Oberhausen. Die 67. Ausgabe des Traditionsfestivals verschiebt ihre vor Ort geplanten Programme ins Netz. Acht Wettbewerbe bedeuten: mehr Filme, mehr Preise.
2020 waren die Kurzfilmtage das erste deutsche Filmfestival, das – mit großem Erfolg – Corona-bedingt online ging. Nun hat die Festivalleitung entschieden, auch 2021 nur online zu spielen. Vom 1. bis 10. Mai werden mehr als 400 Kurzfilme, über 190 davon allein in den acht Wettbewerben, für Publikum und Fachpublikum online gezeigt.
„Wir gehen ins Internet, um für die Filme ein möglichst großes Publikum zu erreichen und für das Publikum höchstmögliche Sicherheit zu schaffen“, begründet Festivalleiter Lars Henrik Gass die Entscheidung. „Diese Entscheidung mussten wir, wie viele andere Kultureinrichtungen, vor dem Hintergrund eines Mangels verlässlicher Vorgaben seitens der Politik treffen,“ so Gass weiter. „Wir hoffen jedoch, mit einem herausragenden Programm wieder ein Publikum weltweit erreichen zu können, das wir vor Ort in Oberhausen allein niemals erreicht hätten.“ Der Festivalchef sieht darein „einen Beitrag zur Demokratisierung der Filmkultur“.
Geplant war ursprünglich ein hybrides Festival: Während die vom 1. bis 4. Mai vorgesehenen Online-Wettbewerbe nun wie angekündigt präsentiert werden, verschiebt sich der größte Teil der vom 5. bis 10. Mai vor Ort geplanten Programme ins Netz: darunter auch die fünf traditionellen Wettbewerbe der Kurzfilmtage. Insgesamt 140 kurze Filme und Musikvideos aus knapp 50 Ländern wurden für den Internationalen (44 Arbeiten), den Deutschen (21 Arbeiten), den NRW-Wettbewerb (11 Arbeiten), für den Kinder- und Jugendfilmwettbewerb (40 Arbeiten) und für den Deutschen und Internationalen MuVi-Preis (25 Clips) ausgewählt.
Der hohe Anteil von Regisseurinnen steigt weiter
Mit den in diesem Jahr erstmals ausgetragenen reinen Online-Wettbewerben zeigen die Kurzfilmtage nun in acht Konkurrenzen insgesamt über 190 Arbeiten aus mehr als 50 Ländern, mehr als je zuvor. Der traditionell hohe Anteil von Regisseurinnen ist 2021 noch einmal gewachsen: In fast allen Wettbewerben liegt er deutlich über 50 Prozent. Gesteigert hat sich auch die Preissumme: Insgesamt verleiht das Festival nun Preise im Wert von knapp 52.000 Euro, davon 15.500 Euro in den reinen Online-Wettbewerben.
Übereinstimmend loben alle für die Wettbewerbe Verantwortlichen in der Kulturvilla die Qualität und Vielfalt der Kurzfilme, die durchweg unter den schwierigen Bedingungen von 2020 produziert wurden. Neben den Wettbewerben zeigen die Kurzfilmtage 2021 online unter anderem Teile des ursprünglich für 2020 geplanten Themenprogramms „Solidarität als Störung“.
In den „Profilen“ stellt das Festival vier herausragende Filmemacherinnen und Künstler vor, die sämtlich in mindestens zwei kreativen Disziplinen zuhause sind. Baloji, der seit Jahren in Belgien heimische Musiker und flamboyante Videokünstler aus der Demokratischen Republik Kongo, avancierte beim letzten „Live“-Festival 2019 zum Überraschungs-Champion. Sein 14-minütiger Clip „Zombies“ feierte in prachtvollen Bildern die pulsierende Subkultur von Kinshasa.
„Einzigartiges Kino voller Atmosphäre“
Die junge US-Filmemacherin Melika Bass nannte Roberto Manassero vom Film Festival Turin „eine Offenbarung als Autorin eines einzigartigen Kinos voller Atmosphäre und historischer Reminiszenzen“. Die Tschechin Marie Lukáčová huldigt einem Feminismus von surrealer Pracht in bewegten und gezeichneten Bildern. Und als letzte der vier jungen „Profilierten“ bewegt sich auch die Finnin Salla Tykkä ebenso gewandt im Metier der Ausstellungen wie der Filmfestivals.
Festival-Tickets gelten auch für „This is Short“
Tickets gibt es ab Mitte April – ein genaues Datum haben die Kurzfilmtage noch nicht festgelegt. Ein Festivalpass kostet 15 Euro. Damit hat man vom 1. bis 10. Mai Zugang zu allen Kurzfilmtage-Filmen und – das ist neu – bis zum 30. Juni auch Zugang zu thisisshort.com, der gemeinsamen Website der vier europäischen Kurzfilmfestivals. Es versteht sich, dass die Kinder- und Jugendfilme auch online dabei sind.Brexit hin oder her: Zumindest virtuell präsentiert sich beim allerersten Internationalen MuVi-Preis mit einem Clip auch der Musiker und Filmemacher Kingley Chapman aus der nordenglischen Partnerstadt Middlesbrough. Er reist zwar nicht nach Oberhausen – kennt die Stadt aber von einem früheren Gig bei Olgas Rock.
In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Beirut präsentieren die Kurzfilmtage aktuelle Filme aus dem Libanon. Zudem stellen 14 internationale Verleiher von experimentellen Bewegtbildern ihre neuen Filmkataloge vor. Die Ankündigung der 67. Kurzfilmtage verspricht noch „vieles mehr“ – und hält eine cineastische Beruhigung parat: Die Pandemie ist bei den jungen Filmemachern noch kein Thema. Allein die „Covid Messages“ des Briten John Smith tragen das Virus explizit im Titel.