Oberhausen. Immer mehr Oberhausener möchten nicht mehr zur Miete wohnen, sondern Wohneigentum erwerben. Das hat Auswirkungen auf die Immobilienpreise.
Auf dem Wohnzimmertisch steht der Rechner bereit für die Videokonferenz mit dem Chef. Am Esszimmertisch büffeln die Kinder Mathe und Englisch. Und in der Küche stapeln sich die Unterlagen für die nächste Online-Präsentation im Kollegenkreis. Coronakrise, Lockdown, Homeoffice und -Schooling zehren nicht nur an den Nerven. Die Pandemie sorgt ebenso für Bewegung auf dem Immobilienmarkt - auch in Oberhausen. Immer mehr Menschen wünschen sich Wohneigentum, mit ausreichend Platz für ein Arbeitszimmer und, wenn möglich, mit Blick ins Grüne.
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Das geht nicht nur aus einer NRW-weiten Studie der Commerzbank hervor, das erleben auch die Bank- und Immobilienberater in den beiden Oberhausener Filialen vor Ort. Immer mehr Kunden, vor allem jüngere, kommen mit dem Wunsch in die Bank, ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung zu kaufen. Hat die Commerzbank 2019 dafür noch 16,3 Millionen Euro an Krediten gewährt, stieg die Summe im Corona-Jahr 2020 um 25 Prozent auf 20,3 Millionen Euro. Bei der Konkurrenz sieht es ähnlich aus: Bei der Sparda-Bank West lag die Summe der neuen Baufinanzierungen Ende 2020 in Oberhausen bei 30 Millionen Euro.
Commerzbank Oberhausen schließt 16 Kreditverträge im Monat
Im Schnitt kommt es pro Monat zu 16 Kreditverträgen in den Oberhausener Filialen der Commerzbank. Hatte Marktbereichsleiter Hartmut Leser vor der Coronakrise hauptsächlich mit Kunden um die 35 Jahre zu tun, werden die Kaufwilligen immer jünger; bereits mit 25 Jahren entscheiden sich nun viele Oberhausenerinnen und Oberhausener, Wohneigentum zu erwerben.
Vom großen Haus bis zum kleinen Appartement: Die durchschnittliche Kreditsumme lag im vergangenen Jahr bei 170.000 Euro. Die Preise für Wohneigentum variieren: Für 2020 errechnete das Immobilienportal Immowelt einen Oberhausener Durchschnitts-Kaufpreis von 1340 Euro pro Quadratmeter, nach einer Studie der Sparda-Bank im November 2020 kostet eine Eigentumswohnung im Bestand 1769 Euro pro Quadratmeter. Für eine Kreditsumme von 170.000 Euro dürften Oberhausener Neu-Immobilienbesitzer also eine Wohnfläche zwischen 100 und 130 Quadratmeter bekommen.
Kunden nutzen niedrige Zinsen für Immobilienkauf
Und auch dieses Ergebnis der landesweiten Studie deckt sich mit den Erfahrungen des Oberhausener Fachmanns: Der eigene Garten oder zumindest Balkon steigt im Kurs. „Die Kunden fragen expliziter nach als vor der Coronakrise“, berichtet Leser. „Die Menschen verbringen im Lockdown viel mehr Zeit zu Hause, das steigert den Wunsch nach mehr Wohnqualität.“ Andere Motive decken sich mit der Zeit vor Corona: Wohneigentum soll als Vermögensanlage dienen, Käufer wollen unabhängig von Vermietern sein und die derzeit immer noch niedrigen Zinsen nutzen.
Preise steigen im Norden besonders schnell
Wie sehr die Immobilienpreise in Oberhausen steigen, zeigt der Vergleich zum Vorjahr: Das Immobilienportal Immowelt hat für 2020 einen Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen von 1340 Euro errechnet. 2019 lag der Durchschnittspreis noch bei 1270 Euro. Das ist ein Plus von sechs Prozent.
Nach Erfahrung vom Commerzbank-Fachmann Hartmut Leser steigen die Immobilienpreise im Norden der Stadt, allen voran in Sterkrade und Königshardt, überdurchschnittlich stark.
So sieht es in Oberhausens Nachbarschaft aus: In Bottrop stiegen die Preise um elf Prozent auf 1970 Euro pro Quadratmeter, in Duisburg um zehn Prozent auf 1360 Euro, in Essen um 13 Prozent auf 1940 Euro, in Mülheim um sechs Prozent auf 1880 Euro.
Die Nachfrage steigt – für ein Mehrfamilienhaus an der Friedenstraße in Alt-Oberhausen verzeichnete Leser jüngst rund 50 Anfragen binnen kurzer Zeit. Aber wie sieht es mit dem Angebot aus? „Der Oberhausener Markt ist geräumt, manch ein Interessent sucht jahrelang nach der für ihn passenden Immobilie“, sagt Hartmut Leser. Die Zahl der neu gebauten Wohnungen steigt laut statistischem Landesamt IT NRW in Oberhausen zwar an – bereits 2019 wurden 30 Prozent mehr Wohngebäude fertiggestellt als ein Jahr zuvor. Aber der Immobilien-Experte der Commerzbank vermisst einen „gesunden Mix“.
Oberhausen benötigt laut Leser sowohl bezahlbare Wohnungen für junge Leute als auch Doppelhaushälften für Familien, hochpreisigere Immobilien für Besserverdiener und seniorengerechte Wohnungen. Denn wenn ältere Oberhausener aus ihren Häusern in eine Wohnung ziehen, werden die Häuser wiederum frei für junge Familien.