Gelsenkirchen. Helfen am Ende doch nur noch höhere Bußgelder gegen illegalen Müll in Gelsenkirchen? SPD und CDU wollen eher andere Schwerpunkte setzen.
- Illegaler Müll in Gelsenkirchen: Nachdem die Gelsendienste eingestehen mussten, „nicht mehr Herr der Lage“ zu werden, stehen wieder höhere Bußgelder im Raum.
- Bislang zahlen Verursacher am häufigsten rund 300 Euro. Aber es hat auch schon Strafen von bis zu 4000 Euro gegeben.
- SPD und CDU sehen noch höhere Bußgelder in Gelsenkirchen nicht als Allheilmittel: Die CDU will lieber „smarte Lösungen“, als Große Koalition setzen die beiden Parteien auf mehr Mülldetektive.
Härtere Strafen für Müllsünder in Gelsenkirchen? Eine Forderung, die unter WAZ-Lesern sowie in Teilen der Politik immer wieder gestellt wird, ist die nach drastisch höheren Bußgeldern für illegale Vermüllung. Als die Erhöhung der Bußgelder im Oktober 2021 zuletzt von der Süd-SPD eingebracht worden war, da wurde sie jedoch von der großen Ratsfraktion zurückgepfiffen – mit dem Verweis darauf, dass man den Katalog erst 2018 angepasst hatte. Ein Argument gegen die Erhöhung an sich war das noch nicht. Könnten hohe Strafen also dazu führen, dass die Gelsendienste nicht länger – wie sie es zuletzt gegenüber der Politik taten – eingestehen müssen: „Wir werden nicht mehr Herr der Lage“?
Höchstes Bußgeld gegen Vermüllung lag in Gelsenkirchen zuletzt bei 4000 Euro
Zunächst zu den Zahlen: „In der Regel schlagen wir ein Bußgeld in Höhe von 300 Euro vor“, sagt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne auf Nachfrage. Jedoch werde je nach Art und Menge sowie Ursprung der Abfälle auch ein höheres Bußgeld angesetzt. Im vergangenen Jahr sei dies bei 129 Verfahren der Fall gewesen. „Die Höchstsumme betrug 4000 Euro bei einer besonders massiven Verunreinigung.“
Grundsätzlich sei beim Thema Bußgeld immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, was im Zweifel vor einem Gericht entschieden werde. Zusätzlich zu den Bußgeldern stellen die Gelsendienste den Verursachern übrigens zusätzlich noch die ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle in Rechnung.
Hälfte der Verfahren gegen Müllsünder führen in Gelsenkirchen zum Erfolg
Nur in wie vielen Fällen kommt es überhaupt bis zum Bußgeld? 2021 sind nach Angaben von Tobias Heyne rund 2650 Ordnungswidrigkeitsverfahren aufgrund von illegalen Mülllagerungen eingeleitet worden, 2020 seien es knapp 1980 gewesen. Damit korrigiert Heyne eine Zahl nach oben, die ein Gelsendienste-Kollege zuletzt in der Bezirksvertretung Süd genannt hatte. Dieser hatte von über 1000 eingeleiteten Verfahren gesprochen. „Der Erfahrung der vergangenen Jahre nach werden rund die Hälfte der eingeleiteten Verfahren am Ende rechtskräftig“, sagt Heyne. Das heißt also: Etwa 1325 Verfahren führen am Ende zum Erfolg.
Ob die zuletzt vor knapp dreineinhalb Jahren erhöhten Bußgelder eine entsprechend abschreckende Wirkung hatten, kann man den Gelsendiensten zufolge übrigens nicht beantworten. Eine Evaluation sei schwer möglich, „da wir seit dem Start der Mülldetektive im Jahr 2016 unser Team schrittweise von zunächst zwei auf mittlerweile fünf Personen aufgestockt und auch organisatorische Veränderungen vorgenommen haben“, so Sprecher Tobias Heyne.
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Über jene Mülldetektive gelangen die Gelsendienste in der Regel zu Verursachern – etwa indem sie im Müll nach Hinweisen wie Adressaufkleber auf Paketen suchen. Aber beispielsweise im Falle weggeworfener Autoreifen zum Verursacher zu stoßen, das sei nun einmal problematisch – wie auch Sascha Kurth, Chef der Gelsenkirchener CDU, betont.
CDU Gelsenkirchen will mit „smarten Lösungen“ an Vermüllung herangehen
„Gegen höhere Bußgelder würden wir uns als CDU nicht verwehren“, sagt er. „Allerdings glaube ich nicht, dass die Höhe der Bußgelder so sehr das Problem ist – sondern eher die Frage, ob diese auch eingetrieben werden.“ Man müsse neue und intelligente Wege finden, den Verursacher zu identifizieren. „Wir müssen da smarter herangehen“, sagt der Fraktionschef der CDU im Stadtrat.
Aus seiner Sicht müssten die Gelsendienste viel mehr Daten über Schwerpunkte illegaler Vermüllung sammeln. „Wenn ich genug Datensätze habe, dann weiß ich beispielsweise, dass ein bestimmter Ort immer zu einer gewissen Zeit verunreinigt wird.“ In jener Zeitspanne sollte dann ein Mülldetektiv vor Ort eingesetzt werden. „Die Gelsendienste müssen dafür aber viel digitaler werden, wir brauchen mehr Daten und mehr Informationsaustausch.“
Mülldetektive: Gelsendienste wollen bald auch selbst observieren
Auch Lukas Günther, Vize-Vorsitzender der Gelsenkirchener SPD-Fraktion, glaubt: „Erhöhte Bußgelder können ein Teil der Lösung sein, aber sind sicher kein Allheilmittel.“ Mittlerweile klingt Günther etwas anders als im November 2021, als er noch betonte, eine Erhöhung stehe aktuell nicht zur Debatte. „Wir bewerten die Lage fortlaufend neu, da sind auch die Bußgelder keine Diskussion, vor der wir uns verschließen.“ Jedoch müsse man den Schwerpunkt vor allem darauf setzen, „den Kontrolldruck zu erhöhen.“ Nicht umsonst hätte die Große Koalition deswegen auch 2021 per Haushaltsantrag weitere 50.000 Euro für die Arbeit von Mülldetektiven durchgesetzt. Stärken wollte man so vor allem die „Observation“, also die Arbeit jener Mülldetektive, die versuchen, Täter auf frischer Tat zu ertappen. Ihr Ermittlungserfolg ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen.
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Für die Observationen arbeiten die Entsorgungsbetriebe mit einem lokalen Sicherheitsunternehmen zusammen. „Die Zusammenarbeit ist gut, jedoch sind die Ermittlungserfolge seit dem Start der Maßnahme im Jahr 2018 zurückgegangen“, stellt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne fest. Die 50.000 Euro setze man derzeit ein, um das Team der Mülldetektive weiter zu verstärken. „Ein Mitarbeiter ist in diesem Jahr bereits hinzugekommen, ein weiterer wird voraussichtlich im zweiten Halbjahr folgen“, so Heyne. „Es ist geplant, dass wir dann auch selbst observierend tätig werden.“ Hierzu sei man sich in Abstimmung mit der Stadt.