Mülheim. . Die Flächennot ist groß. Die Stadt will ungewöhnliche Wege gehen, um das erklärte Ziel zu erreichen: Betreuung jedes zweiten U 3-Kindes bis 2025.

Der Bedarf an Betreuungsplätzen für kleine Kinder wächst ungebremst. Aktuell betreiben 15 Träger 87 Kitas in der Stadt und gibt es rund 1000 Plätze bei Tagesmüttern. Damit kommt man gerade so hin, allerdings nur, weil Überbelegungen in Kauf genommen werden und die Kleinen auch in Gebäuden betreut werden, von denen man sich längst trennen wollte. In den kommenden Jahren müssen Hochrechnungen zufolge noch deutlich mehr Jungen und Mädchen untergebracht werden. Die Stadt baut Kitas – sich weitere Standorte zu erschließen, werde aber zusehends schwieriger, sagt Bildungsdezernent Ulrich Ernst. Die Flächennot ist groß. Daher erwäge man mittlerweile auch ungewöhnliche Lösungen. Ein Kita-Bau auf dem Dach eines eingeschossigen Supermarktes war so eine Idee.

Doch die habe man bald verworfen. Logistische und statische Gründe standen ihr entgegen. „Und außerdem konnten wir uns nicht vorstellen, wie das aussieht, wenn Kinder zwischen rangierenden Lkw und parkenden Autos zur Kita laufen müssen.“ Nicht alltäglich wäre auch die Unterbringung in entweihten Kirchen, auf einem Parkhaus oder in einem Einkaufszentrum. „In anderen Kommunen gibt es das.“ Man prüfe es, führe Gespräche. Mit ersten Ergebnissen ist in einigen Monaten zu rechnen, sagt Minka Gerent, die im Amt für Kinder, Jugend und Schule für Jugendhilfeplanung zuständig ist. Ernst plädiert trotzdem dafür, weiter nach Grundstücken für Neubauten Ausschau zu halten. „Wir müssen Flächen generieren.“ Auch Privatpersonen sollten sich gern angesprochen fühlen. „Eine Kita aber braucht mindestens 1500 bis 2000 Quadratmeter.“

Mehr Geburten und Zuwanderung

Seit 2013 beschäftigen sich Mitarbeiter des Amtes intensiv mit dem steten Ausbau; seitdem nämlich haben Eltern einen Rechtsanspruch auch auf einen Betreuungsplatz für Ein- bis Dreijährige. Bis 2018, so nahm man sich damals vor, wolle man in Kitas und Tagespflege für 45 Prozent der U 3-Kinder Platz schaffen, zudem für 99 Prozent der älteren Kinder. Und tatsächlich: Im März 2017 vermeldete Mülheim eine U3-Versorgungsquote von 45,7 Prozent. „Das haben wir geschafft“, freut sich Dezernent Ernst. Mittlerweile allerdings sind die Zahlen wieder leicht zurückgegangen. Die Geburtenrate ist stark angestiegen und auch durch Zuwanderung sind mehr Kinder in Mülheim zu Hause.

Nicht alle Eltern sind zufrieden, weiß Ernst, „wir hören noch zu oft, dass man nicht bekommen hat, was man wollte“. Die Wunschkita war voll. Oder nur eine Betreuung bei einer Tagesmutter möglich, obwohl das Kind in den Kindergarten gehen sollte. Probleme, die bekannt sich und angegangen werden sollen. Doch auch künftig werde man wohl „nicht in jedem Einzelfall die optimale Lösung finden“. Bis 2025, lautet der neue Plan, will man 50 Prozent der U 3-Kinder versorgen können, also jedes zweite. „Und zwar ohne Überbelegungen“, betont Jugendamtsleiterin Lydia Schallwig. Die Neueinrichtung von 1092 Plätzen – davon 471 im U3- und 611 im Ü3-Bereich – ist geplant.

Zusätzliche Einrichtungen sollen helfen, etwa am Wenderfeld, wo jüngst das Ausschreibungsverfahren beendet worden ist. Sechs Investoren haben sich beworben, mit potenziellem Träger und pädagogischem Konzept. Fünf Gruppen für Kinder ab eins sollen geschaffen werden, idealerweise steht der Bau 2021 fix und fertig da. Genau wie die fünfgruppigen Kitas an der Teutonenstraße in Speldorf und am Papenbusch. Gebaut wird auch an der Bruchstraße, im Mai soll Eröffnung sein. Und an der Barbarastraße sowie der Raadter Straße, wo bis Frühjahr 2020 Kitas entstehen. Für die Waldkitas in Holthausen und Mintard liegen noch nicht alle Genehmigungen vor.

Eltern wünschen sich institutionelle Betreuung

Drei bis vier Jahre dauert es in der Regel vom Finden eines geeigneten Grundstücks bis zur Inbetriebnahme des Kindergartens – Tagesmütter stehen schneller bereit. Man habe in der Tagespflege mittlerweile 200 Plätze mehr als ursprünglich geplant, heißt es. Mit Bau immer neuer Kitas würden sich die Zahlen leicht rückläufig entwickeln – weil Eltern es so wünschten, konzentriere man sich nun vor allem auf den Ausbau institutioneller Kinderbetreuung.

>>Im NRW-Vergleich steht Mülheim mit seiner Betreuungsquote im U 3-Bereich gut da, sagt Dezernent Ulrich Ernst. Dies zeige eine Veröffentlichung aus 2017, wonach die Stadt den ersten Rang im Bereich „Gesamtbetreuungsquote U3“ belegte. Aktuelle Anfragen an andere NRW-Kommunen ließen auch für das kommende Kindergartenjahr ein vorderes Ranking erwarten. Die Zahlen veröffentliche IT NRW zumeist Mitte März.

Seit 2014/15 wurden durch 14 Neu- und Erweiterungsbauten 221 Plätze für U3 und 241 Plätze für Ü 3 geschaffen. Rechne man noch die bald fertig werdenden Kitas hinzu, werde die Versorgungsquote 2019/20 für die 4730 Drei- bis Sechsjährigen bei 97,5 Prozent und für die 4909 Ein- bis Dreijährigen bei 44,8 Prozent liegen.