Mülheim. Hans Rodriguez-Lange kocht im Restaurant „Am Kamin“. Er will einen Stern nach Mülheim holen. Unseren Lesern verrät er Rezepte fürs Weihnachtsmenü.

Chefkoch Hans Rodriguez-Lange und sein Sous-Chef Lars Wentscher haben eine Mission. Sie wollen einen Michelin-Stern nach Mülheim holen - ins Gourmet-Restaurant „Am Kamin“ am Striepensweg. Dort stehen sie seit fünf Monaten in der Küche und lassen der Kreativität freien Lauf - beim Kochen und beim Anrichten der Speisen. Für unsere Leser haben sie sich ein Weihnachtsmenü zum Nachkochen ausgedacht. Wir Presseleute dürfen schon einmal vorkosten.

„Die Zwiebelsuppe war in Frankreich ursprünglich ein Arme-Leute-Essen“, erklärt Hans Rodriguez-Lange, der aus Bolivien stammt, aber einen deutschen Vater hat. Sie sei relativ leicht zu machen und schmecke apart. Sein Tipp lautet: Die Zwiebeln scharf anbraten, damit ein Röstaroma entsteht. Nach dem Ablöschen mit Weißwein und dem Hinzufügen der Gemüsebrühe mindestens 45 Minuten schmoren lassen. „Dann bilden sich noch weitere Aromen.“ Die Suppe könnte man übrigens am Vortag anfertigen und kühl stellen.

Brotscheibe mit dem Flämmgerät abflambieren

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Die Brotscheibe dazu - wer ehrgeizig ist, backt das Brot selbst - solle man mit Käse-Speck-Masse bestreichen und dann mit viel Oberhitze im Ofen gratinieren. „Eine noch intensivere Note entsteht, wenn man die Brotscheiben vorher mit einem Flämmgerät kurz abflambiert und dann in den Ofen gibt“, so der Küchenchef, der einst in der Rotisserie du Sommelier (Essen) gelernt und in den letzten 15 Jahren in mehreren Gourmet-Restaurants - etwa auch bei Nelson Müller - gearbeitet hat.

Küchenchef Hans Rodriguez-Lange präsentiert das Hauptgericht: Kalbsbäckchen mit Süßkartoffel-Püree.
Küchenchef Hans Rodriguez-Lange präsentiert das Hauptgericht: Kalbsbäckchen mit Süßkartoffel-Püree. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Regional und saisonal mit südamerikanischen Akzenten - so lässt sich die Küche von Hans Rodriguez-Lange charakterisieren. Der Chef sei „äußerst einfallsreich, ambitioniert und ein bisschen verrückt“, sagt Lars Wentscher (27), der vor einigen Jahren im Marriott in Gelsenkirchen Azubi des temperamentvollen Latinos war. Letzterer hat sich im Baskischen Culinary Center, einer Hochschule für Gastronomiewissenschaft, weitere Geheimnisse der Kochkunst angeeignet.

Fleisch richtig schön schmoren lassen

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Als Hauptspeise empfiehlt das eingespielte Duo Kalbsbäckchen mit Süßkartoffelpüree und Maiskolben. Kalbsbäckchen bekomme man mittlerweile sogar in vielen Supermärkten, das Fleisch könne man auch am Vortag schon vorbereiten, wenn am Feiertag zu wenig Zeit dafür sei. Das Wichtigste: Es muss, nachdem es in viel Fett angebraten wurde, lange in einem geschlossenen Behältnis im Ofen schmoren. Unser Urteil beim Vorkosten: „Das Fleisch ist butterweich und köstlich.“

Die Süßkartoffeln für das Püree werden ebenfalls im Ofen vorgegart, bevor sie zerstampft und mit Butter „montiert“ werden, so der Fachbegriff fürs Abschmecken. Die Maiskolben können im Ganzen gebraten werden wie im Rezept, für uns hat der Koch kleine Scheibchen vom Kolben abgeschnitten, mit Butter bestrichen und im Ofen gegart.

Das Fleisch muss lange schmoren.
Das Fleisch muss lange schmoren. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Saure Gurke in das Süßkartoffel-Püree

Als weitere Geschmacksnote gibt der Koch ein paar Tropfen Kerbel-Koriander-Emulsion mit auf den Teller. Er steckt zwei kleine Scheibchen einer sauren Gurke mit in den Süßkartoffelbrei, das sieht schön aus „und fügt ein bisschen Säure zur süßlichen Note des Pürees hinzu“, so Hans Rodriguez-Lange. Aus seiner Heimat Bolivien stammt die Chimichurri-Sauce, die nach dem Anrichten als Letztes auf das Fleisch gestrichen wird. Die südamerikanische Komponente des Menüs.

Die Weine zum Menü

Als Weißwein empfiehlt Hermann Stöckmann (Sommelier von „Am Kamin“) den Weißburgunder „Buntstück“ vom Weingut Wehrheim von 2020.Die Reben wachsen auf Buntsandstein-Verwitterungsböden im Pfälzer Wald. Die Lese der Trauben ist die selektive Handlese. Der Ausbau ist sorgfältig, die kontrollierte Gärung/Lagerung findet im Stahltank bis zur Abfüllung im Februar statt. Perfekt zu Fischgerichten und vegetarischen Speisen.Als Rotwein empfiehlt der Sommelier den Muschelkalk Rot vom Weingut Lichtenberger Gonzales (2015) aus dem Burgenland. Es ist ein Bio-Wein aus Zweigelt und Blaufränkisch, sorgfältigst produziert.Die Reben wachsen auf Muschelkalkstein. Der Wein hat eine frische, lebendige Säure. Spürbar sind Tannin (leicht erdige Textur), Rotbeeriges von der Zweigelt (samtig-seidiger Touch), eine pfeffrige Würze und die schwarze Frucht vom Blaufränkischen.

Ein wahres Festessen von hoher Qualität serviert man uns, das jedoch nicht zu kompliziert zum Nachkochen ist. Drei Stunden solle man sich aber nehmen, wenn man nicht ganz erfahren in der Kochkunst sei, sagt Lars Wentscher. Das A und O beim Kochen sei übrigens das „Mise en place“ - also das durchdachte Zurechtlegen aller Lebensmittel und Hilfsmittel, erklären die beiden Köche.

Das Dessert entsteht: Auf die Mousse werden Honigkleckse und Trauben gegeben.
Das Dessert entsteht: Auf die Mousse werden Honigkleckse und Trauben gegeben. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Gedicht aus Schokolade und Spekulatius

Zum Nachtisch gibt es ein weiteres Gedicht: eine Schoko-Spekulatius-Mousse mit fermentiertem Honig und knusprigen Christstollen-Stückchen. Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht (siehe Rezept). „Bei diesem Nachtisch kommen verschiedene Texturen zusammen, wie etwa das Cremige und das Crunchige“, sagt Hans Rodriguez-Lange. Auch süß und salzig vereinen sich, denn der Honig wird mit Salz fermentiert. Wer möchte, kann auch noch frische Früchte beifügen. Die knusprigen Stollenscheibchen sind eine echte Überraschung (im Rezept sind Brösel angegeben, geht auch).

Für alle, die nicht kochen mögen an Weihnachten oder Silvester bietet das Restaurant „Am Kamin“ auch eine Weihnachtsbox to go (unter anderem auch mit Kalbsbäckchen) oder ein Silvestermenü zum Abholen an. Informationen dazu gibt es auf der Homepage restaurant-amkamin.de.

Vorspeise: Zwiebelsuppe mit Speckbrot und Gruyère-Crème

Für 4 Portionen

Zutaten

200g Zwiebeln, 50g Butter, 1 gehäufter EL Mehl, 1 l Gemüsebrühe, 1/2 l trockener Weißwein, Salz, Pfeffer, 1 (ca. 100g) Fladenbrot oder Baguettebrot (selbst gebacken oder gekauft), 100g Comté-Käse

Anleitung

1. Zwiebeln schälen, in Ringe schneiden. Butter zerlassen. Zwiebeln darin bei schwacher Hitze ca. 15 Minuten weich schmoren, ohne dass Sie braun werden. Mehl darüber stäuben. Mit Brühe und Weißwein ablöschen, mit Salz und Pfeffer würzen.

2. Suppe zugedeckt ca. 15 Minuten köcheln, nochmals abschmecken. Fladenbrot-Speckbrot in Scheiben schneiden und ohne Fett in einer Pfanne rösten. Käse fein reiben. Suppe in ofenfeste Suppentassen füllen. Brotscheiben darauf verteilen.

3. Mit Käse bestreuen und im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 225 °C/ Umluft: 200 °C/ Gas: Stufe 4) 5 bis 7 Minuten überbacken

Fladen-Speckbrot (Focaccia)

Zutaten: 300g Weizenmehl (Type 405), 200g Speck in kleinen Würfeln, 1 TL Zucker, 1 TL Salz, ½ Hefewürfel (ca. 21g), 3 EL Olivenöl, etwas Meersalz, 150 ml lauwarmes Wasser, 1-2 Rosmarinzweige, etwas Mehl zum Arbeiten, etwas Olivenöl zum Bestreichen

Zubereitung

Mehl mit Zucker und Salz in einer Schüssel mischen. Hefe darüber bröckeln. 150 ml lauwarmes Wasser und Olivenöl zugeben und alles mit den Knethaken des Handrührgerätes 5 Min. zu einem glatten Teig kneten. Speck darüber zugeben. Zugedeckt ca. 30 Min. gehen lassen. Backofen auf 220 Grad Ober-/ Unterhitze (Umluft: 200 Grad) vorheizen.

Teig auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche durchkneten. Zu einem 2-3 cm dicken Fladen ausrollen. Auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen und zugedeckt weitere 15 Min. ruhen lassen. Mit den Fingern oder einem Kochlöffel kleine Mulden in den Teig stechen. Fladen mit Olivenöl bestreichen. Nach Belieben mit Meersalz und Rosmarinzweigen bestreuen. Ca. 25 Min. backen.

Das Hauptgericht.
Das Hauptgericht. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Hauptgericht: Geschmorte Kalbsbäckchen mit Süßkartoffel-Mais und Chimichurri

Für 4 Portionen

Zutaten

4 Kalbsbäckchen, 2 Zwiebeln, 2 Stangen Staudensellerie, 2 Karotten, 1 Liter trockener Rotwein, 250 ml Portwein, 500 ml Kalbs- oder Rinderfond, 4 Lorbeerblätter, 2 Wachholderbeeren, 1 EL Butterschmalz frisch, gemahlener Pfeffer

Anleitung

Kalbsbäckchen

1. Die Kalbsbäckchen am Vorabend in Rotwein marinieren und über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen.

2. Das Gemüse putzen, in kleine Würfel schneiden und als Mirepoix (Suppengemüse) beiseitestellen.

3. Die Bäckchen einige Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank und ebenfalls aus dem Rotweinsud holen, um sie abtropfen zu lassen - sobald sie Zimmertemperatur angenommen haben, in Butterschmalz ringsherum scharf anbraten.

4. Das Suppengemüse zum Fleisch geben und ebenfalls mitrösten - sobald das Gemüse Farbe angenommen hat, alles mit Portwein ablöschen und einreduzieren. Anschließend mit dem Rotweinsud ablöschen und Lorbeerblätter sowie Wacholder zugeben, erneut langsam einkochen lassen.

5. Mit Kalbsfond aufgießen und mit Salz, sowie Pfeffer würzen - alles abgedeckt bei 120°C Umluft im Ofenrohr für 3-4 Stunden gemächlich schmoren. Die Bäckchen aus dem Ofen nehmen und die Sauce durch ein Sieb abseihen - das Gemüse mit einem Löffel im Sieb gut ausdrücken

Süßkartoffel-Püree

Zutaten

4-5 Süßkartoffeln, 500 ml Sahne, 50g Butter, 30g Koriander (Bund)

Anleitung

Süßkartoffeln schälen, grob würfeln und in der Sahne weich kochen. Anschließend alles durch die Kartoffelpresse passieren und mit Butter verfeinern - danach nur noch mit Salz und frisch geriebener Muskatnuss abschmecken und gehacktes Koriander dazugeben.

Chimichurri

Zutaten

300g gehackte Petersilie, 4 Zehen Knoblauch, 4 TL getrockneter Thymian, 4 TL Oregano, 2 Paprika in Würfeln, 4 Zwiebeln in Würfeln, 20g Chiliflocken (je nach gewünschtem Schärfegrad), 250ml Olivenöl, 70ml Essig, Salz, Pfeffer

Anleitung

Alle Zutaten in einem Mörser zermahlen. Danach das Olivenöl und Essig hinzugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Ein wenig davon auf das fertige Fleisch streichen.

Maiskolben (vorgegart)

In kochendes Wasser geben und noch etwa 15 Minuten leise simmern lassen. Herausnehmen und mit Küchenkrepp abtupfen. 50g Butter mit 20ml Öl, einer Prise Salz und Zucker in einer kleinen Pfanne erhitzen, die Maiskolben hineinlegen und bei Mittelhitze braten, dabei immer wieder ein Stückchen drehen, bis sie rundum schön golden angebräunt sind.

Das Dessert.
Das Dessert. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Spekulatius-Mousse mit Honig und Christstollenkrokant

Für 4 Portionen

Zutaten

200g Zartbitter-Schokolade, 75ml Milch, 1 Zimtstange, 400g Schlagsahne, 25g Spekulatius-Gewürz

Anleitung

1. Schokolade grob hacken. Milch, Zimt und Spekulatius-Gewürz in einem Topf bei schwacher Hitze erwärmen. Schokolade zufügen und unter Rühren darin auflösen, Zimt herausheben, gut abtropfen lassen. Schokomasse in eine Schüssel geben, ca. 10 Minuten abkühlen lassen.

2. Sahne steif schlagen, portionsweise unter die Schokomasse heben. In eine Schüssel füllen und zugedeckt ca. 3 Stunden kalt stellen. Spekulatius-Kekse fein zerbröseln und die Mousse damit bestreuen.

3. Fermentierter Honig: 500ml Honig, 250ml Wasser, 17g Salz. Honig und Wasser aufkochen, dazu Salz zugeben, kalt werden lassen. Kleine Röschen auf die Mousse setzen.

4. Christstollenkrokant: Christstollen in kleine Stücke schneiden und bei 50° Umluft im Ofen trocknen lassen, zur Mousse servieren.