Mülheim. Vier Live-Aufführungen hätte es in Mülheim im Rahmen von „Tanz NRW“ geben sollen. Die hochspannenden Produktionen werden nun online gezeigt.
Es ist ein äußerst ungewöhnliches Duett: Die zierliche Tänzerin Mijin Kim tanzt mit einem 100 Kilogramm schweren Pauschenpferd wie man es aus dem Turnunterricht kennt. In „Circular Vertigo“, einer Produktion der Gruppe Overhead Project, verschmelzen Tanz, Akrobatik und andere performative Elemente zu einer spannungsvollen Erkundung von Mensch-Objekt-Beziehungen. Das Stück hat am Donnerstag, 29. April, um 20 Uhr Premiere im Ringlokschuppen. Publikum ist vor Ort leider nicht zugelassen, die Aufführung wird aber live gestreamt.
40 Vorstellungen in neun Städten
Mit „Circular Vertigo“ startet das Festival „Tanz NRW 2021“, das vom 28. April bis 9. Mai in neun Städten stattfindet und rund 25 in NRW entstandene Tanzproduktionen zeigt. Insgesamt 40 Vorstellungen sind zwischen Münster und Bonn geplant, im Mülheimer Ringlokschuppen – zum zweiten Mal bei diesem Festival dabei – hätten vier davon vorgestellt werden sollen.
„Wir hätten ein total schönes Live-Programm geboten, wenn es Corona nicht gäbe“, sagt Zsolt Káldy, Festivalkurator am Ringlokschuppen. Nun werden die vier Stücke online gezeigt – an den Abenden, an denen sie auch tatsächlich über die Bühne gegangen wären. „Es hat auch seinen Reiz, sich diese spannenden Produktionen nach Hause ins Wohnzimmer zu holen“, findet Kaldy. Hinzu kommt: Da alle Beiträge des Festivals ins Netz verlagert werden, kann man sich dort auch diejenigen Produktionen anschauen, die in den anderen Städten aufgeführt werden sollten. Jeweils an den vorgesehenen Terminen.
Liebesbriefe an den Tanz formulieren
Auf die Premiere von „Circular Vertigo“ (Tanz trifft Klassischen Zirkus) folgt am Samstag, 1. Mai, um 16 Uhr ein Projekt von Deufert & Plischke. „Just in time“ ist zunächst einmal ein Online-Workshop mit interessierten Menschen. Sie sollen einen ganz persönlichen Liebesbrief an den Tanz schreiben. „Warum ist mir Tanz wichtig? In welchen Momenten hat das Tanzen mir geholfen? Um solche Fragen geht es“, erklärt Zsolt Káldy.
Die Choreographen Kattrin Deufert und Thomas Plischke werden mit den Teilnehmern außerdem aber auch physisch arbeiten. Sie werden ihre Lieblingsbewegungen und Körpererinnerungen sammeln und zeichnerisch festhalten. Dieses Bewegungsmaterial fließt in eine Choreographie ein, die beim Festival-Abschlussball am 9. Mai vorgestellt werden soll – natürlich ebenfalls online. Für den Workshop kann man sich jetzt noch anmelden (workshop@tanz-nrw-aktuell.de).
Fotografien übersetzt in Bewegungen
Die Choreographin Maura Morales, die schon schon so viele ihrer Produktionen im Ringlokschuppen erarbeitet und gezeigt hat, stellt am Samstag, 1. Mai, um 20 Uhr das Stück „Cherchez la femme“ als Video vor. Diesmal geht es um die Selbstbestimmtheit der Frau. Im Mittelpunkt der Choreographie steht das Werk der verstorbenen amerikanischen Fotografin Franscesca Woodman. Ihre beeindruckende Bildwelt übersetzen Maura Morales sowie zwei weitere Tänzerinnen in Bewegungssprache – zur Live-Musik des Komponisten Michio Woirgardt. Eine spannende Transskription, denn: „Die Fotografie dokumentiert einen Moment, der Tanz - das sind flüchtige Bewegungen, die nicht wiederholbar sind“, sagt Zsolt Káldy.
Die transmediale Oper „Geschöpfe“ des international renommierten Choreographen Ben J. Riepe kann man sich schließlich am Mittwoch, 5. Mai. um 20 Uhr als Video ansehen. Riepe entwickelt gemeinsam mit dem Komponisten Gordon Kampe, mit sechs Performern und zwei Musikern einen Raum, indem das Miteinander von Natur, Technik und Mensch neu ausgelotet wird. Die Geschöpfe begegnen Erde, Feuer, Wasser, Luft und sogar digitalen Avataren und „ringen in Bewegung, Gesang und skulpturalen Momenten um ihren Platz in der Weltordnung“.
Informationen und Zugänge zu den digitalen Angeboten finden sich auf www.ringlokschuppen.ruhr oder www.tanz-nrw-aktuell.de