem Prinzip geht’s mit der 14. Festival-Auflage weiter – kleine Überraschungen inklusive.
In der „ewigen“ Nummerierung sind’s die Konzerte von 782 bis 791 – das erste vierstellige Gitarrissimo-Konzert ist gar nicht mehr so fern. Doch zunächst darf zum Festival-Auftakt am Freitag, 1. Oktober, um 20.15 Uhr das bewährte „Go Music“-Format des Wunderbassisten Martin Engelien wieder aufleben. Sein Gast an den sechs Saiten ist mit langer Lockenmähne, Vollbart und Sonnenbrille quasi der Inbegriff des Hardrock-Stars. Dazu passt, das Francesco Marras sein aktuelles Album „Time flies“ betitelte. Tja, wie die Zeit vergeht. Den passend heftigen Gesangspart übernimmt die stilistisch ungemein vielseitige Jeanette Marchewka – die sogar mit dem Geigenbogen die Violine rocken lassen kann.
Ein Wiedersehen, das viele freuen dürfte, bietet das zweite „Oktoberfestival“ am Dienstag, 5., um 20.15 Uhr mit dem zweiten Auftritt von Anne Haigis. Die Bonnerin aus dem schwäbischen Rottweil singt dann wieder ihre Hits wie „Kind der Sterne“. Mit „Carry on“ hat die 65-Jährige ein schlicht einleuchtendes Motto gefunden für ihr Schaffen, ihren Antrieb und nicht zuletzt für über 40 Jahre „on stage“.
Erste Adresse in Sachen Bluesrock
Weil Wiedersehen soviel Freude macht kehrt auch Toscho Todorovic am Freitag, 8., gerne zurück an den Altmarkt. Als „Blues Company“ firmieren die eine Generation jüngeren Mannen um den genialischen Gitarristen. Seit ebenfalls über 40 Jahren und in wechselnden Besetzungen gilt diese gute Gesellschaft als eine erste Adresse in Sachen Bluesrock – Seite an Seite mit Veteranen wie der „Pee Wee Bluesgang“ und „Das dritte Ohr“.
Drei Hörmuscheln braucht’s womöglich, um den weit ausholenden Stilmix der „Dave Goodman Band“ zur Gänze zu genießen: Der Namensgeber und Vollblut-Blueser von der kanadischen Pazifikküste mixt auch noch Fingerstyle-Artistik und gediegenes Singer-Songwritertum in seinen deftigen Bluesrock: zu erleben am Dienstag, 12, Oktober.
Der Blues bleibt die prägende Klangfarbe – auch beim Freitags-Gig der Florian Lohoff Band am 15. Oktober: Deren drittes Album, noch vor Corona eingespielt, heißt zwar „8 mm“, ist aber alles andere als Schmalspur. Vielmehr bewegen sich der vielseitige Gitarrist und die Seinen vom Bluesrock in Richtung Funk und Soul, gepaart mit der Leichtigkeit eingängiger Melodien.
Wunderliche Epen von Croquet und Bärenklau
Wenn sich das „Oktoberfestival“ eine Tribute-Band einlädt und noch dazu für Montag, 18. Oktober, ins ungleich größere Ebertbad umzieht, dann natürlich mit gutem Grund. Der heißt „The Watch“ und hat sich als Quintett um den charismatischen Sänger Simone Rossetti ganz den wunderlichen Epen der frühen „Genesis“ verschrieben: mit LP-Seiten-langen Liedern über ein perverses Croquet-Spiel, sattelfeste Westernhelden oder den bösartig alles überwuchernden Riesen-Bärenklau („The Return of the Giant Hogweed“). Karten kosten Nostalgiker 22 Euro.
Zum gewohnten 20-Euro-Preis geht’s mit Hannes Bauer am Freitag, 23. Oktober, zurück ins Gdanska. Der Gitarrist an Udo Lindenbergs Seite machte sich, lang ist’s her, einen humorigen Namen mit dem „Laubfrosch Blues“, den er bereits als feste Größe etlicher Achim-Reichel-Produktionen eingespielt hatte. Auf der kleinen Bühne gastiert das 69-jährige Nordlicht aus der Oberlausitz mit seinem „Orchester Gnadenlos“.
Die klassische Saitenkunst ist zwar kein eigener Festivalpart mit groß ausgeschriebenem Wettbewerb mehr – sollte aber nicht ganz untergehen. Dafür sorgt am Dienstag, 26. Oktober, Heike Matthiesen: Eine klassisch geschulte Gitarristin mit Millionen Klicks auf Youtube – nicht nur das lässt aufhorchen.
„Guitar Lady“ repräsentiert den Klassik-Part
Großen Anklang fand die Meisterschülerin von Pepe Romero mit ihrer 2016 erschienen CD „Guitar Ladies“, die ausschließlich Werke von Komponistinnen versammelte, darunter Weltersteinspielungen und Gitarrenmusik, die ihr gewidmet wurde. Ein zweites „Guitar Ladies“-Album soll folgen.
Die Überraschung zum Schluss: Zum Kehraus des „Oktoberfestivals“ spielen am Freitag, 29., nicht die Mittelalterrocker von „Krayenzeit“, wie’s noch auf den Plakaten allerorten steht, sondern eine jüngere Bochumer Band: Die nennt sich „Held der Arbeit“ und besingt vollbärtig in einer süffigen Melange aus Folk- und Steampunk-Zutaten genau jene sonst selten verewigten „Heroen“: Malocher, Heizer, Bergleute und Bauern. Der gut eingedickte Sound klingt nach Öl, Lärm und schmutzigen Händen – Steampunk eben. So steht einen ganzen Monat lang das gute alte Guitar Festival unter Dampf.