Mülheim. Wenn die 3G-Regel im ÖPNV kommt, wird’s in Mülheim keine lückenlose Kontrolle der Fahrgäste geben. Warum die Ruhrbahn kein erhöhtes Risiko sieht.
Angesichts der wieder ansteigenden Corona-Infektionszahlen planen die Berliner Ampel-Koalitionäre eine 3G-Regelung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Im Vor-Corona Jahr 2019 beförderten die Bussen und Bahnen der Ruhrbahn 25,5 Millionen Mülheimer Fahrgäste. Diese Zahlen haben sich nach Angaben der Ruhrbahn derzeit bei 90 Prozent dieses Vor-Corona-Fahrgäste-Volumens eingependelt. Tendenz: wieder ansteigend.
Wie Ruhrbahn-Sprecherin Sylvia Neumann auf Anfrage dieser Zeitung erklärt, sind die Coronaschutz-Regeln von den Fahrgästen gut angenommen worden. Derzeit müssen die Fahrgäste der Ruhrbahn sowohl in Bussen und Bahnen als auch an den Haltestellen Schutzmasken tragen. Außerdem werden alle Fahrzeuge verstärkt gereinigt und regelmäßig desinfiziert.
Laut einer Studie, die der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) zusammen mit Bund und Ländern in Auftrag gegeben hat, gibt es nach Angaben der Ruhrbahn kein erhöhtes Infektionsrisiko für die Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs. Dennoch ist in Gesprächen immer wieder zu hören, dass ÖPNV-Nutzer, die die Möglichkeit dazu haben, unter dem Eindruck der Corona-Pandemie wieder verstärkt auf ihr Auto umgestiegen sind.
Ruhrbahn: Die Schaffner und Schaffnerinnen kommen auch in Mülheim nicht zurück
Mit Blick auf die wahrscheinliche Einführung einer 3G-Regel, die bedeuten würde, dass nur noch ausweislich getestete, geimpfte und genesene Personen weiterhin mit Bussen und Bahnen fahren könnten, hält man sich bei der Ruhrbahn vorerst bedeckt und weist darauf hin, dass bisher noch keine Einzelheiten einer entsprechenden Gesetzgebung bekannt seien. Allerdings lässt die Sprecherin der Ruhrbahn keinen Zweifel daran, dass es im öffentlichen Personennahverkehr, der in den beiden Ruhrbahn-Städten Essen und Mülheim jährlich insgesamt 140 Millionen Menschen befördert, keine lückenlose Kontrolle der Fahrgäste geben könne. Die Ruhrbahn sieht sich hier im Einklang mit der Position des VDV.
Eine Renaissance der Schaffner und Schaffnerinnen, die in den frühen 1970er Jahren in Bussen und Straßenbahnen abgeschafft wurden, wird es also auch in der Corona-Zeit nicht geben, obwohl entsprechendes Personal sowohl die Fahrkarten als auch die einschlägigen medizinischen Corona- Zertifikate prüfen könnte. Der explizite Hinweis darauf, dass eine lückenlose 3G-Kontrolle der Fahrgäste nicht möglich sei, lässt vermuten, dass es nur stichprobenartige Kontrollen durch die jetzt schon eingesetzten Fahrkartenkontrolleure geben wird.
Mülheims SPD-Abgeordneter Sebastian Fiedler befürwortet die 3G-Regel im ÖPNV
Verband warnt vor restriktiven Kontrollen
In einer Stellungnahme zu den 3G-Plänen der Ampel-Koalitionäre hat der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, mit davor gewarnt, dass zu weitgehende und restriktive Kontrollen zu einem Zusammenbruch des Öffentlichen Personennahverkehr führen könnten.Weiter erklärt Wolf auf der Grundlage der unter anderem vom VDV beauftragten Studie und den Zahlen der nordrhein-westfälischen Gesundheitsämter: „ Einmal mehr bleibt es richtig, die öffentliche Mobilität nicht als Infektionstreiber auszumachen!“ Außerdem deutete er die Möglichkeit an, im Falle weitgehender Kontrollen auf die personelle Unterstützung der Polizei zurückzugreifen. Die vollständige Stellungnahme Wolffs findet man auf der Internetseite seines Verbandes unter: www.vdv.de
Und wie sehen Mülheims Bundestagsabgeordnete, die qua Amt vom Deutschen Bundestag eine Freifahrt-Netzkarte der Deutschen Bahn bekommen, die Lage? Sebastian Fiedler (SPD) schreibt auf diese Anfrage: „Ich sitze gerade in einem sehr leeren ICE. Eine erwartbar stark frequentierte Verbindung würde ich derzeit unbedingt meiden. Ich befürworte eine 3G-Regelung im ÖPNV einschließlich des Luftverkehrs. Eine Kontrolle sollte mindestens im Rahmen der Kontrolle der Fahrkarten erfolgen, so wie es derzeit bereits in Bezug auf das Tragen einer medizinischen Maske bzw. einer FFP2-Maske, zum Beispiel in Berlin, Bayern, gelebte Praxis ist“, so Fiedler.
Seine Parlamentskollegin Astrid Timmermann-Fechter (CDU) antwortet: „dass sich mein Nutzungsverhalten durch die Corona-Pandemie nicht verändert hat und ich nach wie vor den öffentlichen Verkehr nutze, beispielsweise, indem ich mit dem Zug nach Berlin reise.“ Last, but not least räumt die Mülheimer SPD-Landtagsabgeordnete Hannelore Kraft mit Blick auf den öffentlichen Personennahverkehr in Corona-Zeiten ein: „Was meine eigene Nutzung angeht, halte ich mich mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel weitgehend zurück.“