Gelsenkirchen. Die Robotertechnik hat St. Augustinus nach 100 Knie-OP rundum überzeugt. Die exklusive Ausrüstung ist für zwei Gelsenkirchener Kliniken gekauft.
Vor einem Jahr konnte Wolfgang Hornung (66) nur noch mit Stützschienen an beiden Knien gehen. Nach einem Unfall – einem Treppensturz – waren seine ohnehin von Arthrose geplagten Knie und Bänder einfach nicht mehr in der Lage, ihn problemlos von A nach B laufen zu lassen. Zwei Knieoperationen später steht der Gelsenkirchener wieder ohne jedes Hilfsmittel kerzengerade, kann mühelos gehen. „Nur mit dem Fußball und Badminton klappt es noch nicht so richtig“ scherzt er der Redakteurin gegenüber. Dabei sind seit der Operation am zweiten Knie gerade einmal sieben Wochen vergangen.
Schon 100 Patienten mit der neuen Technik operiert
Wolfgang Hornung hat mit Unterstützung einer robotergestützten Technik am Sankt Marien Hospital Buer zwei Knieprothesen eingesetzt bekommen. Dr. Alexander Awakowicz, Chefarzt der Klinik für Orthopädie an der Klinik, hat im vergangenen Jahr 100 Patienten mit der neuen, vor allem die Bänder schonenden Technik operiert. Alte und junge Patienten, mit reinen Verschleißerscheinungen und nach Unfällen. Die Ausrüstung war bisher nur geliehen, jetzt hat die St. Augustinus GmbH sie nach hundertfach erfolgreicher Testung gekauft.
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Der Roboter der Firma Corin ermöglicht nach einer Messung der Bänderspannung einen perfekt an das Bewegungs- beziehungsweise Gangbild des Patienten angepassten Ersatz des verschlissenen Gelenkes zu erstellen und präziseste Schnitte. „Dabei operiert nicht der Roboter, sondern der Chirurg. Es braucht umfangreiche Erfahrung des Operateurs, um die Roboter-Unterstützung richtig nutzen zu können. Der Arzt bleibt Herr des Verfahrens, kann jederzeit auf andere Operationsmethoden umschwenken“, erläutert Awakowicz, der selbst in London geschult worden ist.
Deutschlandweit sonst nur in zwei Münchener Kliniken im Einsatz
In NRW ist dieser robotergesteuerte Kniegelenkersatz „Omnibotics“ von Corin bislang ausschließlich im Sankt Marien Hospital in Buer im Einsatz. Deutschlandweit arbeiten nur zwei Münchener Kliniken damit. Nur in Düsseldorf wird an der St. Vinzenz-Klinik ebenfalls mit einem (anderen) roboterunterstützen System gearbeitet. Ab Juni soll die Corin-Technik, die für ihre 3D-Messungen ohne jede Strahlenbelastung durch CT oder Röntgen und auch ohne MRT auskommt, auch am Marienhospital Gelsenkirchen bei Chefarzt Dr. Hermann-Josef Liesenklas in der dortigen Orthopädie zum Einsatz kommen. Dafür wurde auch bereits ein zweites Equipment angeschafft, Liesenklas – ohnehin Kniespezialist – hat bereits mehrere Operationen in Buer mitgemacht, wird zudem Fortbildungsworkshops besuchen. Geübt wurde und wird in den ersten Schritten auch in der Pathologie, also an Verstorbenen.
„Bei Kniegelenk-Ersatz gibt es sonst in jedem vierten Fall Komplikationen“
Seit vergangenem Sommer hat Awakowicz das System bei rund 100 Operationen getestet, die Patienten aller Altersgruppen seien ausgesprochen zufrieden. Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren gebe es kaum Komplikationen; statt wie sonst in 20 Prozent der Fälle gebe es jetzt nur vereinzelt Beschwerden im Nachgang. Was Patient Wolfgang Hornung bestätigt. „Bei Medicos, wo ich meine Reha mache, klagen viele über Beschwerden nach der OP – ich habe keine – außer Muskelkater vom Training.“
Das gewohnte Gangbild erhalten
Auch für Kassenpatienten
Der Einsatz von Kniegelenken mit Hilfe der robotergestützten Technik wird allen medizinisch in Frage kommenden Patienten angeboten, auch jenen mit gesetzlicher Krankenversicherung. Der Einsatz sei zwar kostenaufwändig für die Klinik, die Differenz zum erstatteten Kassensatz werde aber von der St. Augustinus-Gruppe getragen, versichert Unternehmenssprecher Wolfgang Heinberg.Zwischenzeit gab es an der Klinik in Buer bereits lange Wartelisten, aktuell sei die Situation allerdings aufgrund der verschärften Pandemisituation entspannter, so die Klinik.
Den großen Unterschied machten die genaue Bandspannungsmessung im Vorfeld und die ständigen Kontrollen während der Operation, ob Prothese und Positionierung dem gewohnten Gangbild des Operierten entsprechen. „Das System erstellt ein virtuelles Modell des Kniegelenks und berechnet in Echtzeit, welche Belastungen auf den Bandapparat einwirken.“ Daher wisse der Chirurg auch genau, wo die Säge anzusetzen ist. Der Computer zeigt an, ob die richtige Stelle getroffen ist, bevor die Säge zum Einsatz kommt. Bei Wolfgang Hornung war es offenbar die richtige Stelle. Er ist jetzt schon mehr als zuversichtlich, dass es auch mit seinem Sport und den neuen Kniegelenken bald wieder klappt.
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