Oberhausen. Eltern der Grundschule in Oberhausen organisieren sich und wollen die Schließung verhindern. Ein Grund: Der längere Schulweg ihrer Kinder.

„Wir stehen in einer Welle der Enttäuschung und Wut“, sagt Nadine Kuhl. Die Mutter aus Buschhausen ist Initiatorin einer Petition, die sich gegen die Schließung des Zweitstandortes der Grundschule Buschhausen an der Lindnerstraße in Oberhausen ausspricht. Fast 900 Menschen haben die Petition mittlerweile unterschrieben. Gründe dafür gibt es viele. Kuhl und andere Eltern der Schulpflegschaft haben sich organisiert und machen nun lautstark auf ihre Ängste und Sorgen aufmerksam – bevor es zu spät ist.

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Das größte Problem für die Eltern, die am äußeren Rand von Buschhausen zu Lirich leben, ist der Schulweg. Viele junge Familien hätten sich in den vergangenen Jahren rund um die Westmarkstraße angesiedelt.

Auch Nadine Kuhl und ihr Sohn Liano, der mit diesem Schuljahr am Standort an der Lindnerstraße eingeschult wurde, leben dort in der Nähe – in der Hagelkreuzstraße. „Jeden Morgen laufen wir hier entlang, sammeln die Kinder ein und bringen sie zur Schule.“ Das Einzugsgebiet der Grundschule ist aber noch größer, auch Familien, die an der Hofstraße oder In der Emscherau leben, schicken ihre Kinder zur Lindnerstraße.

Zehn Minuten Schulweg laufen die Kinder bisher täglich

So sieht der Schulweg einiger Kinder bisher aus: Entlang der Westmarkstraße laufen die Kinder morgens zur Schule.
So sieht der Schulweg einiger Kinder bisher aus: Entlang der Westmarkstraße laufen die Kinder morgens zur Schule. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Weg zur Schule an der Lindnerstraße verläuft rund 600 Meter entlang der Westmarkstraße, ist zwar vielbefahren, doch durch die Bäume zwischen Fußgänger- und Fahrradweg laufen die Mädchen und Jungen relativ geschützt. Geradeaus geht es dann bis zur Lindnerstraße – die Schüler müssen nur einmal die Hauptstraße überqueren, direkt vor dem Schultor ist eine Ampel. Bei gemächlichem Tempo sind Eltern und Kinder rund zehn Minuten unterwegs.

Erfahren haben die Eltern der Grundschule Buschhausen von der Entscheidung der Schulleitung erst vor kurzem – in einem Eltern-Brief vom 16. September. „Aus dem Nichts“, meint Kuhl. Auch wenn das Thema, beide Schulstandorte irgendwann einmal zusammenzulegen, schon lange bekannt gewesen sei, seien die Eltern jetzt „vor vollendete Tatsachen“ gestellt worden.

Nadine Kuhls Sohn Liano wird der neue, längere Schulweg vielleicht nicht betreffen. Schulleiterin Susanne von Kaehne hatte im Gespräch mit unserer Redaktion versichert, dass kein Schüler, der bisher die Lindnerstraße besucht, zum Hauptstandort an der Friesenstraße wechseln muss – ein Auslaufen der Grundschule sei geplant, bis alle jetzigen Schüler die Grundschule abgeschlossen hätten.

„Wir haben aber anderes gehört“, erklärt Nadine Kuhl. Bei einer Info-Veranstaltung im September habe die Schulleiterin noch davon geredet, die jetzigen Erstklässler von der Lindnerstraße an die Friesenstraße zu versetzen, wenn diese in die vierte Klasse kommen. Für die Mutter ist das ein Skandal: „Die Zeugnisse der vierten Klasse sind wichtig, um sich für weiterführende Schulen zu bewerben. Da noch einmal so eine Umstellung zu haben, geht gar nicht.“

Schmale Unterführungen und der dunkle Pantoffelpark liegen auf dem Weg zur Friesenstraße

Und: Nadine Kuhl hatte geplant, auch ihren jetzt einjährigen Sohn zum Zweitstandort schicken zu können. „Sollte das nicht möglich sein, werde ich mir eine andere Schule suchen müssen.“ Doch die Auswahl ist nicht groß: In die entgegengesetzte Richtung ihres Wohnortes liegt die Wunderschule – dahin führt der Weg aber über eine Autobahnbrücke. Ein No-Go für die Eltern.

Hier wird es ganz schön eng: Wenn Kinder aus dem Bereich Westmarkstraße künftig zur Grundschule an der Friesenstraße laufen müssen, kommen sie an solch schmalen Straßenabschnitten vorbei.
Hier wird es ganz schön eng: Wenn Kinder aus dem Bereich Westmarkstraße künftig zur Grundschule an der Friesenstraße laufen müssen, kommen sie an solch schmalen Straßenabschnitten vorbei. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Läuft man den Weg von der Lindnerstraße weiter zum Standort an der Friesenstraße, fällt auf: Der schnellste Weg führt Liano und die Nachbarskinder über die Brinkstraße, die von der Lindnerstraße abgeht. Dort warten auf die Schulkinder nicht nur zwei Unterführungen, unter denen der Bürgersteig schmaler wird, sondern auch ein Gewerbegebiet auf der linken und der Pantoffelpark auf der rechten Seite. Ein Alptraum für die Eltern: „Auf der Straße ist unglaublich viel Verkehr, auch von Lastern“, weiß Nadine Kuhl. „Und: Morgens im Winter ist es hier stockduster.“

Nur auf der Straßenseite des Parks sind Laternen angebracht, die linke Seite, inklusive Gewerbe und Emscherweg, liegen frühmorgens im Dunklen. All das birgt für die engagierten Eltern zu viele Gefahren. Dazu kommt der lange Weg. Die Brinkstraße zieht sich – insgesamt ist die Strecke zur Friesenstraße von Lianos Zuhause 1,7 Kilometer lang. „Eine halbe Stunde“, sagt Nadine Kuhl und schaut auf die Uhr, als die Gruppe vor dem Hauptstandort der Schule ankommt. „So etwas kann man doch keinem Kind antun.“

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Dazu kommt: „In Zeiten des Klimawandels wollen wir keine Eltern-Taxis starten. Wir möchten unsere Kinder zur Selbstständigkeit erziehen und sie irgendwann auch laufen lassen. Mit dem Rad zur Schule dürfen sie auch erst, wenn sie in der vierten Klasse die Fahrradprüfung bestehen.“ In den Bus mit den großen Schülern, die zur weiterführenden Schule fahren, wollen einige Eltern ihre Kinder auch nicht setzen – zu groß die Angst, dass die Kleinen herumgeschubst werden.

Gespräch mit der Schulleitung habe sich „im Kreis gedreht“

Sie zweifelt die Gründe der Schulleitung offen an, den Standort auslaufen zu lassen. Die Schulleiterin argumentierte, Lehrkräfte müssten zeitaufwändig zu viel pendeln, für potenzielle neue Lehrer sei eine auf zwei Standorte verteilte Grundschule zu unattraktiv und die Schülerzahlen würden sinken. Kuhl: „Es wirkt wie eine Entscheidung aus Bequemlichkeit. In Buschhausen findet ein Generationenwechsel statt, es gibt immer mehr Familien mit kleinen Kindern. Duisburg-Neumühl ist um die Ecke, auch von dort kommen Kinder an die Grundschule.“

Bei einem Termin zwischen Schulpflegschaft und Schulleitung Anfang Oktober habe sich das Gespräch im Kreis gedreht. „Die Schulleitung wollte mit uns über die Herausforderungen sprechen und Konzepte für einen sichereren Schulweg erarbeiten. Wir setzen aber früher ein – schließlich wollen wir verhindern, dass der Standort überhaupt geschlossen wird.“

Einige Eltern würden das Vorgehen der Schulleitung derweil als „künstliche Verknappung“ bezeichnen. Es herrsche Unverständnis über die Entscheidung – Wut und Enttäuschung seien die Folge. „Das schreckt viele Eltern auch ab. Einige haben sich schon andere Schulen gesucht.“