Mülheim. Nach einem Hausbrand in Mülheim kontrollierten Behörden das Grundstück. Mängel flogen auf – ein eigenwilliger Bauer hat jetzt ein echtes Problem.
Am Nachbarsweg 341 ist die Stadt fast zu Ende. Das Grundstück liegt offiziell noch in Saarn, doch faktisch mitten im Wald, nur durch die Autobahn A 3 vom Entenfang getrennt. Am 13. Januar, einem Donnerstag, wimmelte es hier von Feuerwehrleuten, rote Einsatzfahrzeuge standen kreuz und quer auf den Wegen, aus dem Wohngebäude schlugen riesige Flammen.
Bauer Werner Lenz, der hier alleine lebt, kann noch von Glück reden. Er war nicht zu Hause, als das Feuer gegen neun Uhr morgens ausbrach. Die zahlreichen Hühner und Gänse, die er hier hält, blieben unversehrt. Die Gastanks neben dem brennenden Haus konnten mit Löschwasser gekühlt und geschützt werden. Doch Lenz steht jetzt vor einer Brandruine und einem Berg von Problemen. Sein kleines, schräges Reich, in dem er Jahrzehnte lang gewerkelt hat, rückte plötzlich in den Blickpunkt. Er hat nie woanders gelebt. Doch er wird es so nicht halten können.
Mülheimer Bauaufsicht und Veterinäramt nach dem Brand eingeschaltet
Wenige Tage nach dem Brand waren Behördenvertreter vor Ort, darunter die städtische Bauaufsicht, um das selbst konstruierte Ensemble aus Schuppen, Ställen und Verschlägen kritisch zu prüfen. Der ganze Komplex ist ein wildes Sammelsurium aus Plastikplanen, Wellblech, Werkzeugen, Möbeln, Fahrzeugen, Holz. Dazwischen lagern oder laufen die Tiere: rund 30 Gänse und Hühner hat Werner Lenz nach eigener Auskunft. Auch das Veterinäramt wurde nach dem zerstörerischen Feuer eingeschaltet, um sich die Tierhaltung anzuschauen.
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Schon seit Mitte Januar warten der 55-Jährige und seine Schwester Astrid Lenz, denen das Grundstück gemeinsam gehört, mit großer Sorge auf das Ergebnis des Kontrollbesuches. Auf ein Schreiben der Stadt. Nun wird es in Kürze kommen und in die Richtung gehen, die Familie Lenz befürchtet. Wahrscheinlich müssen sie alle nicht genehmigten Gebäude abreißen – und das sind einige.
Wahrscheinlich müssen alle nicht genehmigten Gebäude abgerissen werden
Zunächst würden nur Anhörungsschreiben verschickt, kündigt Axel Booß an, Leiter des städtischen Bauaufsicht. Darin werde mitgeteilt, was das Amt in einer Ordnungsverfügung fordern will: „Rückbau aller nicht genehmigten Gebäude“. Die Eigentümer bekommen vier Wochen Zeit, um auf das erste Schreiben zu reagieren. Klar ist schon jetzt: Aufräumarbeiten, Abriss aller Provisorien und Neubau seines niedergebrannten Wohnhauses wird Werner Lenz kaum finanzieren können.
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Wie seine Schwester bereits kurz nach dem Unglück sagte, besteht kein Versicherungsschutz. Kleinere Spendenaktionen hat es bereits gegeben. So richtete der sehr rege Mülheimer Verein 4330hilft sofort ein Spendenkonto für den Brandbetroffenen ein. Wie Vereinsmitglied Daniel Zschocke berichtet, kamen über diese Facebook-Community insgesamt 1800 Euro zusammen, die bereits übergeben wurden – „ein Tropfen auf dem heißen Stein“.
Mülheimer Familie braucht 70.000 Euro – Feuerwehrmann hilft seit dem Brand
Astrid Lenz wirbt selber um Spenden – auf der Online-Plattform betterplace.me. In ihrem Aufruf schreibt sie, seit 100 Jahren sei das Grundstück im Familienbesitz, als einfacher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb: „Nun sind alle Erinnerungen und das gesamte Hab und Gut verloren. Es ist alles vernichtet.“
Viele Menschen hätten Soforthilfe geleistet. „Ein Feuerwehrmann, der bei dem Brand dabei war, kommt und hilft regelmäßig. Zwei Landwirten aus der näheren Nachbarschaft sind wir zu tiefem Dank verpflichtet.“ Doch insgesamt würden rund 70.000 Euro benötigt, für eine einfache Wohnungseinrichtung sowie die Entsorgung der Brandstelle und gegebenenfalls von Nebengebäuden. Laut Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) koste allein das Abräumen des Brandschutts bereits 50.000 Euro, teilt Astrid Lenz mit. Aktueller Spendenstand auf betterplace.me sind kaum mehr als 1200 Euro.
Eine rote Spendenbox steht auch direkt vor dem Grundstück im Wald – in einer kleinen Holzhütte, die zugleich als Postkasten dient. Er freue sich über jede finanzielle Unterstützung, schreibt dort „Ihr Bauer Werner Lenz“. Nach Auskunft der Familie führt er einen anerkannten Land- und Forstbetrieb, er bestreitet seinen Lebensunterhalt unter anderem durch den Verkauf von Brennholz und Eiern.
Bauer Lenz: „Noch nie ist im Sturm etwas umgefallen“
Wie es für ihn weitergeht, ist momentan völlig offen. Werner Lenz sagt, ehe die Gebäude in den achtziger oder neunziger Jahren errichtet wurden, habe die Landwirtschaftskammer die Stadt Mülheim informiert – ohne dass eine Reaktion gekommen sei. Doch Unterlagen, um dies nachzuweisen, besitze er nicht mehr. Das Argument, die Statik sei problematisch, überzeugt ihn nicht: „Was hatten wir schon für Stürme! Noch nie ist etwas umgefallen.“ Ob das aber die Bauaufsicht überzeugt...?
Staatsanwaltschaft ermittelt noch
Wie das Feuer im Wohnhaus von Werner Lenz entstand, ist noch nicht geklärt.
Nach ersten polizeilichen Untersuchungen ermittelt derzeit noch die Staatsanwaltschaft Duisburg wegen fahrlässiger Brandstiftung.
Dort heißt es auf Anfrage, mit einem Abschluss des Verfahrens sei „zeitnah“ zu rechnen.
Von Seiten des Veterinäramtes wird zunächst kein Druck ausgeübt, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage: „Die Gänsehaltung ist wohl okay, die Ställe für die Legehennen sind etwas zu klein, aber die Tierhaltung wird vorerst weiter geduldet.“ Das Amt wolle abwarten, was die Anhörung ergibt, was auf dem Grundstück weiter passiert. Werner Lenz kann noch lange nicht aufatmen.