Mülheim. Mülheims Kämmerer Mendack plant für 2021 Kürzungen bei den Kita-Zuschüssen für freie Träger. Eltern protestieren: Schon jetzt sind Mittel knapp.

Stadtkämmerer Frank Mendack hatte es jüngst gegenüber dieser Zeitung angekündigt: Weil der Stadtrat seinen 2018er Beschluss, im kommenden Jahr im ÖPNV-Betrieb zwei Millionen Euro einzusparen, nicht umsetzen wird, müsse die Millionensumme durch anderweitige Sparmaßnahmen in Mülheim zusammengekratzt werden. Jetzt zeichnet sich ab, welche Alternativen der Kämmerer präsentieren wird: Er will bei den Kitas sparen.

Für Aufregung sorgt der Plan, Zuschüsse für den Kita-Betrieb freier und konfessioneller Träger zu kürzen. Gegenüber dieser Zeitung bestätigte Mendack, dass er den sogenannten Trägeranteil, den die Stadt nach einem Beschluss aus dem Jahr 2014 zur Verfügung stellt, sukzessive bis zum Kita-Jahr 2023/24 von 50 auf 25 Prozent zu reduzieren gedenkt. Schon im kommenden Jahr will er so 136.000 Euro einsparen, am Ende sollen es gut 900.000 Euro sein.

Stadtkämmerer Mendack: Andere Städte zahlen gar nichts

Mendack rechtfertigt sein Sparvorhaben damit, dass durch das überarbeitete Kinderbildungsgesetz mehr Geld in das System fließe. So könne die Stadt folglich ihren – wohlgemerkt freiwilligen – Beitrag zur Kita-Finanzierung, aktuell rund zwei Millionen Euro pro Jahr, reduzieren. Der Kämmerer verweist auch darauf, dass „andere Städte gar nichts zahlen“ und dass Mülheim als NRW-Kommune mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung nicht umhinkomme, das nicht realisierte Einsparziel aus dem ÖPNV anderweitig zu kompensieren.

Zu vernehmen ist, dass Mendack der Politik bei seiner Etat-Einbringung kurz vor Weihnachten noch andere Alternativen zum Sparen aufzeigen wird; etwa werden auch Einsparungen im Offenen Ganztag an den Schulen wieder Thema sein. Am Ende soll im Februar die Politik entscheiden, wo Mittel eingespart werden.

Stadtelternrat: Schon jetzt haben Kita-Träger Finanzierungsprobleme

Die Kita-Träger sind in einer Runde mit Mendack und OB Marc Buchholz, der weiterhin das Ressort Kinder und Jugend im Verwaltungsvorstand verantwortet, bereits informiert worden. Und es regt sich schon Widerstand, so beim Stadtelternrat. Dessen Vorsitzende Daniela Heimann beklagt nicht nur, dass die Verwaltung die Eltern bisher nicht gehört habe.

Heimann sieht das Finanzierungssystem Kita in Mülheim wackeln. Schon jetzt hätten Träger gerade kleinerer Einrichtungen Finanzierungsprobleme. Insbesondere sei dies von konfessionellen Betreibern bekannt, verweist Heimann darauf, dass etwa die evangelische Lukasgemeinde erst im Sommer den Betrieb zweier Familienzentren („Die kleinen Strolche“ in Styrum und „Kunterbunt“ in Dümpten) in die Hände der Bethanien Diakonissen-Stiftung gegeben hatte – eben aus finanzieller Not heraus.

Heimann sieht aktuelle Vorhaben zum Ausbau von Kita-Plätzen auf der Kippe

Heimann befürchtet, dass eine Kürzung die Trägervielfalt in Mülheim gefährdet und zudem Pläne freier und konfessioneller Träger für eine Erweiterung oder einen Neubau einer Kita durchkreuze. So sieht Heimann aktuell schon das Investitionsvorhaben der evangelischen Markusgemeinde gefährdet, das Familienzentrum „Unterm Regenbogen“ in Winkhausen in Kooperation mit dem Wohnungsbauunternehmen Vivawest von zwei auf vier Gruppen zu erweitern.

Während Heimann „die sichere Information“ zu haben glaubt, dass das Projekt aufgegeben sei, äußert sich Pfarrerin Petra Jäger als Presbyteriumsvorsitzende der Gemeinde zurückhaltend: „Die Gemeinde muss jetzt prüfen, wie wir das Projekt realisieren können“, sagt sie. Aus ihrer Gemeinde sind aber auch kritischere Stimmen zu vernehmen: „Es ist eine ganz blöde Situation: Die Träger stehen finanziell alle mit dem Rücken an der Wand“, es sei unverständlich, dass die Stadt „in diesem sensiblen Bereich auf Kosten der Kinder kürzen will“.

Offener Brief an OB Buchholz: Elterninitiative zeigt sich entsetzt

Heimann als Vertreterin der Mülheimer Kita-Eltern erinnert an die Wahlkampf-Aussagen von Politikern aller Couleur, den Bedarf an mehr Kita-Plätzen decken zu wollen. Die Zielerreichung sei nun gefährdet. Sie fragt, wie die Stadt bei einer Kürzung der Mittel noch Träger für neue Kitas etwa in Dümpten und Eppinghofen, wo der zusätzliche Bedarf am höchsten ist, finden wolle.

Auch die Elterninitiative „Purzelbaum“ schlägt Alarm, zeigt sich „entsetzt“. In einem offenen Brief an OB Buchholz erinnert ihr Vorsitzender Carsten van Hüth auch daran, dass die Stadt erst 2018 die Elternbeiträge erhöht hatte. Die nun geplante Mittelkürzung sei existenzbedrohend und „kinderfeindlich“, so die Initiative für die gleichnamige Kita an der Kreuzstraße.

Wie auch der Stadtelternrat verweist van Hüth darauf, dass die Stadt die Trägervielfalt gefährde, und stellt die provokative Frage, ob die Stadt im Zweifel in der finanziellen Lage sei, selbst mehr Kitas zu betreiben. Komme es dazu, weil sich freie Träger notgedrungen zurückzögen, müsse die Stadt viel höhere Kosten schultern als aktuell mit ihrem Trägeranteil.