Oberhausen. Um ein Jahr verspätet bejubeln Fans das Konzert von Sarah Connor in Oberhausen. Den Pulli der Pop-Sängerin ziert eine eindeutige Botschaft.
Lichtkegel blinken, Klaviertasten bewegen sich - und es kreist die La-Ola-Welle. „Es ist unfassbar, bis unters Dach“, durchbricht die Stimme am Dienstagabend in der zu drei Viertel gefüllten Arena Oberhausen den Applaus. Die Worte kommen von Sarah Connor. Mit reichlich Liebe - versteht sich.
Ihr Eröffnungssong heißt nicht „From Sarah with love“, sondern „Keiner pisst in mein Revier“. Doch selbst was nach Krawall klingt, ist bei Sarah Connor eine Ballade. Das Bühnenklavier ziert ein großes Peace-Zeichen.
Bevor die Frau aus Delmenhorst ihre „Herz Kraft Werke“ auf die höchste Produktionsstufe stellt, mussten gut 7000 Fans ein unfreiwilliges Geduldsspiel lösen. „Verzeiht mir, dass ich unser letztes Date verpasst habe“, sagt die 41-Jährige über die Corona-Zwangspause und den verlegten Konzert-Termin. Eigentlich sollte Connor hier schon im März 2021 stehen. „Danke, dass ihr euch heute getraut habt.“
Sarah Connor: Fans im Innenraum - mit ungewohnter Lockerheit
Und so zwinkert sie klatschenden Teenies in der ersten Reihe zu. Zupft an ihrem schwarzen Hut. Und zielt lächelnd mit dem Finger auf die Ränge. Dort sitzt schon nach den ersten Konzertmomenten kaum einer. Spätestens ihr Geradeaus-Song „Hör auf deinen Bauch“ liefert dazu quasi den Soundtrack.
Stehparty ohne Stühle im Innenraum, dicht aneinander klatschende Menschen - das gab es in der Arena Oberhausen schon lange nicht mehr. „Wie fühlt es sich an?“, fragt die Sängerin. „Lasst uns tanzen bis das Kondenswasser von der Decke tropft.“ Für fast alle Fans ist es das erste große Konzert seit Ausbruch der Pandemie. Connor fragt danach - und zählt dann alle Handzeichen nach.
Doch es bleibt eine ungewohnte Lockerheit, die manchem Besucher angesichts der hohen Corona-Inzidenz noch mulmig vorgekommen sein dürfte. Beim Konzert gilt aber immerhin die 3G-Regel und Maskenpflicht.
Sarah Connor selbst trägt Protest - auf ihrem schwarzen Pullover steht in dicken weißen Lettern „No War“. Das Kleidungsstück schreit die Ablehnung gegen den Ukraine-Krieg heraus. Schon im Vorprogramm singt die 29-jährige Musikerin Ela, die gebürtig aus der zentralukrainischen Stadt Smila stammt. Ein deutliches Statement in Blau und Gelb. Politisch war Sarah Connor schon immer.
Erst kürzlich hatte die Mutter von vier Kindern ukrainische Geflüchtete bei sich aufgenommen. Schon 2015 überließ sie einer syrischen Familie aus Aleppo eine Wohnung.
Sarah Connor: „From Sarah with Love“ nur als Akustik-Version
„Der Zeitpunkt könnte nicht absurder sein, um uns hier zu treffen“, sagt sie über die Schrecken des nahen europäischen Krieges. Aber in schwierigen Zeit sei es wichtig, den Menschen mit der Musik Leichtigkeit zu geben. Ihre gut abgestimmte 13-köpfige Band hilft dabei. Und man muss schon beide Augen und Ohren fest zuhalten, um nicht zu merken, dass Connor musikalisch gereift ist.
Zur Erinnerung: Ihr zwei Jahrzehnte altes, damals noch komplett englischsprachiges Debütalbum „Green Eyed Soul“ wirkt heute wie eine amüsante Partyreise ins Jugendzimmer. An passenden Kostproben mangelt es beim Konzert in Oberhausen allerdings. Immerhin spielt sie den schweren Kerzenschein-Bombast von „From Sarah with Love“ dann doch in einer entschleunigten Akustik-Version.
Seit dem 2015er-Album „Muttersprache“ setzt sie auf deutschen Pop - hat den Soul aber nicht verloren. Und so lauschen die Fans der „Kleinstadtsymphonie“ oder sinnieren über „Mein Jetzt mein Hier“. Seele gibt es eben auf mehreren Ebenen.
Sarah Connor: Viele Plaudereien - bei „Vincent“ singen alle mit
Auch wenn sich Sarah Connor mit Zeilen über Liebe, Freundschaft und Selbstverwirklichung menschlich zeigt, beherrscht sie auch das Roboterhafte - was nicht am Künstlernamen und der gleichnamigen Figur aus dem Film „Terminator“ liegt. 2005 lieferte sie den Titelsong „From Zero to Hero“ für den US-Animationsfilm „Robots“, für den sie sich auch als Synchronsprecherin wandelbar zeigte. In Oberhausen tanzen die Fans hierzu besonders lang.
Dass sich die Sängerin manchmal allzu ausufernd den Plaudereien hingibt, steht für Fan-Nähe und Entertainer-Qualitäten, aber nicht für einen sonderlich flüssigen Konzertverlauf. Geschmackssache!
Natürlich darf sie nicht gehen, bevor „Vincent“ aus gefühlt 7000 (meist) mit Masken bedeckten Kehlen schallt. Die „Herz Kraft Werke“ haben wieder ganze Arbeit geleistet.
>>> Sarah Connor: Im Begleitchor von Michael Jackson
Der bürgerliche Name von Sarah Connor lautet Sarah Marianne Corina Lewe. Ihr Vater stammt aus New Orleans. 1997 sang die Delmenhorsterin als Jugendliche in einem Chor, der beim Bremen-Konzert von Michael Jackson die Lieder „Heal the World“ und „Earthsong“ begleitete.
Sarah Connor veröffentlichte bislang neun Studioalben, die sich alle in den deutschen Top Ten platzierten. Zuletzt stand sie im November 2019 auf der Bühne der Oberhausener Arena.