Oberhausen. Mit dem Theater Oberhausen ist die „Blindflug“-Truppe vom 21. bis 28. Mai Gastgeberin für eine Pioniertat: Amateurgruppen füllen das Große Haus.

Wer seine Bühnenkarriere gleich mit einer giftigen Komödie über den Untergang des Römischen Reiches startet – der sollte sich doch zu Großem berufen fühlen. Vor 15 Jahren legte die „Blindflug“-Truppe der Lebenshilfe los mit ihrem inklusiven Theaterspiel – und mit „Romulus der Große“. Jetzt sind sie, im Zusammenspiel mit dem Theater Oberhausen und dem Kulturbüro, die Gastgeber für das „1. Inklusive Amateurtheatertreffen NRW“. Das kleine Festival vom 21. bis 28. Mai trägt den sympathischen Namen „Huckepack“ – und die Macher zeigen sich bestens vorbereitet.

Es gibt 40-seitige Programmhefte mit den hinreißenden Zeichnungen von Kerstin Recker aus dem Kölner Kunsthaus KAT 18. Es gibt sogar „Huckepack“-Stoffrucksäcke, um all die Infos und Aufkleber gut unterzubringen. Und es gibt den großen Enthusiasmus aller Beteiligten – obwohl’s ein langer Weg war, die gute Idee zu verwirklichen. Der Geistesblitz in Gestalt der schlichten Frage „Was hältst du von einem Festival?“ kam Erhard Wetterich schon vor viereinhalb Jahren, im Spätherbst 2017. Seine Frau Heidrun, der gute Geist der „Blindflug“-Truppe für Organisatorin und Technik, war natürlich sofort dabei.

„Liebe – sie ist es, die tanzt“ ist der vielversprechende Titel für das Gastspiel des Integrativen Tanztheaters aus Wuppertal am 21. Mai.
„Liebe – sie ist es, die tanzt“ ist der vielversprechende Titel für das Gastspiel des Integrativen Tanztheaters aus Wuppertal am 21. Mai. © Huckepack | Matthias Joswig

Dass sich die Eheleute fröhlich eine Pioniertat zugemutet haben, sollte sich erst noch herausstellen. Inklusive Theatertreffen gab’s bisher nämlich nur in bescheidenem Rahmen – aber nicht mit dem umfassenden „Huckepack“-Anspruch, auch Workshops, Diskussionsrunden und Nachgespräche beim gemeinsamen Abendessen anzubieten. Zudem ist die Mobilität ein großes Thema: Inklusive Gruppen brauchen passende Fahrzeuge und Assistenten.

Das herzinnigste Gefühl in „Körper-Bildern“

Besucher kommen zwar barrierefrei ins Große Haus des Theaters. Doch für das Blindflug-Ensemble tüftelte die Theater-Crew vorab „eine halbe Stunde, um zu gewährleisten, dass Jenny in ihrem Rolli zur Probe kommt“. Erzählt Romi Domkowsky, bisher im Team der Theaterfaktorei und nun beim städtischen Kulturbüro.

Mit der Organisations-Expertin nahm die „Huckepack“-Idee bald Fahrt auf. Drei Amateur-Ensembles zeigen nun ihre Begeisterung fürs Theater. Die Eröffnung am Samstag, 21. Mai, um 19.30 Uhr übernimmt das semiprofessionelle Integrative Tanztheater Wuppertal: Sein Gastspiel „Liebe – sie ist es, die tanzt“ erzählt vom herzinnigsten Gefühl in „Körper-Bildern“. Jörg Wilms, die Regie-Instanz der „Blindflug“-Truppe, schrieb und choreographierte „Unter Piraten“, das actionreiche Abenteuerspiel, mit dem sich die Oberhausener am Donnerstag, 26. Mai, um 18 Uhr ihren Gästen vorstellen.

Spiel mit einer Phalanx von Schminkspiegeln: So opulent ist am 28. Mai das Bühnenbild für die große Truppe der Theater-Werkstatt „Haus Freudenberg“ aus Geldern mit ihrer „3 Groschen Oper“.
Spiel mit einer Phalanx von Schminkspiegeln: So opulent ist am 28. Mai das Bühnenbild für die große Truppe der Theater-Werkstatt „Haus Freudenberg“ aus Geldern mit ihrer „3 Groschen Oper“. © Huckepack | Heinz Spütz

Die großen Fragen nach dem Leben und dem Sinn stellt das Theater Inklusive aus Witten am Freitag, 27. Mai, um 18 Uhr mit „Metamorphosis“. Auch die westfälische Revier-Truppe ist bereits seit 15 Jahren auf den weltbedeutenden Brettern aktiv. Für den krönenden Festival-Abschluss sorgt am Samstag, 28. Mai, um 18 Uhr eine Theater-Werkstatt mit 40 Aktiven: „Haus Freudenberg“ aus Geldern stemmt so Bert Brechts berühmte „3 Groschen Oper“.

Der „Huckepack“-Rucksack ist gut gefüllt

„Mehr davon!“ lautet folgerichtig das Motto des kulturpolitischen Gesprächs im Rahmenprogramm: Denn auch mit Workshops und Gesprächen haben die Festivalmacher den „Huckepack“-Rucksack gefüllt. Das Programmheft stellt die Akteure und ihre Angebote ausführlich vor.

Und das alles auf einer „Baustelle“, denn die Profis des Theaters spielen derzeit nur auf der Probebühne und im Saal 2. So ist denn Heidrun Wetterich voll des Lobes für die Gastfreundschaft unter allen Bedingungen: „Wir werden hier immer mit offenen Armen empfangen.“ Und Erhard Wetterich betont: „Uns war es wichtig, das Festival ins Große Haus zu bringen. Da gehört es hin.“

Nach einer Schauspiel-Stunde bleibt Zeit für Gespräche

Die Aufführungen und weiteren Angebote des „Huckepack“-Festivals sind kostenlos zu erleben. Gratis-Karten gibt’s beim Theater Oberhausen unter 0208 8578 184, per Mail an besucherbuero@theater-oberhausen.de – allerdings ist die Eröffnungsshow bereits nahezu ausgebucht.Die Schauspieltruppen müssen sich auf jeweils eine Stunde Spielzeit beschränken. „Das ist schon sehr sportlich“, kommentiert Heidrun Wetterich. Doch so bleibt Zeit für die gemeinsamen Nachgespräche beim Abendessen. Fürs Catering sorgt Refugees’ Kitchen. Online informieren die Seiten des Theaters und der Lebenshilfe Oberhausen.