Mülheim. Vergleichsweise jung ist das Mülheimer Stadtarchiv, erst 1972 wurde es gegründet. Zum 50-jährigen Bestehen gibt es besondere Veranstaltungen.

Das Mülheimer Stadtarchiv wird in diesem Jahr 50 Jahre alt - es ist damit eines der jüngsten kommunalen Archive im Ruhrgebiet. „Vor 1972 waren die Bestände geteilt. Bücher wurden in der Stadtbücherei, genauer der Heimatbücherei, aufbewahrt, Akten in der Zentralregistratur des Hauptamtes“, weiß Dr. Stefan Pätzold, der aktuelle Leiter des Stadtarchivs.

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Das war für die historische Recherche mehr als ungünstig: „Das Schriftgut ist bis 1978 nicht sach- und fachgerecht durch Archivare betreut worden. Zwar war der 1.1.1972 der offizielle Gründungstermin des Stadtarchivs, aber erst als 1978 Dr. Kurt Ortmanns als Archivleiter in Mülheim begann, wurde das Archivgut geordnet und benutzbar gemacht“, so Pätzold.

Akten sichten und Akten ordnen

Die erste Aufgabe Ortmanns’ bestand darin, sich Sitzmöbel für sein Büro zu organisieren, mit einem Gebäude an der Aktienstraße fanden sich erste Räume für das Archiv. Der Leiter musste sich auch um Planstellen bemühen und neue Kollegen anwerben. „In den ersten 14 Jahren war er ansonsten nur damit beschäftigt, Akten zu sichten und zu ordnen, um das Archiv funktionsfähig zu machen. Das muss man schätzen“, so Stefan Pätzold. Erst zu Beginn der 80er Jahre sei es Bürgern möglich geworden, im Lesesaal Archivalien einzusehen. Damals führten noch die Mitglieder des Geschichtsvereins ehrenamtlich Aufsicht.

Das alte Schild, das einst zum früheren Standort an der Aktienstraße wies, zeigt Archivchef Stefan Pätzold.
Das alte Schild, das einst zum früheren Standort an der Aktienstraße wies, zeigt Archivchef Stefan Pätzold. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auf Kurt Ortmanns folgt 2008 Dr. Kai Rave. „Er machte das Archiv im Auftrag der damaligen Oberbürgermeisterin zum Ort der historischen, politischen und kulturellen Bildung. Veranstaltungen wie Vorträge oder Ausstellungen wurden angeboten, was auch künftig so bleiben soll“, erklärt der heutige Archivleiter. Auch die intensive Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein wurde fortgesetzt.

Aktuelles Projekt: die Digitalisierung

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„Ich habe genug damit zu tun, die großen Schuhe meiner Vorgänger zu füllen“, sagt Pätzold, der im Mai 2020 die Leitung des Stadtarchivs übernommen hat - das da schon längst in die Von-Graefe-Straße umgezogen war. Ein zukunftsweisenden schwieriges Projekt betreut er aktuell – die Digitalisierung der Bestände. Ein neues Dokumentenmanagementsystem wurde im letzten Jahr ausgesucht, das elf-köpfige Team, das auch so schon viele und vielfältige Aufgaben abdeckt, hat sich auf einen langen Weg mit viel Arbeit aufgemacht.

Am bewährten Bildungs- und Kulturprogramm hält das Archiv fest. So wird es weiterhin die „Reihe zur Mülheimer Geschichte“ in Kooperation mit dem Geschichtsverein geben. Acht Vorträge mit einem großen Themenspektrum sind fürs Jubiläumsjahr geplant. Los geht es am 31. März mit einem Vortrag zum Thema „März 1920. Der Generalstreik gegen den Kapp-Putsch“. Auch die Ausstellungen im Foyer werden fortgeführt. Derzeit ist dort die Präsentation „Widerstand und Verfolgung in Mülheim an der Ruhr von 1933 bis 1945“ zu sehen. Und: Weitere Mülheimer Geschichtshefte sollen publiziert werden.

Das erste Goldene Buch der Stadt Mülheim an der Ruhr befindet sich im Stadtarchiv. Das Institut feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen.
Das erste Goldene Buch der Stadt Mülheim an der Ruhr befindet sich im Stadtarchiv. Das Institut feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Kontakt zu externen Fachleuten knüpfen

Neue Impulse will Stefan Pätzold durch die Zusammenarbeit mit externen Fachleuten geben. „Gedanklichen Input von außerhalb herholen, das kann die Arbeit nur befruchten“, sagt er. Für Ende März ist eine große Tagung zum Zisterzienserinnen-Kloster in Saarn geplant, mit vielen Experten. Außerdem ist man eine Jahrespartnerschaft mit der Abteilung für Landesgeschichte in der Rhein-Maas-Region der Universität Duisburg/Essen eingegangen. Im Wintersemester 2022/23 werden Lehrende und Studierende mit den Mülheimer Archivalien arbeiten, Vorträge halten, Forschungsarbeiten anfertigen. Stefan Pätzold wird dafür an der Uni referieren.

„Wir sollten das, was Mülheim auch historisch gesehen zu bieten hat, außerhalb der Stadt bekannter machen“, findet der Archiv-Chef. Für 2024 plant er eine Ausstellung zum Schloß Broich. „Dass wir hier Burgreste aus dem 9. Jahrhundert haben, ist zum Beispiel sensationell und draußen in der Welt noch nicht gewürdigt worden. Das sollte man nachholen.“