Oberhausen. In Oberhausen soll ein riesiger Wasserstoff-Campus entstehen. Doch die Verantwortlichen kommen nicht in die Pötte – kritisiert die SPD.

Der Name ist beeindruckend, den sich die Oberhausener Verantwortlichen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtverwaltung für die Wasserstoffinitiative der Stadt Anfang des Jahres gegeben hat: „HydrOB - Initiative Campus for Hydrogen Technologies Oberhausen“. Doch bisher ist nach Ansicht der SPD-Ratsfraktion viel zu wenig passiert, um Oberhausen wirklich im Wettstreit um die Milliarden-Fördermittel des Bundes nach vorne zu bringen.

Der städtische Zukunftsdezernent Ralf Güldenzopf hat im jüngsten Wirtschaftsausschuss den Stand der Wasserstoff-Projekte geschildert. Dabei geht es zentral um einen Wasserstoff-Campus in Oberhausen, der durch Forschungen und praktische Anwendungen vor Ort das gesamte Ruhrgebiet bei der Anwendung der Wasserstofftechnik nach vorne bringen soll. Facharbeiter, Ingenieure und Naturwissenschaftler werden nach den Plänen in Oberhausen fortgebildet werden. Zudem wird der Campus die Ansiedelung von Start-ups unterstützen und mittelständischen Unternehmen Kompetenzen im Umgang mit Wasserstoff vermitteln.

Kompetenzzentrum Wasserstoff künftig in Sterkrade?

Wasserstoff gilt seit einiger Zeit als Energieträger der Zukunft – vor allem für die Industrie-Produktion und Großfahrzeuge, die klimaneutral betrieben werden könnten, wenn der Wasserstoff aus Alternativenergien erzeugt würde. Das zentrale Wasserstoff-Kompetenzzentrum könnte auf dem großen Areal des Turbinenherstellers MAN Energy Solutions in Sterkrade entstehen. Schon in zwei Jahren soll der Grundstein dafür gelegt werden.

Wasserstoff durch Elektrolyse

Wasserstoff entsteht in einem Elektrolyse genannten chemischen Prozess, der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Wenn die Energie, die dafür benötigt wird, aus erneuerbaren Ressourcen stammt, spricht man von sogenanntem grünen Wasserstoff, weil bei der Herstellung deutlich weniger oder sogar gar kein Kohlendioxid freigesetzt wird.Die Müllverbrennungsanlage (GMVA) in Buschhausen gewinnt Strom durch die Verbrennung der Abfälle. Die Hälfte dieses Stroms wird schon jetzt als grün eingestuft. 100.000 Haushalte versorgt die GMVA mit Strom. Zusätzlich wird dort auch Fernwärme produziert.

Doch der SPD-Ratsfraktion geht das Projekt nicht schnell genug voran. Vor allem Helmut Brodrick, SPD-Ratsherr und zugleich erfahrener Betriebsratsvorsitzender bei MAN Energy Solutions, drückt auf die Tube. Der Bericht von Güldenzopf hat die Sozialdemokraten enttäuscht. „Wir waren überrascht, dass man bis Ende 2022 erstmal nur weiter planen will. Das hatte ich bei den Partnertreffen des Campus anders verstanden“, gibt Brodrick an.

Helmut Brodrick  
Helmut Brodrick   © Unbekannt | SPD

Tatsächlich formulierte Güldenzopf sehr vorsichtig in seiner Bestandsbeschreibung: „Auf Grundlage der zu beantragenden Förderung soll das Konzept ab Herbst 2021 bis Ende 2022 in eine konkrete Umsetzungsplanung übersetzt werden. Gleichzeitig wird sich enger mit anderen Netzwerken und Initiativen verzahnt.“

Oberhausen hat in 40 Jahren fast 20.000 Industrie-Arbeitsplätze verloren

IG Metaller Brodrick untermauert deshalb eindringlich mit Zahlen, wie dringend es ist, die Wasserstoff-Idee zügig zu verwirklichen. „Wir müssen endlich die Handbremse lösen. Oberhausen hatte 1980 ohne den Bergbau rund 26.500 Industriearbeitsplätze, 2019 nur noch knapp 7400. Das sind also fast 20.000 Jobs oder rund 70 Prozent weniger – ein heftiger Einschnitt. Wenn wir diese Wasserstoff-Chance nicht ergreifen, haben wir bald gar keine mehr.“ Nach Auffassung der SPD-Fraktion müsse die Stadtspitze – allen voran Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) – die Wasserstoff-Pläne „endlich ehrgeizig verfolgen“.

Auch SPD-Wirtschaftspolitiker Thomas Krey fordert, endlich konkret zu werden, statt immer über die Wasserstoff-Zukunft zu schwadronieren. „Im Herbst 2020 hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) selbst vor Ort davon gesprochen, dass ein Wasserstoff-Campus auf dem MAN-Gelände eine Zukunftsinvestition für das ganze Land wäre. Passiert ist seitdem nicht genug. Wir brauchen mehr Dynamik.“