Gelsenkirchen-Altstadt. Betriebsrat berichtet hoch emotional vom Aus von Saturn-Markt Gelsenkirchen. Worauf seine letzten Hoffnungen und die der Stadt ruhen.
Das Aus von Saturn in der Gelsenkirchener City war ein Kernthema der Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Wie die WAZ exklusiv berichtete, wird der Saturn-Markt in der Gelsenkirchener Altstadt noch im Sommer 2022 schließen. Die Stadt hat deshalb ein Hilfspaket geschnürt, um Saturn zum Verbleib in Gelsenkirchen zu bewegen.
Rettungsanker: Gelsenkirchen bietet Saturn vier Ersatzläden mit günstigerer Miete an
„Wir werden alles, was uns an Hilfen zur Verfügung steht, in die Waagschale werfen“ kündigte der stellvertretende Referatsleiter der Gelsenkirchener Wirtschaftsförderung, Bernd Gebert, in der Sitzung am Dienstag an. Die Stadt werde auf die Konzernleitung zugehen und mehrere Ausweichquartiere anbieten. „Wir haben bereits drei kleinere und einen größeren Standort mit einem jeweils günstigeren Mietpreis-Angebot identifiziert“, so Gebert weiter.
Auskünfte dazu machte die Stadt nicht. Nach WAZ-Informationen geht es um die Bahnhofstraße 8, das Böcker-Haus, das Bahnhofcenter und die Bahnhofstraße 16. Am Donnerstag, 3. Februar, will die Verwaltung Kontakt mit dem Management aufnehmen, um den Arbeitsplatz Gelsenkirchen für die 28 Mitarbeitenden zu retten.
Ob der Konzern darauf reagiert, ist offen. Guido Ballay jedenfalls zweifelt daran, wie er dem Ausschuss berichtete. Der 55-Jährige ist seit 22 Jahren Mitarbeiter und „fast von Beginn an Betriebsratsvorsitzender“ bei Saturn. Der Bueraner hatte dem Gremium unter anderem berichtet, wie die schockierende Botschaft ihn und seine Kolleginnen und Kollegen erreicht hatte.
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Für den kommenden Freitag sei demnach eine Gesprächsrunde zwischen Mitarbeitervertretung und Konzernführung geplant gewesen. „Nachdem aber das Aus von Saturn publik geworden ist“, so Ballay weiter, „ist das Treffen bis auf Weiteres von der Führung abgesagt und der Kontakt abgebrochen worden“.
Möglicher Grund für das Saturn-Aus in Gelsenkirchen: Streit um Mietpreisminderung
Als Ballay und seine Kollegen in der Einladung für das Infogespräch von Konzern-Management und Betriebsrat am 24. Januar die Aufforderung lasen, einen Anwalt mitzubringen, dachten sie noch, dass es lediglich darum gehen würde, „sich von 2800 Quadratmetern Verkaufsfläche auf etwa 1800 Quadratmeter zu verkleinern und sich von drei oder vier Mitarbeitenden zu trennen“, erinnert sich Ballay.
Vom Regionalmanager sei man dann unterrichtet worden, dass die Filiale im Galeria-Kaufhaus zum 30. Juni dieses Jahres geschlossen werde. Der angebliche Grund: Die Vermietungsgesellschaft Sigma stelle sich quer, Mietnachlass zu gewähren, lediglich die kostenlose Nutzung von Schaufenstern sei Saturn angeboten worden. So oder so – „ein fürchterlicher Schock“ für Ballay und seine 27 Kolleginnen und Kollegen.
Saturn und Mediamarkt gehören zu den Gewinnern der Corona-Pandemie
Die Schließung ist für viele schwer nachvollziehbar, passt aber wohl zur Konzernstrategie, den Online-Handel und Lieferketten weiter auszubauen und im Gegenzug die Mietkosten deutlich zu senken. Dazu muss man wissen: Mediamarkt und Saturn, Töchter der Holding Ceconomy, gehören zu den Krisen-Gewinnern der Corona-Pandemie. Die Düsseldorfer Holding schraubte 2020/2021 dank eines florierenden Online-Geschäfts die Erlöse um 2,5 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro in die Höhe. Der Online-Umsatz wuchs dabei um 64,9 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro.
Sogwirkung für den Galeria-Standort
Ceconomy hatte im August des Vorjahres wieder eine Umsatzprognose gewagt und damals einen leichten bis moderaten Anstieg des währungsbereinigten Gesamtumsatzes gegenüber dem Vorjahr angekündigt, als 20,8 Milliarden Euro verbucht wurden. Beim bereinigten operativen Ertrag stellte die Holding zwischen 210 und 250 Millionen Euro in Aussicht.Die Kaufhauskette Galeria hat vom Bund ein Darlehen in Höhe von 220 Millionen Euro. Wirtschaftsminister Robert Habeck begründet das mit den Folgen der Pandemie und der großen Bedeutung der Kaufhäuser für die Innenstädte. Im Vergleich zu anderen Filialen ist der Standort Gelsenkirchen in die Jahre gekommen und stark modernisierungsbedürftig. Das Aus von Saturn könnte damit auch eine Sogwirkung auf den Verbleib dieses Warenhauses in der Stadt haben.
„Schlechte Umsatzzahlen können also eigentlich kein Grund sein“, sagt auch Guido Ballay. Zumal die Schließung der Filiale in Buer im Herbst vergangenen Jahres der Filiale im Süden an der Bahnhofstraße einen spürbar größeren Kundenstrom beschert habe. Ballay geht daher davon aus, dass der City-Standort erneut schwarze Zahlen geschrieben hätte. Die Hoffnungen des Betriebsrates ruhen jetzt darauf, dass Saturn an anderer Stelle in Gelsenkirchen eine neue Filiale eröffnet.
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