Mülheim. . In gut zwei Wochen muss der Rat einen Haushalt für 2019 beschließen. Seit Wochen wird nach weiteren Sparmöglichkeiten und Einnahmen gesucht.

Eine weitere Anhebung der Kita-Gebühren sowie eine Reduzierung des Personals in der Offenen Ganztagsbetreuung (OGS) wird es mit einem Großteil der Mülheimer Ratsmitglieder nicht geben. Das ließ am Dienstag der Fraktionschef der SPD, Dieter Spliethoff, durchblicken. Seit Wochen verhandeln die Ratsfraktionen hinter verschlossenen Türen darüber, wie Anfang Dezember ein genehmigungsfähiger Haushalt für das Jahr 2019 aufgestellt werden kann.

Kämmerer Frank Mendack hatte im Sommer der Politik vorgeschlagen, die Kita-Gebühren nochmals heraufzusetzen und das Personal im Ganztag herunterzufahren, um so Kosten zu sparen. „Wir wollen nicht, nachdem wir erst kürzlich die Dynamisierung der Elternbeiträge beschlossen haben, schon wieder die Sätze anheben“, sagt Spliethoff. Und was die Betreuung im Offenen Ganztag angeht, so wollen die Politiker den im Vergleich zu anderen Städten höheren Personalschlüssel halten, weil sie darin die deutlich bessere Qualität sehen.

Erhöhung der Grundsteuer B könnte nötig sein

Noch in der Diskussion ist bei der SPD der Umgang mit der Grundsteuer B. Auch hier hatte der Kämmerer für eine Anhebung plädiert. „Gern geht hier keiner ran“, betont Spliethoff, fürchtet jedoch, dass „unter Bauchschmerzen“ eine geringfügige Steigerung nötig sein werde.

Rund 15 Millionen Euro müssen irgendwie noch im städtischen Haushalt zusammengespart oder mehr eingenommen werden, damit die Stadt im Jahr 2020 einen Etat vorlegen kann, in dem die Ausgaben die Einnahmen nicht mehr übersteigen. Dazu ist sie gegenüber dem Land verpflichtet.

30 bis 35 Millionen Euro Minus im ÖPNV

Bundesweit Spitze ist Mülheim seit vielen Jahren, was das Defizit beim ÖPNV angeht. „Wir werden uns alle auf deutliche Veränderungen gefasst machen müssen“, sagt Spliethoff. Zwischen 30 und 35 Millionen Euro beträgt das jährliche Minus beim ÖPNV. Die Kosten reduzieren und die Qualität halten – das wäre das Ziel, bei dem Berater helfen sollen und müssen.

An den ÖPNV denkt vor allem auch die CDU, wenn es darum geht, weitere Millionen einzusparen. Aber auch das Personal in der Stadtverwaltung sei ein Schwerpunkt bei den aktuellen Überlegungen, erläutert Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer. Zu hören ist, dass in Teilen der Verwaltung Mülheim deutlich besser zahlen soll als andere Kommunen. Doch gibt die CDU auch zu bedenken: „Wir erleben inzwischen sogar Abwerbungen von guten Leuten auch unterhalb der Amtsleiterebene.“ Heißt: Andere bieten mehr. Die CDU hofft, dass es möglichst gelingt, Steuererhöhungen am Ende zu vermeiden. „Es dürfte bis zum Schluss um den Etat gerungen werden“, so Schiemer.

BAMH fordert für Einsparungen Busse statt Bahnen

Der Bürgerliche Aufbruch Mülheim (BAMH) sieht vor allem die SPD und in Teilen die CDU sowie die Grünen in der Verantwortung für das finanzielle Desaster, vor dem die Stadt steht. „Wir lassen uns da nicht in Mithaftung nehmen“, betont Fraktionschef Jochen Hartmann und warnt davor, Wähler veräppeln zu wollen. Er sieht Tendenzen, alles Unangenehme wie Steuererhöhungen im nächsten Jahr vorzunehmen, um dem Bürger im Wahljahr 2020 keine unangenehmen Rechnungen präsentieren zu müssen. „Da machen wir nicht mit.“ Busse für Bahnen, um das riesige ÖPNV-Defizit herunterzufahren, dafür steht der BAMH.

Die FDP hat ihre Schularbeiten zum Haushalt erledigt. Fraktionschef Peter Beitz listet auf: keine Steuererhöhungen, Einsparungen beim Personal inklusive einer Dezernentenstelle, Absenken der im Vergleich zu anderen Kommunen hohen Standards, Reduzierungen bei den begleitenden Sozialleistungen und Ausweisung von noch mehr Gewerbeflächen, um mehr Gewerbesteuern einnehmen zu können. Beitz fordert von der SPD, dass sie sich für das Desaster in Mülheim verantwortlich zeigt.

Nicht Erkenntnis sondern politische Mehrheit fehlt

Die Grünen stecken ebenfalls noch in den Beratungen, fürchten aber unter anderem, dass man an Steuererhöhungen nicht vorbeikommt, wie der Fraktionssprecher Tim Giesbert sagt. Für ihn gilt allerdings auch: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern es fehlen zur politischen Umsetzung oft die politischen Mehrheiten.“

Die MBI als größter Kritiker der Mülheimer Finanzpolitik wollen sich noch einmal mit den Vorschlägen der Gemeindeprüfungsanstalt befassen. „Es wird“, sagt Fraktionschef Lothar Reinhard, „unter anderem darum gehen müssen, wie wir die im Vergleich zu anderen Städten hohen Personalkosten pro Einwohner reduzieren können.“

>>> Stärkungspakt bringt rund 160 Millionen Euro

Gesetzlich ist die Stadt verpflichtet, als Teilnehmerin des Landes-Stärkungspaktes keine weiteren Schulden zu machen. Defizite muss die Kommune nun im Laufe des Jahres ausgleichen. Im Rahmen des Stärkungspaktes erhält Mülheim bis 2022 rund 160 Millionen Euro Landeshilfe.