Mülheim. Zwei Tanztheater-Produktionen waren im Ringlokschuppen erstmals im Rahmen von Tanz NRW zu sehen. Beim nächsten Mal könnten es mehr sein.

Stücke, Impulse und jetzt auch noch das Tanz-Festival NRW - bei allen drei Festivals im Mai ist der Ringlokschuppen eine wichtige Spielstätte. Bei Tanz NRW ist der Schuppen in diesem Jahr erstmals dabei, aber unter den neun beteiligten Städten zunächst noch ein assoziiertes Mitglied. Mit zwei Abenden, darunter einer Premiere, ist das Programm allerdings schon so umfangreich wie in den kleineren Veranstaltungsstädten, etwa Viersen und Wuppertal.

Im Focus des Festivals standen aber auch Kompanien, die am Schuppen seit Jahren zu sehen sind, wie CocoonDance und Maura Morales. „Es ist schön, dass unsere älteren Hausgruppen beim Festival Aufmerksamkeit erhalten und zu sehen sind“, freut sich Matthias Frense, Geschäftsführer des Ringlokschuppens. Die Produktion Vis Motrix von CocoonDance, die beim Festival in Bonn und Köln zu sehen war, lief in Mülheim bereits im Dezember.

Die Tänzer kommen gerne

Die Company um die Schweizer Choreografin Rafaële Giovanola wird am 15. Juni mit „Signifying Ghosts“ bei den Afrika-Tagen im Schuppen erneut gastieren und mit einem gemischten Team aus unterschiedlichen Ländern einen außergewöhnlichen Abend präsentieren.

„Wir hätten Lust dazu, beim nächsten Tanz Fest in zwei Jahren auch noch eine dritte Produktion zu zeigen“, sagt Frense nach dem gelungen Start. Die Zeichen dafür stehen gut. Die Tänzer kommen gern, denn in dem hellen und flexibel gestaltbaren Saal 3 sind mit dem Schwingboden die Bedingungen, ganz abgesehen von der Atmosphäre und Betreuung, gut. Mit Zsolt Káldy verfügt das Ringlokschuppen-Team auch über einen profunden Kenner der Tanzszene, der neue Trends und Qualität sicher erkennt. Daher ist die Aufnahme des Ringlokschuppens in den Kreis der Spielstätten eine Anerkennung der langjährigen Pflege und Anstrengung im Bereich des Tanzes. Mit Hartmann Müller stand am Wochenende ein Tanz-Duo auf der Bühne, das von Frense jüngst als neue Hausgruppe verpflichtet wurde und hier im kommenden Jahr proben und produzieren kann.

Die Widrigkeiten des Alltags

Es sind positive Veränderungen, die das Haus erlebt. Veränderungen und die Anpassung an die Widrigkeiten des Lebens könnte auch das Obertitel der beiden Abende lauten, die am Wochenende zu sehen waren. Streng genommen waren es drei Solostücke, denn Hartmann und Müller tanzten jeweils alleine. Alle drei Akteure erzählen ihre Geschichte nicht nur indirekt über Bewegung, Gestik und Körper, sondern auch ganz direkt über Sprache. Die Grenzen zwischen Tanz- und Sprechtheater werden so fließend. Einen Styroporquader hinter sich her ziehend, klagt Simon Hartmann ironisch, wie beschwerlich sein Alltag ist.

Vom Tier zum Mensch

Zu Beginn beider Stücke stand aber die Metamorphose von einem Tier, das zuerst über die Bühne kriecht, zum Menschen. Stephanie Thiersch präsentiert mit ihrer langjährigen Partnerin Viviane Escalé die Geschichte einer alternden Tänzerin. Ist man mit 40 schon zu alt für die Bühne? Das Geld für Partner und Kostüm ist zu knapp. So steht ihr nur das Mädchen Malou zur Seite. Und wie sieht das Nichtstun aus? Das hat ihr niemand gesagt.

Sie fordert die Zuschauer immer wieder auf, ihr bei den Veränderungen zu assistieren, bittet sie, ihr das Dekolleté auszustopfen und anderes. Schließlich verwandelt sie sich in eine Nixe, die sich sehnt, ein Eisbär zu sein. Denn die müssen bekanntlich nie weinen. Und Daniel Ernesto Müller ist mal Clown, mal Wurm, dann tanzt er mit einem flexiblen Schlauch. Dabei nutzt er mit kühnen Sprüngen den gesamten Raum. Es ist eine ironische Hommage an die Evolution, in der sich der Mensch seiner eigenen Grundlage beraubt.