Oberhausen. Das MAN-Werk in Oberhausen gilt als heißer Kandidat für ein neues Wasserstoff-Zentrum. So könnten neue Industrie-Arbeitsplätze geschaffen werden.
Es gibt Momente, da staunt selbst ein Minister. Beim Anblick eines riesigen Getriebekompressors zum Beispiel, mit dessen Hilfe man, rein theoretisch natürlich, in 15 Minuten sämtliche Luft aus dem Kölner Dom ziehen könnte. Gebaut wird dieser Luftverdichter derzeit im Oberhausener MAN-Werk in Sterkrade. Und einen Blick drauf geworfen hat NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Freitag. Anlass der Visite sollte allerdings ein anderer sein.
Doch der Förderbescheid, den Pinkwart ursprünglich vorbeibringen wollte, liegt nun doch noch nicht vor. Offiziell mag es niemand bestätigen, aber die Anzeichen sind eindeutig: Die 200.000 Euro, die es für das Oberhausener Wasserstoff-Projekt „HydrOB“ geben soll, werden wohl bewilligt – nur eben ein paar Wochen später als zunächst gedacht.
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Vor knapp einem Jahr ist das Projekt an den Start gegangen. Ziel ist ein Wasserstoff-Campus mit vielen Partnern im gesamten Stadtgebiet: Neben MAN Energy Solutions ist auch der Chemiekonzern OQ Chemicals dabei, auf dessen Ruhrchemie-Gelände eine Elektrolyse-Anlage zur Herstellung von Wasserstoff entstehen soll. Neben anderen sind auch Wirtschaftsbetriebe (WBO) und Müllverbrennungsanlage (GMVA) beteiligt, die auf ihrem Gelände eine Wasserstoff-Tankstelle für Müllwagen, Busse und Privatautos und eine Wasserstoff-Produktionsanlage planen. Die wissenschaftliche Klammer um das Gesamtprojekt setzt das Oberhausener Forschungsinstitut Fraunhofer Umsicht.
Der „HydrOB“ ist einerseits also Netzwerk, andererseits soll an einem konkreten Standort aber auch ein Kompetenzzentrum entstehen, in dem wissenschaftliche Entwicklungen auf die konkreten Anwendungsfelder in Industrie und Handwerk angewendet werden. Gerade für die Industrie ist die Wasserstoff-Technologie überlebenswichtig. Denn sie trägt dazu bei, das gefährliche Klimagas Kohlendioxid (CO2) zu reduzieren., das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht.
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So sieht es auch Uwe Lauber, Vorstandsvorsitzender von MAN Energy Solutions. Wer nicht auf Wasserstoff setzt, könne am Markt nicht bestehen. Nötig seien dafür zwingend aber auch Investitionen. Doch die ganz großen Sprünge könne sein Unternehmen derzeit leider nicht machen. Fördergelder seien nötig. Den Optimismus, den Minister Andreas Pinkwart am Freitag verbreitete, mit der Aussicht, mittelfristig neue Beschäftigung in der Industriebranche zu schaffen, dämpfte der MAN-Vorsitzende ein wenig ab. Immerhin baut das MAN-Werk an der Steinbrinkstraße zunächst immer noch Arbeitsplätze ab.
Stellenabbau bei MAN in Oberhausen
318 Jobs fallen beim Turbinenhersteller bis Ende 2023 weg. Das hatte der Konzern Ende 2020 verkündet. Etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bereits gegangen. Bislang sozialverträglich; laut Konzern und Betriebsrat hat es keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben. „Dennoch gibt es große Einschnitte, die Belegschaft hat viel gegeben“, sagt Betriebsratsvorsitzender Helmut Brodrick. Dies zeigt aus seiner Sicht nun Wirkung: Aufträge gehen ein – und werfen Gewinne ab.
„Die jetzt gewählte Strategie ist die richtige“, sagt Brodrick, der seit Jahren immer wieder deutlich macht, wie wichtig die Wasserstoff-Strategie ist, um vor allem Industrie-Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Einen weiteren Schritt in eine sichere Standort-Zukunft würde das Unternehmen mit einem „HydrOB“-Kompetenzzentrum an der Steinbrinkstraße machen. Platz ist da, die fachlichen Voraussetzungen seien es ohnehin, wie Andreas Pinkwart beim Rundgang durchs Werk am Freitag mehrfach wiederholte.
Was fehlt: Geld für die Umsetzung und eine offizielle Standort-Entscheidung. Die Fördermittel von 200.000 Euro dürften kaum reichen, um ein solches Kompetenzzentrum einzurichten. Doch sie könnten den Anstoß geben, gestärkt durch Standort-Analysen und Machbarkeitsstudien, sich auf das MAN-Gelände als neuen Sitz des „HydrOB“-Zentrums festzulegen. Vielleicht ja beim nächsten Minister- oder Ministerinnenbesuch.